Die nach der Betriebskostenverordnung bestehende Umlagefähigkeit der Grundsteuer auf die Mieter ist bei einer verbundenen Grundsteuer, die neben dem Boden auch das aufstehende Gebäude umfasst, begründbar. Einer Bodenwertsteuer ist sie hingegen systemfremd. Hierzu: S. den Artikel aus dem BetriebsBerater 3/2019:
Und wieder einmal agieren die Sozialdemokraten nach dem Motto: “Wasch mich, aber mach mich nicht nass”: Einerseits liebäugelt man mit einer Abschaffung der Umlagefähigkeit der Grundsteuer, andererseits möchte man sich nicht zu einer Bodenwertsteuer entschließen.
PS: Der Autor dieses Beitrages ist selber Vermieter.
Die FAZ vom 18.1.2019 berichtet mehr Details über den Kompromissvorschlag zur Grundsteuerreform der Schleswig-Holsteinischen Finanzministerin Monika Heinold mit dem schönen Akronym “Flam” (Flächen-Lagen-Modell).
Monika Heinold
In einigen Punkten bewegt sich das Modell in die richtige Richtung.
So bezieht Heinolds Modell den Bodenrichtwert ein – allerdings nicht für einzelne Grundstücke. “Stattdessen soll der Bodenrichtwert über Zonen gemittelt werden. Gutachterausschüsse sollen den mittleren Bodenrichtwert der jeweiligen Gemeinde ermitteln. Sofern innerhalb der Gemeinde große Unterschiede auftauchen, soll die Gemeinde in verschiedene Zonen aufgeteilt werden, innerhalb derer die Bodenrichtwerte ‘beispielsweise’ nicht mehr als 30 Prozent voneinander abweichen sollen. Eine Zonierung soll entfallen, sofern Gemeinden unterhalb des mittleren Bodenrichtwerts des gesamten Landes liegen. Diese Regelung soll auch die Unterschiede in den einzelnen Bundesländern berücksichtigen. Vorteil des Modells soll sein, dass die Bodenrichtwerte nicht grundstücksscharf ermittelt werden müssen. Auch eine Verknüpfung mit den einzelnen wirtschaftlichen Einheiten braucht es dann nicht”, so die FAZ. Problematisch bleiben allerdings willkürfreie und nachvollziehbare Vorgaben dahingehend, wie die betreffenden Zonen geschnitten werden sollen und warum. Dies dürfte nicht leicht fallen. Ebenso wurde noch nichts über den Belastungsgrund bekannt, der im Rahmen des neuen Modells nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts realitäts- und gleichheitsgerecht umgesetzt werden muss.
Die Ergänzung der Bodenwert- durch eine Bodenflächenkomponente wäre diesbezüglich klarer und weniger streitanfällig, wenn man schon die Differenzierung der Bodenwerte reduzieren will. Das diesbezügliche Modell (Difu-Modell) wird neben dem reinen Bodenwertmodell von der Initiative “Grundsteuer: Zeitgemäß!” vertreten. Als Übergangslösung könnte es aber ein diskutabler Zwischenschritt zu einer Bodenwertsteuer sein.
Allerdings scheint das Gebäude immer noch in die Bemessungsgrundlage einzugehen, denn in den Steuererklärungen wären neben der Fläche des Grund und Bodens auch Wohn- und Nutzfläche des Gebäudes und dessen Baujahr anzugeben. Insoweit übernimmt Heinold auch die maßgebenden Fehler der rivalisierenden Modelle – zumal die Gebäudeflächenermittlung alles andere als eine triviale Aufgabe für die Steuerpflichtigen sein dürfte. Das Konzept von Heinold bezieht aber immerhin nicht die Mieten mit ein, wie man aufgrund erster Zeitungsmeldungen annehmen musste (unser Blogbeitrag vom 15.1.2019). Ein Gutachten des Steuerrechtlers Gregor Kirchhoff (Universität Augsburg) hatte dem wertabhängigen Modell (WAM) von Bundesfinanzminister Scholz aufgrund der bunten Mischung von tatsächlich gezahlten und fiktiven Mieten für fremd- und eigengenutzte Grundstücke Verfassungswidrigkeit attestiert. Das Gutachten wurde allerdings vom Zentralen Immobilienausschuss in Auftrag gegeben, der als Verband die Interessen der Immobilienwirtschaft und damit die Einführung des wertunabhängigen Modells (WUM) favorisiert; hierbei würde eine geringwertige Immobilie in einer Stadtrandlage genauso wie eine hochwertige in einer zentralen Lage besteuert, wenn nur die Grundstücks- und Gebäudefläche dieselbe ist.
Aufgrund der Einbeziehung des Gebäudes benötigt das Heinold-Modell immer noch Hauptfeststellungen in siebenjährigem Turnus.
Fazit: Wenn aus Heinolds Modell noch die Gebäudekomponente entfernt würde, bestünde die Chance, dass zum ersten Mal ein Ziel führender Reformvorschlag in die Diskussion der politischen Parteien einzieht, die bislang beharrlich die diesbezüglichen – jahrhunderte alten – wissenschaftlichen Erkenntnisse ignorieren.
