IW Köln: Immobilieninvestoren vertrauen der EZB

Dirk Löhr

Während die Europäische Zentralbank immer mehr Geld in die Wirtschaft pumpt, herrschen für die Realwirtschaft Deflationsängste. Gleichzeitig jagen die Anleger von einem Preishoch zum anderen – dies ist beim DAX nicht anders als auf dem Immobilienmarkt. Die Deflationsstimmung in der Realwirtschaft wird von einer Assetpreisinflation im Anlage- und Investmentbereich begleitet. Es besteht ein großes Vertrauen darauf, dass es Draghi schon richtet. S. in diesem Kontext den aktuellen Immobilien-Monitor des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln.

Immobilieninvestoren vertrauen der EZB

Ebenso sei auf den Text von Prof. Dr. Johann Walter “Überschussliquidität und Assetpreise” in diesem Blog hingewiesen, der bereits im November 2013 diese Entwicklung analysiert hat.

Internationale Umweltpolitik in der Sackgasse?

Dirk Löhr

Der vorliegende Blogbeitrag wurde durch einen Vortrag angeregt, den Prof. Dr. Heiner Flassbeck am 23.6.2013 am Umwelt-Campus Birkenfeld zum Thema „Der globale Klimawandel und die deutsche Energiewende. Wer kann die Welt retten?“ hielt (http://www.flassbeck-economics.de/veranstaltungshinweis-7/?output=pdf).

 

Ausgangssituation: Aussichtslos?

Die von Flassbeck geschilderte Ausgangssituation lautet, kurz mit eigenen Worten umrissen:

Die internationale Umweltpolitik ist bankrott – gefangen in Rationalitätenfallen. Eine Umweltkonferenz seit der anderen verstreicht, ohne dass signifikante Fortschritte bei der Begrenzung der Inanspruchnahme der Umwelt zu verzeichnen wären. Der eigentliche Grund hierfür sind Rationalitätenfallen: Selbst wenn man sehenden Auges langfristig in die Katastrophe schlittert, ist „business as usual“ die für die jeweiligen Staaten individuell rationale Strategie. Letztlich geht es darum, dass man im Wettbewerb der Volkswirtschaften am besten besteht, wenn ein erheblicher Teil der Kosten auf die Umwelt abgeladen, also externalisiert werden kann. Von Zeit zu Zeit werden solche Rationalitätenfallen aufgelöst – leider zumeist durch Katastrophen (wie in Fukushima). Die Anzahl der zu koordinierenden, in ihren Egoismen gefangenen Nationalstaaten erscheint als zu hoch, als dass die Rationalitätenfallen wirklich durch Koordination aufgelöst werden könnten.

Hinzu kommt, dass multinationale Organisationen in letzter Zeit zunehmend über bilaterale Vereinbarungen geschwächt werden – die theoretische Chance, beispielsweise im Rahmen der Welthandelsorganisation auch umwelt- und sozialpolitische Fragestellungen auf die handelspolitische Agenda zu bringen, sinkt zunehmend ab.

Nationale Alleingänge auf umweltpolitischem Gebiet nutzen ebenfalls wenig, solange andere Staaten nicht zum Nachahmen gezwungen sind. Wie schon H.-W. Sinn (2008) herausstellte, würde ein – durch eine vorbildliche nationale Umweltpolitik erreichter – sinkender Preis für fossile Brennstoffe dann eben andere Länder zu verstärktem Verbrauch anregen.

M.E. ist die resignative Schlussfolgerung von Flassbeck, dass die Freiheitsgrade für die internationale Umweltpolitik sehr gering sind und nationale Politiken allein auch nicht wirksam werden können, dennoch nicht zu teilen. Allerdings ist ein grundsätzlicher Paradigmenwechsel erforderlich: Anstatt den Wettbewerb durch von vornherein aussichtslose kartellartige Absprachen zwischen den Staaten zu vermeiden, sollte gerade ein Wettbewerb zwischen diesen Staaten um „good governance“ in Gang gesetzt werden. Ich behaupte, dass sich ein volkswirtschaftlich effizientes System mit guter wirtschaftlicher Regierungsführung durchaus im Wettbewerb der Volkswirtschaften durchsetzen und sogar andere Länder zum Nachahmen zwingen kann. Wie aber soll das funktionieren?

 

Umdenken erforderlich

„Volkswirtschaftliche Effizienz“ wird hier im Sinne einer konsequenten Kopplung von Nutzen / Einnahmen und Kosten / Ausgaben verstanden – also als Vermeidung von Externalisierungen. Eine zentrale Rolle spielt hierbei der Steuerstaat – denn gerade er ist eine zentrale Quelle für Externalisierungen. Um diese Aussage zu verstehen, benötigt man einen archimedischen Punkt, ein Referenzszenario. Wie würde ein Fiskalsystem aussehen, in dem Nutzen (bzw. Einnahmen) und Kosten (bzw. Ausgaben) konsequent gekoppelt sind? Die Antwort ergibt sich aus einem erweitert verstandenen Henry George-Theorem (auch bekannt als George-Hotelling-Vickrey-Theorem).

Hiernach könnten unter idealen Bedingungen (optimal Bevölkerungsgröße, Siedlungsstruktur etc.) alle öffentlichen Leistungen allein aus der (Boden-) Rente – als sozialem Überschuss – finanziert werden (Arnott and Stiglitz, 1979; Atkinson and Stiglitz, 1987), ohne dass auf Steuern zurückgegriffen werden müsste. Die fiskalischen Möglichkeiten werden dabei wesentlich erhöht, wenn man neben den städtischen Bodenrenten auch noch die Renten aus natürlichen Ressourcen betrachtet werden.

Das Henry George-Theorem kann aber auch anders herum gelesen werden: Danach werden (Boden-) Renten erst durch öffentliche Güter und Dienstleistungen geschaffen. Die (Boden-) Renten entstehen aufgrund ökonomischer Vorteile von Agglomerationen und der Arbeitsteilung, den Opportunitätskosten der Nutzung knapper Standorte, und nicht zuletzt durch die Infrastruktur, die durch die Öffentlichkeit geplant und finanziert wird. Ohne öffentliche Infrastruktur könnten die Vorteile von Agglomerationen nicht genutzt werden. Diese macht erst die Produktion von privaten Gütern und Dienstleistungen möglich. Alfred Marshall erkannte schon den Zusammenhang zwischen Bodenrenten und öffentlichen Leistungen und beschrieb die Bodenrenten als “the annual public value of the land” (Marshall 1961). Dementsprechend kann der Staat als eine „rentengenerierende Institution“ („rent creating institution“) gesehen werden (Harrison, 2006) – es ist die öffentliche Hand, welche die rententragenden Vermögensgegenstände in Wert setzt. Dies mündet in die Erkenntnis von Adam Smith, dass – zumal Bodenrenten durch eine „gute Regierung“ erzeugt werden – dieselbe Regierung auch diese Bodenrenten zum Zwecke der Finanzierung der öffentlichen Güter einsammeln sollte (Smith 1776-1784).

Volkseinkommen

Zusammensetzung   Verteilung
Private Güter und Dienstleistungen <=> Löhne (Arbeit)
Zinsen (Kapital)
Öffentliche Güter und Dienstleistungen <=> Renten (Land im weiten Sinne)

Abbildung 1: Henry George-Theorem (vereinfachte Version, eigene Darstellung)

Würden die Kosten für die Finanzierung der öffentlichen Leistungen aus den Bodenrenten finanziert, ließe sich also eine natürliche Kopplung zwischen Nutzen und Kosten herstellen.

Wenn stattdessen – was heutzutage regelmäßig in den allermeisten Staaten der Fall ist – die Bodenrenten privatisiert werden (durch private Grundbesitzer und Unternehmen), können sie nicht für die Finanzierung öffentlicher Leistungen verwendet werden. Als Konsequenz müssen die Produktionskosten der öffentlichen Leistungen auf die Steuerzahler abgewälzt werden – mit der Folge der Entkopplung von Nutzen / Einnahmen und Kosten / Ausgaben im Steuerstaat (Löhr 2013; s. auch den Blogbeitrag “Let’s talk about tax: Steuern und Steuerstaat“). Alternativ wird das Angebot an öffentlichen Leistungen zurückgeschraubt (mit der Folge von Unterrichtsausfällen, Notstand in den Pflegeheimen, Schlaglöchern in den Straßen etc.) oder die Kosten über Verschuldung auf künftige Generationen abgewälzt (Schuldendienst).

Steuern sind mit weiteren Effekten verbunden, von denen hier lediglich einer herausgestellt werden soll: Sie schmälern den sozialen Überschuss. Diese Aussage macht man sich am besten anhand des ricardianischen Verteilungsmodells klar (Harrison 2006):

Die raumwirtschaftlichen Strukturen sind seit jeher durch zentrale und periphere Lagen geprägt. In den zentralen Lagen werden die höchsten Einkommen erzielt. Dies gilt in regionaler, nationaler, aber auch in supranationaler Hinsicht. Entsprechend der ricardianischen Sichtweise werden aber die Löhne (für einfache, unqualifizierte Arbeit) an den Rändern des Wirtschaftsraumes bestimmt (dies ist mit der marginalistischen, neoklassisch geprägten Theorie vereinbar, zumal dort die Grenzerlöse gerade noch die Grenzkosten abdecken). In den zentraleren Lagen werden Aufschläge auf diesen „Grundlohn“ bezahlt, um die (wegen der Agglomeration von Fachkräften) hier besonders benötigten besseren Qualifikationen vor dem Hintergrund der hier ebenfalls höheren Lebenshaltungskosten binden zu können. In der untenstehenden Abbildung 2 sind diese Zuschläge aus Vereinfachungsgründen nicht eingezeichnet. Aufgrund von Faktorarbitrageprozessen ergibt sich somit für den Grundlohn und für Kapital ein Ausgleich der Kosten zwischen Zentrum und Peripherie (realiter laufen diese Ausgleichsprozesse beim Faktor Arbeit aufgrund von Immobilitäten wesentlich zäher als beim Faktor Kapital ab). Der Vereinfachung zuliebe wurden vorliegend Einkommen aus Arbeit und Kapital zusammengefasst. Die Differenz zwischen dem totalen Einkommen und dem Lohn (zuzüglich Kapitaleinkommen) stellt die Bodenrente dar. Die Bodenrente ist somit als sozialer Überschuss zu interpretieren. Die Preise von Gütern und Dienstleistungen umfassen in der Gesamtsicht Löhne, Zinsen und Renten – allerdings werden davon nur Löhne und Zinsen als Kostenfaktoren abgebildet.

Abbildung 2: Das ricardianische Verteilungsmodell (Basisversion) – bitte klicken

Die Grenzen des Wirtschaftens werden nun durch das Grenzland in der Peripherie bestimmt. Hier können die Produzenten von Gütern und Dienstleistungen gerade noch auf ihre Kosten kommen, aber keinen Überschuss mehr erwirtschaften. In den Abbildungen ist – im Sinne der klassischen Ökonomen – der Begriff „Land“ weit zu verstehen, so dass er auch die Naturgüter beinhaltet. Die Verfügung über die Atmosphäre (als Deponie) oder über Kohlevorkommen (als Ressource) ist – um nur zwei Beispiele zu nennen – ausdrücklich auch Land in diesem Sinne.