Die süddeutsche Zeitung vom 14. Januar 2019 berichtet von einem Kompromissvorschlag der grünen Finanzministerin Monika Heinold im festgefahrenen Streit um die Grundsteuer. Die Unionsfraktion blockiert den Reformvorschlag von Bundesfinanzminister Scholz. Dieser läuft im Prinzip auf ein Update des gegenwärtigen Einheitswertverfahrens hinaus. Gegen dieses “Bürokratiemonster” wird von der Unionsfraktion die auch von der Immobilienwirtschaft befürwortete Flächensteuer ins Feld geführt, welche die geringwertige Immobilie in einer Randlage genauso besteuert wie die hochwertige in zentraler Lage, wenn nur die Fläche dieselbe ist. Hier macht die SPD-Bundestagsfraktion aber nicht mit. Heinold möchte die Blockade mit einem eigenen Konzept auflösen: Sie schlägt vor, dass die Grundsteuer wertorientiert anhand der Bodenrichtwerte und pauschaler Mieten ermittelt wird. Viel mehr ist noch nicht bekannt. Doch selbst dieses Wenige wirft Fragen auf:
Zuerst die nach dem Belastungsgrund: Das Bundesverfassungsgericht forderte in seinem Urteil vom 10.4.2018, dass der Belastungsgrund benannt und realitäts- und gleichheitsgerecht umgesetzt werden müsse. Dabei sollte der Belastungsgrund möglichst nicht dem bereits existierender Steuern (hier v.a. der Einkommensteuer sowie der zwar ausgesetzten, aber immer noch existierenden Vermögensteuer) entsprechen.
Die pauschale Quadratmeter-Miete für eine Immobilie in München kann nicht dieselbe wie im bayerischen Wald sein; diejenige für Einfamilienhäuser kann nicht derjenigen für eine Mietwohnung entsprechen. Hier wird Heinold genauso wie im Scholz-Vorschlag zu differenzieren haben. Wie soll hier eine Vereinfachung stattfinden?
Die Miete muss auf eine Fläche angewendet werden (Wohn- oder Nutzfläche). Hier liegt der Hase eigentlich im Pfeffer. Mittlerweile wächst auch im Bundesfinanzministerium die Erkenntnis, dass die Flächenermittlung alles andere als trivial ist – und auch die von der Union befürwortete angeblich so einfache Flächensteuer eben tatsächlich gar nicht so einfach. Auch die einfache Übernahme der gegenwärtigen Flächen aus den Einheitswertbescheiden bietet keine Lösung, da diese teilweise nicht fortgeschrieben und auch z.T. nach Standards berechnet wurden, die heute nicht mehr in Anwendung sind. Es wäre aber ein Unding, den Steuerpflichtigen mit der Ausmessung der Flächen zu belasten (es ist auch keineswegs gesichert, dass die steuerlich relevante Fläche mit derjenigen identisch ist, die sich in den Bauplänen befindet). Was hat Frau Heinold hier an Vereinfachungen vorgesehen, welche Standards sollen angewendet werden? V.a. im gewerblichen Bereich stellt die Flächenermittlung ein Problem dar. Man mache sich bei dem Kraftwerk im Bild unten einmal bitte die Mühe, die Betriebsvorrichtungen auszusondern und die Fläche der Gebäude zu errechnen:
Quelle: Pixabay (industry-1827884__340)
Apropos Gewerbe: Der Scholz-Vorschlag erkannte immerhin, dass es gerade hier viele Immobilien gibt, für die überhaupt keine Miete zu ermitteln ist und sah als “Auffangverfahren” hier die Ermittlung eines Sachwertes vor. Bislang hört man hierzu im Kompromissvorschlag nichts. Wie soll mit Immobilien verfahren werden, für die sich keine Miete ermitteln lässt?
Schließlich wollte Scholz – in Anlehnung an die Wertermittlungsverfahren der ImmoWertV – auch eine Marktanpassung durchführen. Im Ertragswertverfahren sollte dies über typisierte Liegenschaftszinssätze geschehen, im Sachwertverfahren über typisierte Sachwertfaktoren, wie sie schon heute bei der Bedarfsbewertung vorgesehen werden. Ohne diese Verkomplizierung entfernt man sich in Niveau und Struktur von den Verkehrswerten, was gegen das Gebot des Bundesverfassungsgericht (realitäts- und gleichheitsgerechte Umsetzung des Belastungsgrundes) verstoßen könnte. Hier ist allerdings abzuwarten, welcher Belastungsgrund benannt wird.
Also: Es bleibt abzuwarten, was da von grüner Seite noch nachgeschoben wird. Auf Grundlage der bislang vorliegenden wenigen Informationen ist jedenfalls nicht abzusehen, wie der grüne Vorschlag die Probleme, an denen der Scholz-Vorschlag nunmehr zu scheitern droht, aus der Welt schaffen kann.
Es ist bedauerlich, dass gerade die Grünen offenbar mehrheitlich nicht erkennen, dass
die Problematik der Grundsteuer in der Erfassung des Gebäudes liegt und dementsprechend hieran festhalten;
und
dass es bei der Grundsteuerreform um wesentlich mehr als die Sicherung der zweitwichtigsten Steuerquelle der Kommunen geht: Nämlich um eine Weichenstellung, hin zu einer Entlastung von Arbeit und produktiven Investitionen, und statt dessen zu einer höheren Belastung der Nutzung von Land und Natur.
Das Mittel wäre die von der Initiative “Grundsteuer: Zeitgemäß!” vorgeschlagene Bodenwertsteuer. Der Vorschlag ist ausgereift, ja sogar praktisch erprobt, theoretisch durchdacht (mehr als 10 Wirtschafts-Nobelpreisträger aus verschiedenen politischen Lagern sprachen sich hierfür aus) – aber das Motto lautet offenbar: Warum einfach, gerecht, effizient, wenn es auch kompliziert, ungerecht und ineffizient geht.
Eigentlich sollten die Grünen der geborene Anwalt für eine solche Weichenstellung sein.