Vor diesem Hintergrund sei die Wirkung von Steuern betrachtet, wobei wir uns auf das Mason Gaffney (2009) entwickelte ATCOR-Prinzip (ATCOR: „all taxes comes out of rent“) anlehnen. Von der Diskussion des EBCOR-Prinzips („excess burden comes out of rent“) wollen wir vorliegend absehen – es würde unsere Argumentation jedoch noch weiter unterstützen. Das ATCOR-Prinzip besagt nun, dass jedwede Steuer die Bodenrente als Residuum schmälert (Abgaben auf den Bodenwert und die Bodenrente wären wegen der Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung dabei eigentlich nicht als Steuern, sondern als Gebühren zu betrachten). Diese Schmälerung der Bodenrente kann entweder direkt (z.B. über die Lohnsteuer) oder indirekt geschehen (so wirkt z.B. die 19 %-ige Umsatzsteuer wie eine 19 %–ige „flat-rate“-Einkommensteuer ohne Grundfreibetrag und unter Ausnahme der Ersparnisbildung sowie der Einkommen von ausländischen Investoren; hierzu s. Mathews 1984). Entsprechendes gilt auch für Sozialabgaben (als Lohnnebenkosten), die im Referenzszenario der Kopplung von Nutzen  / Einnahmen und Kosten / Ausgaben über die Bodenrente finanziert werden könnten (ohne den sozialen Überschuss zuvor als Kostenbestandteil zu schmälern und die Wettbewerbsfähigkeit der betreffenden Volkswirtschaft zu beeinträchtigen). Steuern und Sozialabgaben erhöhen so letztlich die Faktorkosten von Arbeit und Kapital. Da Kapital flüchten kann oder nicht reproduziert werden muss, ist letztlich der Faktor Arbeit der hauptsächliche Lastenträger der öffentlichen Haushalte.

Abbildung 3: Das ATCOR-Prinzip im ricardianischen Verteilungsmodell – bitte klicken

Als Folge einer fiskalisch motivierten Steuer erhöhen sich die Kosten für Kapital und v.a. für Arbeit. Gleichzeitig verschiebt sich das Grenzland nach innen, d.h. die wirtschaftlichen Aktivitäten in der Peripherie werden abgewürgt, weil die Steuern nicht mehr erwirtschaftet werden können. Dabei unterscheiden fiskalisch motivierte Steuern und Sozialabgaben nicht zwischen der Eindämmung von Wirtschaftsaktivitäten, die ökologisch schädlich oder unschädlich sind – alles wird in gleicher Weise „platt gemacht“.

Vor diesem Hintergrund sind auch die Effekte theoretisch denkbarer zusätzlicher ökologischer Begrenzungen absehbar. Diese können über ökologisch zielgerichtete preis- oder mengenpolitische Instrumente erfolgen. Nachfolgend wird dabei nur der Fall einer Lenkungsabgabe („Ökosteuer“) beschrieben. Im technischen Sinne wollen wir Lenkungsabgaben aber nicht als Steuer qualifizieren, sofern eine Beziehung von Leistung (Inanspruchnahme der Umwelt) und Gegenleistung (Zahlung) besteht. Derartige Lenkungsabgaben führen aber auch dazu, dass – diesmal beabsichtigt und in ökologisch effektiver Weise – das Grenzland (verstanden im weiten Sinne der klassischen Ökonomen) noch weiter nach innen rückt:

Abbildung 4: Zusätzliche Belastung durch Lenkungsabgaben – bitte klicken

Dies bedeutet, dass die Kosten für Güter und Dienstleistungen noch weiter steigen, die Wettbewerbsfähigkeit im Gegenzug weiter sinkt und die wirtschaftliche Tätigkeit in der Peripherie noch weiter stranguliert wird (gleichzeitig sinkt der soziale Überschuss noch weiter ab, was sich u.a. an der Entwicklung der Bodenpreise ablesen lässt). Mit anderen Worten: Ein im internationalen Wettbewerb stehender Steuerstaat kann sich eine weitere – ökologisch motivierte – Begrenzung umso weniger leisten, je stärker die Entkopplung von Nutzen / Einnahmen und Kosten / Ausgaben ausgeprägt ist (s. oben). Der wettbewerbspolitische Spielraum für die eigentlich notwendige Umweltpolitik wird so im Steuerstaat eingeschränkt. Und gerade dieser mangelnde Spielraum dürfte ein wesentlicher Grund für die Unwilligkeit der Nationalstaaten darstellen, ökologisch eigentlich notwendige Begrenzungen vorzunehmen.

 

Spielräume schaffen durch die Vergemeinschaftung des sozialen Überschusses

Heißt es also resignieren – ist eine internationale Umweltpolitik unmöglich? Nein. Es bestehen Spielräume. Diese ergeben sich selbst für einen einzelnen Staat, wenn er nur Kosten / Ausgaben und Nutzen / Einnahmen konsequent koppelt – auch und gerade bei der Staatsfinanzierung. Schöpft ein Staat konsequent die ökonomische Rente ab und verzichtet er auf Steuerfinanzierung, so entfällt der durch die Fiskalsteuern und Sozialabgaben entstehende internationale Wettbewerbsnachteil. Denn das ATCOR-Prinzip besagt auch, dass bei einer Steuerentlastung der Bevölkerung die Steuer nicht verloren ist, sondern sich in höheren Bodenrenten und Bodenwerten niederschlägt (Land i.w.S.). Dort sollten die Bodenrenten über geeignete Maßnahmen (Bodenwertabgabe, Erbbaurecht etc.) abgeschöpft und für die Allgemeinheit verfügbar gemacht werden (Staatshaushalt, Sozialversicherung). Wichtig dabei ist: Die Abschöpfung der Bodenrente setzt in volkswirtschaftlicher Sicht an einem Residuum (sozialer Überschuss) an und verteilt dieses lediglich um (nämlich in die Hände der Gemeinschaft) – ohne aber einen volkswirtschaftlichen Kostenfaktor darzustellen! Der soziale Überschuss ist dabei zugleich eine wesentlich auskömmlichere Finanzierungsquelle als die Steuern (aus ATCOR ergibt sich nämlich auch, dass die Summe der Steuern immer kleiner als der soziale Überschuss – also die Rente – ist).

Zwar gehen auch bei einer geänderten Staatsfinanzierung die Lenkungsabgaben zum Zwecke der ökologisch notwendigen Begrenzungen immer noch auf Kosten der Wettbewerbsfähigkeit. Das sollen sie allerdings auch, da ansonsten der durch den “tax shift” erzielte Wettbewerbsvorteil zu einem inakzeptablen Außenhandelsungleichgewicht führen könnte – schließlich würden Lohnnebenkosten, Lohnsteuer, Einkommensteuer, Gewerbesteuer etc. entfallen. Erhöhte Lenkungsabgaben sind insoweit sogar eine notwendige Begleitmaßnahme des “tax shift” (bezieht man in die Betrachtung auch noch den Wegfall steuerlicher Zusatzlasten ein, sind aus demselben Grunde Lohnerhöhungen nicht nur zu erwarten, sondern auch wünschenswert; der Wegfall des EBCOR-Effektes wurde vorliegend jedoch nicht betrachtet). Bei alldem finden bei Lenkungsabgaben die angestrebten Begrenzungen der Wirtschaftstätigkeit gezielt und strukturiert statt: Über die “Öko-Abgaben” werden lediglich die ökologisch schädlichen wirtschaftlichen Betätigungen eingeschränkt, nicht die nützlichen. So kann ein Umbau der Wirtschaft herbeigeführt und gleichzeitig nicht nur kurz-, sondern auch  langfristig die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft gestärkt werden.

Abbildung 5: Umbau des Abgabensystems – bitte klicken

So könnte ein Staat den Löwenanteil seiner Einnahmen aus der Abschöpfung der ökonomischen Renten generieren. Steuern im klassischen Sinne könnten im Gegenzug entfallen. Gleichzeitig könnte die öffentliche Hand – wie Flassbeck es als eine Option diskutierte – den Preis für das Einführen von CO2 in die Wirtschaft (durch fossile Energieträger) sukzessive und langfristig geplant über entsprechende Lenkungsabgaben erhöhen.

In diesem Sinne propagiert auch Joseph E. Stiglitz in seinem Paper „Reforming Taxation to Promote Growth and Equity“ (2014) neben einer Finanztransaktionssteuer

  • ein verallgemeinertes Henry George-Prinzip, wonach die Boden- und Ressourcenrenten so weit wie möglich abgeschöpft werden sollten
    und
  • ein verallgemeinertes Verursacherprinzip, über das externe Kosten über die Besteuerung den Verursachern angelastet werden

als allgemeine Prinzipien für die Erhebung von Abgaben (s. den Blogbeitrag „Steuerreform: Vorschläge von Joseph E. Stiglitz“).

Auch, wenn die oben beschriebenen Prinzipien nicht in Reinform und sofort verwirklicht werden: Jeder (kleine) Schritt hin zu einer stärkeren Realisierung des Henry George-Prinzips schafft die für die ökologisch notwendigen Begrenzungen erforderlichen Spielräume. Man kann die Abgaben zur Begrenzung externer Effekte sogar als unabdingbare Komplementärmaßnahme betrachten, um zu große Handelsungleichgewichte als Folge des “tax shift” zu vermeiden. So kann auch im internationalen Wettbewerb auf nationalstaatlicher oder europäischer Ebene ein verallgemeinertes Verursacherprinzip durchgesetzt werden.

Ergo: Die Voraussetzungen für die ökologisch notwendige Begrenzung wird im internationalen Wettbewerb erst dadurch geschaffen, dass die Finanzierung des Staates aus den herkömmlichen Steuern und Sozialabgaben beseitigt und durch eine Finanzierung aus ökonomischen Renten ersetzt wird. Dann entfallen wesentliche Kostenfaktoren, die auch im Interesse des internationalen Handelsgleichgewichtes für eine stärkere Durchsetzung des Verursacherprinzips genutzt werden sollten. Eine einseitige Vorreiterrolle würde die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes kurz- wie langfristig stärken und auch andere Länder zum Nachahmen zwingen, damit sie nicht ins Hintertreffen geraten.

Das Hindernis besteht – neben der mangelhaften intellektuellen Durchdringung der Materie (die dargestellten theoretischen Grundlagen sind selbst den meisten Finanzwissenschaftlern in Deutschland kaum bekannt) – freilich in Partikularinteressen (Rent Seeking), die den Staat gekapert haben (State Capture) und mit allen Mitteln versuchen werden, die dargestellte Umstellung der Staatsfinanzierung zu verhindern.

 

Literatur:

Arnott, R. J. und Stiglitz, J. E. (1979), Aggregate Land Rents, Expenditure on Public Goods, and Optimal City Size. In: Quarterly Journal of Economics 93, S. 471-500.

Atkinson, A. B., Stiglitz, J. E. (1987): Lectures on Public Economics, London, S. 523-525.

Gaffney, M. (2009): The Hidden Taxable Capacity of Land: Enough and to Spare, in: International Journal of Social Economics 36 (4), S. 328-411.

Harrison, F. (2006): Wheels of Fortune – Self-funding Infrastructure and the Free Market Case for a Land Tax, London.

Löhr, D. (2013): Prinzip Rentenökonomie: Wenn Eigentum zu Diebstahl wird, Marburg.

Marshall, A. (1961): Principles of Economics, ninth variorum edition edited by C W Guilleband,  Macmillan, London.

Mathews, R. (1984): The Case for Indirect Taxation, Australian Taxation Forum, Vol 1, S. 54-82.

Sinn, H.-W. (2008): Das grüne Paradoxon. Plädoyer für eine illusionsfreie Klimapolitik, 2. Auflage, Berlin

Smith, A. (1776): An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations, London: Methuen & Co. Ltd., online: http://www.econlib.org/library/Smith/smWN.html

Stiglitz, J.E. (2014): Reforming Taxation to Promote Growth and Equity, Roosevelt Institute, May 14.

Ronald Pofalla: Schwungvoll durch die Drehtür der Korruption

Dirk Löhr

Ab Anfang kommenden Jahres wird der ehemalige Kanzleramtsminister Ronald Pofalla Generalbevollmächtigter der Deutschen Bahn für politische und internationale Beziehungen. Pofalla wird die eigens für ihn geschaffene Abteilung Wirtschaft, Politik und Regulierung der Bahn leiten. Hierbei wird er für die internationalen Beziehungen zuständig, ein Schwerpunkt sei die EU in Brüssel. Auf gut deutsch: Es geht um Lobbying (ein netter Anglizismus für die außerdemokratische Einflussnahme durch mächtige Sonderinteressen). Das – obwohl noch in Staatshand – seit der Bahnreform erwerbswirtschaftlich agierende Unternehmen Deutsche Bahn AG möchte über Pofalla die Gesetzgebung auf europäischer Ebene beeinflussen. Pofalla berichtet direkt an Bahn-Chef Rüdiger Grube. Später soll er in den Vorstand der Deutschen Bahn aufrücken – Pofalla, ein Mann, der anscheinend alles kann.

Nicht alle sind glücklich hiermit. Anton Hofreiter, Fraktionschef der Grünen im Bundestag, sprach Klartext: Es geht um eine “nachgelagerte Belohnung für Entscheidungen, die er als Kanzleramtsminister getroffen hat”. Weniger verschwurbelt könnte man dies auch als Korruption bezeichnen. So habe Pofalla als Kanzleramtsminister beim vierten EU-Eisenbahnpaket die Schaffung von mehr Transparenz mit verhindert. Beim Eisenbahn-Regulierungsgesetz habe er sich einer stärkeren Kontrolle der Bahn in den Weg gestellt. Schließlich habe er auch eine ganze Reihe weiterer Einzelentscheidungen zugunsten der DB-AG, zum Teil des Vorstands, getroffen.

Um es klar zu stellen: Es ist nicht nur Ronald Pofalla. Die Sache hat System. Durch dieselben Revolving Doors sind Joschka Fischer, Gerhard Schröder, Wolfgang Clement, Günter Verheugen, Roland Koch etc. etc. gegangen – als Dank dafür, dass sie eine Politik von „Eliten“ für „Eliten“ und gegen ihre Wähler gemacht haben. Offiziell heißt dieses System „Demokratie“ – in diesem Blog bezeichnen wir es weniger griffig als „Rent Seeking“ und „State Capture“.

Milliardengrab: Autobahnbau via Public Private Partnership

Dirk Löhr

Bundesverkehrsminister Dobrindt (CSU) schwört auf Öffentlich Private Partnerschaften („Public Private Partnerships“, PPPs) – auch beim weiteren Ausbau des Autobahnnetzes. Offenbar kümmert ihn wenig, dass der Bundesrechnungshof an diesem Finanzierungsmodell kein gutes Haar lässt.

Der Bundesrechnungshof hält die private Finanzierung und den Betrieb von Autobahn-Teilstrecken für unwirtschaftlich. Auch die anderen Vorteile des Modells “Öffentlich-private Partnerschaft” (ÖPP) würden nicht auftreten, die die Befürworter propagieren. Zu diesem Schluss kommen die Rechnungsprüfer in einem Gutachten für den Haushaltsausschuss des Bundestags. Über das bisher unveröffentlichte Gutachten hatte am Donnerstag (12.6.2014) das “Handelsblatt” berichtet (MDR 2014).

Dass Öffentlich Private Partnerschaften nicht günstiger als die klassische Durchführung durch die öffentliche Hand kommen können, liegt v.a. an den höheren Kapitalkosten von privaten Unternehmern. Sie zahlen nicht nur höhere Zinsen als die öffentliche Hand, sondern wollen auch satte Gewinne sehen. An anderer Stelle habe ich gezeigt, wie enorm der Effizienzvorteil der Privaten sein müsste, damit ihr Kapitalkostennachteil kompensiert werden kann (Löhr 2013). Offenbar sehen jedoch auch die Rechnungsprüfer diesen Effizienzvorteil bei Privaten nicht, weder in Bezug auf Zeit noch auf Kosten. Wie hoch die Nachteile tatsächlich sind, ist schwierig zu ermitteln – laufen PPPs doch in der Regel intransparent ab.

An anderer Stelle haben wir in diesem Blog auch auf die ordnungspolitische Problematik solcher Projekte hingewiesen (Blogbeitrag „Let’s talk about tax: Steuern und Steuerstaat“), die jedoch auch im Kontext mit der jüngsten Stellungnahme des Bundesrechnungshofes kaum in der Öffentlichkeit diskutiert werden:

Derartige Maßnahmen geben ein (natürliches) Monopolgut in private Hand – ein Wettbewerb im Markt findet nicht mehr statt. Zwar könnte von einem Wettbewerb um den Markt gesprochen werden; an diesem beteiligen sich jedoch nur wenige große Konzerne. Mittelständische Unternehmen kommen nicht mehr zum Zug.

Je nach Finanzierungsmodell können u.U. die Bodenrenten durch die Betreiber privatisiert werden, wenn nämlich die Betreiber einen Teil der Autobahngebühren erhalten. Dieses Modell wurde auch bei deutschen Autobahnen verwendet (o.V. 2014). Dies stellt auch eine Privatisierung der Steuereintreibung dar  („tax farming“) – was nicht nur eine Umverteilungsorgie, sondern zugleich ein zivilisatorischer Rückschritt ist.

Von den Autobahnen profitieren v.a. die angeschlossenen Orte, und dort die Grundstückseigentümer. Ein Autobahnanschluss erhöht die Bodenrenten und Bodenwerte. Werden die Ersteller und Betreiber von Autobahnen nicht über Nutzungsgebühren (s. oben), sondern über Steuern finanziert, sacken die privaten Grundeigentümer Bodenrenten- und Bodenwerterhöhungen privat ein, während die Steuerzahler (und unter diesen v.a. die Arbeitnehmer) die Finanzierungslasten tragen.

Wie man es also dreht und wendet – man kann der Finanzierung von Infrastrukturmaßnahmen über PPP nur schwerlich einen ökonomischen Sinn abgewinnen. Möglicherweise jedoch einen politischen – hilft es doch, eine mächtige Lobby ruhig zu stellen und die Schuldenbremse zu umgehen. PPPs erscheinen als ein wunderbares Instrument des Rent Grabbing: Ökonomische Renten werden privatisiert, Risiken und Kosten werden in intransparenter Weise auf die Allgemeinheit verlagert, die über das Ausmaß der Belastung jedoch nicht informiert wird und faktisch keine Möglichkeit hat, ein Veto einzulegen.

In diesem Blog haben wir wiederholt die adäquate Durchführung und Finanzierung für öffentliche Infrastrukturen dargelegt: Über die Abschöpfung ökonomischer Renten, allen voran die Bodenrenten. Hinzu kommen Nutzungsgebühren, die je nach Verkehrsaufkommen schwanken könnten und sollten. So könnten die Kosten derartiger Infrastrukturmaßnahmen bequem abgedeckt werden. Private Unternehmer sollten beim Bau von Infrastrukturen selbstverständlich als Agenten eingeschaltet werden – der Staat soll nicht selbst die Bagger fahren. Doch Private sollten weder das Eigentum der Infrastrukturen noch ein faktisches Steuererhebungsrecht erhalten.

 

Mehr Informationen:

Löhr, D. (2013): Prinzip Rentenökonomie: Wenn Eigentum zu Diebstahl wird, Marburg 2013.

MDR Thüringen (2013): Rechnungshof rügt Bund wegen zu hoher Ausgaben. Online: http://www.mdr.de/thueringen/autobahn_privat_finanziert100.html

O.V. (2014): ÖPP-Projekte in Deutschland: Privat finanzierte Autobahnen sind teurer, in: Spiegel Online: http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/oepp-privat-finanzierte-autobahnen-sind-teurer-als-staatlich-gebaute-a-974654.html

Die fünf von der Tankstelle – und der übliche Benzinpreis-Aufreger zu Pfingsten

Dirk Löhr

Jeder kennt den Ärger über die Benzinpreiserhöhungen an Feiertagen – auch zu Pfingsten zeigte das Preisbarometer wieder nach oben. Es scheint so, dass die großen Mineralölkonzerne gemeinsame Sache machen – dementsprechend stehen sie unter besonderer Aufmerksamkeit des Kartellamts. Zwar stieg das Preisniveau auch diesmal – gemessen an einigen Vorjahresmarken hielten sich die Preisstände aber noch in Grenzen.

Die Konzerne selber reden sich damit heraus, dass mehr als die Hälfte des Benzinpreises mittlerweile auf Steuern entfällt. Dies ist im Grundsatz nicht verkehrt; allerdings trägt diese „künstliche“ Preiserhöhung dazu bei, die hohen externen Kosten des motorisierten Individualverkehrs wenigstens teilweise zu internalisieren (anders als die Kfz-Steuer, die bezüglich ihrer Lenkungswirkung komplett sinnfrei ist).

Doch der verbleibende Preisrest ist gewaltig. 2013 verdienten die fünf größten Gesellschaften BP, Chevron, ConocoPhillips, Exxon Mobil und Shell immerhin noch 93 Milliarden US-Dollar; dies sind 177.000 US-Dollar pro Minute (Weiss / Peterson 2014). Folgt man der öffentliche Debatte, so möchte man vermuten, die Goldquelle liege bei den Tankstellen. Den Eindruck hat man auch, wenn man auf das Bundeskartellamt hört, das zu Preisvergleichen an Feiertagen aufruft (vgl. Dudenhöfer 2011). Tatsächlich verdienen die Tankstellen – auf die sich die Diskussion um Preisvergleiche und Benzinpreisbremsen fokussiert – eher an Schokoriegeln und Getränken, nicht aber am verkauften Benzin. Auch wenn die großen Gesellschaften gemeinsame Sache machen und die Feiertage ausnutzen, erwirtschaften sie die Kapitalrenditen eben nicht im Downstream-Geschäft, das neben den Tankstellen auch noch die Raffinerien umfasst. Im Upstream-Geschäft (also der Ölförderung und -produktion) sind sie mehr als doppelt so hoch. In der Vergangenheit waren hier Kapitalrenditen zwischen 20 und 30 % üblich. Der Goldesel für die großen Fünf heißt also „Ressourcenrente“ – dies ist der Unterschied zwischen dem Weltmarktpreis für Rohöl und den Förderkosten. Wie bei anderen “High-Performen” ist also bei den großen Fünf die ökonomische Rente der Kern des Unternehmensgewinns (s. die anderen Beiträge zu Industriebranchen (Branches of Business) in diesem Blog).

Allerdings gerät mittlerweile die Kostenseite unter Druck, da sich mit Peak Oil die Zeit der kostengünstig auszubeutenden Ölquellen wohl langsam ihrem Ende zuneigt. Trotz höherer Ölproduktion in 2013 sank daher der Gewinn der Ölmultis gegenüber dem Vorjahr um rd. 27 % – was die Mineralölkonzerne prompt nach Steuererleichterungen riefen ließ. Andererseits wird durch Wirtschaftswachstum – nicht zuletzt in den “aufstrebenden Ländern” (wie Indien und China) immer noch so viel zusätzliche Nachfrage erzeugt, dass die Aktionäre der großen Ölgesellschaften sich wohl noch länger an satten Dividenden erfreuen können. Von dem Gewinn werden denn auch 32 Milliarden US-Dollar nicht ausgeschüttet, sondern in weitere Explorationsvorhaben gesteckt (Weiss / Peterson 2014). Die Eigenkapitalfinanzierung ist ein Markenzeichen „ressourcenstarker“ Unternehmen (Löhr 2013).

Ceterum censeo: Während die Ölrenten als Konzerngewinne vereinnahmt und an die Aktionäre ausgeschüttet werden, zahlen die Kosten der Exploitation (Umweltverschmutzung, Klimawandel, Konflikte aufgrund des „Ressourcenfluchs“ – s. Südsudan etc.) andere, schwach organisierte Gruppen. Mit Tiefseebohrungen und dem Griff nach den arktischen Ölfeldern drohen die externalisierten, also auf Dritte abgewälzten Kosten weiter zu steigen. Die Konzessionsgebühren sind dabei sowohl in den USA als auch in Staaten wie Nigeria etc. lachhaft gering. Nur dadurch, dass die Staaten faktisch die Ressourcen an die Konzerne verschenken, können die riesigen Gewinne entstehen. Die finanziellen Lücken in den Haushalten werden mit Steuern (die v.a. den Produktionsfaktor Arbeit belasten) und auch Entwicklungsgeldern gefüllt – Prinzip Rentenökonomie.

 

Mehr Informationen

Dudenhöfer, F. (2011): Benzinpreiskartelle: Falsche Fragen, in: Wirtschaftsdienst, 91. Jg., H. 6, S. 364-365.

Löhr, D. (2013): Prinzip Rentenökonomie: Wenn Eigentum zu Diebstahl wird, Marburg.

Weiss, D. J. / Peterson, M. (2014): With Only $93 Billion in Profits, the Big Five Oil Companies Demand to Keep Tax Breaks, Center for American Progress, Feb. 4. Online: http://americanprogress.org/issues/green/news/2014/02/10/83879/with-only-93-billion-in-profits-the-big-five-oil-companies-demand-to-keep-tax-breaks/

Cradle to cradle – für eine allgemeine Umweltabgabe

Dirk Löhr

Marktversagen tritt regelmäßig als Folge externer Effekte auf. Negative externe Effekte werden zumeist im Zusammenhang mit der Umweltpolitik diskutiert. Liegen diese vor, produziert der Markt zu viel von Gütern, mit denen ein Schaden für unbeteiligte Dritte einhergeht.

Zur Vermeidung solcher Externalitäten fordern Umweltökonomen entweder die Einführung von Verschmutzungszertifikaten oder die Belegung der schädlichen Produktion mit Umweltabgaben. Während Ersteres zielgenauer ist, erscheinen Umweltabgaben oftmals als praktikablere Lösung. Allerdings ergibt sich mittlerweile ein richtiges Wirrwarr an existenten und geforderten Abgaben: Auf die Emission von CO2, auf Einwegflaschen, die Sonderabfallabgabe, die Stromsteuer, die Mineralölsteuer etc.

M.E. wäre es interessant, diese verschiedenen Abgaben zusammenzuführen und gleichzeitig dabei das Konzept der Kreislaufwirtschaft zu unterstützen. Dies könnte geschehen, wenn man sich auf eine uniform gestaltete Abgabe besinnt. Ebenso sollte man sich darauf besinnen, dass sowohl der Beginn wie das Ende der Wertkette „Land“ in dem weiten Sinne darstellen, wie wir ihn in diesem Blog zugrunde legen.

Orientiert man sich am marktwirtschaftlichen Verursacherprinzip, sollte ein Konsument, wenn er ein schädliches Gut nachfragt (mit dem entsprechend hohe externe Kosten verbunden sind), auch für die Folgen aufkommen. Dies könnte gewährleistet werden, wenn der Kunde schon in dem Augenblick, in dem das Produkt in den Verkehr gebracht wird, für die spätere Deponierung bezahlt (sei es in der Atmosphäre im Wege der Müllverbrennung, sei es als physische Deponierung).

Wird ein Gut dabei so hergestellt, dass es leicht recycelt oder neu aufbearbeitet werden kann, sind mit dem betreffenden Gut weniger hohe Deponiekosten verbunden – es sollte dementsprechend bei Verkauf entsprechend geringer belastet werden. Zugrunde liegt also eine Idee, die auf Nicolas Georgescu-Roegen zurückgeht: Bestimmte Produkte sind mit einer höheren Entropiezunahme verbunden (also einer Verwandlung von nutzbarer in nicht mehr nutzbare Energie). Diese sollten entsprechend höher belastet werden. Die betreffende Umweltabgabe wäre rechtstechnisch eine Gebühr, die einen Ausgleich dafür schaffen soll, dass der betreffende Käufer zu Lasten anderer Menschen die verfügbare Energie entsprechend verringert.

Selbstverständlich ist es nicht möglich, die mit bestimmten Produkten einhergehende Entropiezunahme genau zu monetarisieren. Es reicht allerdings aus, wenn man sich auf einen Stufentarif für die Abgabe verständigt, der sich daran orientiert, ob das betreffende Gut mit einer sehr hohen, einer mittelmäßigen oder einer geringen Entropiezunahme verbunden ist. Hier besteht eine Schlüsselaufgabe in der Anfertigung eines Kriterienkatalogs, den die Zertifizierungsunternehmen bei ihrer Arbeit in einheitlicher Weise zugrunde zu legen haben. Dementsprechend basiert die hier angedachte Umweltabgabe auf einem Standard-Preis-Ansatz; die exakte Monetarisierung des Schadens, der mit den diversen Produkten einhergeht, wird von vornherein nicht angestrebt. Die Klassifizierung könnte durch eine Zertifizierung bestimmt werden, die staatliche Handlungsgehilfen (TÜV, Dekra etc.) durchführen. Lässt ein Unternehmen seine Produkte nicht klassifizieren, rutschen diese automatisch in die Klasse mit den höchsten Abgabensätzen. Selbstverständlich muss der Rechtsweg gewährleistet sein, wenn der Produzent mit der Klassifizierung nicht einverstanden ist.

Die Abgabensätze werden auf den Nettoverkaufspreis geschlagen, der die Bemessungsgrundlage darstellt (sinnvoll wäre es, wenn sich an der Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer nichts ändert, diese also die Umweltabgabe nicht umfasst – ansonsten drohen eventuell Übersteuerungen).

Was wären die Folgen?

Produkte, mit denen eine hohe Entropiezunahme einhergeht, würden entsprechend hoch belastet. Ihr Preis würde steigen. Abhängig von der Nachfrageelastizität würde die Nachfrage nach den betreffenden Produkten sinken bzw. ein Ausweichen auf Substitute stattfinden, mit denen eine geringere Entropiezunahme einhergeht. Insbesondere Güter, die gezielt mit kurzen Zyklen produziert werden oder geplante Obsoleszenz aufweisen, würden verteuert. Erlaubte (!) Schadstoffe und Umweltgifte, die nur schwer abgeschieden werden können und in die Umwelt diffundieren, führen zu einer entsprechend negativen Bewertung. Produkte, bei denen wertvolle Stoffe unnötig verschmolzen werden (z.B. in Stahl-Blei-Legierungen), würden ebenfalls entsprechend hoch belastet. Umgekehrt würden wiederverwendbare Stoffe (z.B. kompostierbare T-Shirts) mit geringeren Abgabesätzen versehen.

Somit wird ein Anreiz geschaffen, die Produktion auf länger haltbare und wiederverwendbare Güter umzustellen und den Einsatz von Gift- oder Kohlenstoffen möglichst zu vermeiden.

Der Vorschlag korrespondiert u.a. mit den in diesem Blog vorgestellten Besteuerungsprinzipien von Joseph E. Stiglitz. Allerdings handelt es sich nicht um eine „Silver Bullet“ – nicht alle Umweltprobleme können hiermit bewältigt werden (z.B. Einsatz von Gentechnik, Tierschutz, Schutz der Biodiversität). Auch ersetzt die Abgabe nicht ordnungsrechtliche Eingriffe.

Dennoch dürfte es sich um eine wesentliche administrative Vereinfachung handeln: Statt einer Vielzahl von Steuern für jede Schadstoffart wird eine große Klasse von umweltschädlichen Aktivitäten zusammengefasst – dabei findet die Klassifizierung auf einer einheitlichen theoretischen Grundlage (Thermodynamik) statt.

Immobilienblase in London

Dirk Löhr

150.000 Euro für eine angewrackte Garage. 40.000 Euro pro Quadratmeter für Wohnungen im Innern Londons. Hier wird nicht für Beton, Stahl, Mörtel oder Handwerkerleistungen so viel Geld auf den Tisch gelegt, sondern für den Grund und Boden, dessen Wert immer stärker inflationiert. London entvölkert sich, weil sich immer weniger Leute das Leben hier leisten können. Und was treiben die Gralshüter des Privateigentums an Grund und Boden in der konservativen Regierung Cameron? Sie heizen die Fehlentwicklung mit einem Hauskaufprogramm noch weiter an, das fakstisch ermöglicht, nicht nur das aufstehende Gebäude, sondern auch den aufgeblasenen Grund und Boden über Kredite zu erwerben. Die Fieberkurve auf dem Immobilienmarkt geht so weiter Richtung der Zimmerdecke.

Zu den Fehlentwicklungen auf Londons Bodenmärkten s. die sehenswerte Reportage im ZDF-Auslandsjournal vom 5.6.2014:

http://www.zdf.de/ZDFmediathek#/beitrag/video/2169814/Immobilienblase-London