Grüne Steuervorschläge: Bodenlos

Dirk Löhr

Am 8. Juli hat die Koordinierungsgruppe Finanz- und Steuerpolitik von Bündnis 90/Die Grünen ihren Abschlussbericht fertiggestellt, der hier heruntergeladen werden kann.

Grüne

Vieles gäbe es kritisch hierzu zu anzumerken. Wir wollen uns einstweilen aber auf einen Punkt beschränken, nämlich die Grundsteuer. Zitat aus dem Abschlussbericht: “Die Grundsteuer wird aktuell nicht nach realistischen Werten und der realen Leistungsfähigkeit erhoben und ist damit verfassungsrechtlich problematisch. Wir wollen eine verfassungsfeste, gerechte Besteuerung, die stärker an den realen Verkehrswerten orientiert ist. Die bundesweit einheitliche Festlegung der Bemessungsgrundlage soll keine Erhöhung des Aufkommens zum Ziel haben. Die Höhe der Besteuerung obliegt weiterhin den Kommunen durch die Festlegung der Hebesätze. Dabei müssen ökologische Fehlanreize vermieden
werden.”

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Man bleibt also im Vagen und legt sich auf keines der gegenwärtig diskutierten Reformmodelle fest. Auffällig ist allerdings, dass die Grundsteuerreform im Kapital “Vermögen angemessen besteuern” behandelt wird – dies verfestigt den Eindruck, dass auch bei den Grünen die Grundsteuerreform als ein “Einstieg” in eine neue Vermögensteuer betrachtet wird.

Eine Vermögensteuer ist jedoch eine Subjektsteuer; sie stellt auf die subjektive Leistungsfähigkeit ab und belastet sämtliche Vermögensarten – also Boden, Kapital und Gebrauchsvermögen. Die Grundsteuer ist hingegen eine Objektsteuer; sie belastet also nur die objektive Leistungsfähigkeit – soweit sie also durch die Immobilie vermittelt wird.

Wird dabei nur der Boden besteuert (wie bei der Bodenwertsteuer), wird sie am besten auch gar nicht durch das Leistungsfähigkeitsprinzip begründet, sondern durch das Äquivalenzprinzip: Anders als bei Kapital schafft nicht der Grundstückseigentümer den Wert des Bodens, sondern die Allgemeinheit (z.B. mit Infrastrukturinvestitionen, der Herstellung von Sicherheit etc.). Über die Bodenwertsteuer gibt der Bodeneigentümer der Gemeinschaft ein klein wenig von dem zurück, was diese für ihn getan hat. Normalerweise sind Steuern eine Zwangsleistung an den Staat ohne Anspruch auf individuelle Gegenleistung; aufgrund des Äquivalenzprinzips würde die Bodenwertsteuer diesbezüglich eine Ausnahme darstellen. Man könnte die Bodenwertsteuer auch anders interpretieren: Als Einstieg in eine Finanzverfassung, die auf dem Prinzip Leistung – Gegenleistung zwischen dem Staat und seinen Bürgern beruht.

Auch bleiben die Grünen am Postulat der Aufkommensneutralität kleben. Die in der jüngsten Vergangenheit kritisch geführte Diskussion um die Ursachen der auseinanderklaffenden Schere bei Vermögen und Einkommen – nämlich dem mit den sinkenden Zinsen einhergehenden Anstieg von Bodenerträgen und Bodenwerten – wurde augenscheinlich nicht zur Kenntnis genommen.

Genauso wenig wie der sogar von OECD und EU geforderte Tax Shift weg von konventionellen Steuern hin zur Grundsteuer. Statt dessen wird Aufkommensneutralität gefordert. Dabei ist die Bodenwertsteuer die effizienteste aller denkbaren Steuern. Effizienz: Das heißt, mit möglichst wenig Zutaten (= Ressourcenschonung) einen möglichst großen Kuchen backen. Eigentlich sollte dies ein Anliegen der Grünen sein.

Und genauso wenig wie die Tatsache, dass auch die großen Umwelt- und Naturschutzverbände (NABU, BUND) eine bodenbezogene Steuer v.a. aus siedlungspolitischen Gründen (Eindämmung der Flächenneuinanspruchnahme und Compliance mit Blick auf die Bauleitplanung) klar favorisieren, indem sie die Initiative “Grundsteuer: Zeitgemäß!” unterstützen.

Liebe Grüne: Besser spät aufwachen als gar nicht – dann seid Ihr als Partei nämlich irgendwann tot.

 

Zusätzliche Wohnungsbauförderung: Themaverfehlung

Dirk Löhr

Derzeit bereitet Bundesbauministerin Hendricks ein weiteres Wohnungsbauprogramm vor. Es soll über 500 Millionen Euro schwer sein. Mit den Geldern aus dem geplanten neuen Wohnungsbauprogramm soll in städtischen Regionen mit erheblichen Wohnungsmarktengpässen der Wohnungsneubau im preisgünstigen Segment gefördert werden. Die Mittel dafür sind im Bundeshaushalt 2017 reserviert. Was zunächst gut aussieht, verliert bei näherem Blick seinen Glanz: Der zentrale Engpass- und Kostenfaktor für die Schaffung von mehr bezahlbarem Wohnraum in städtischen Wachstumsregionen sind verfügbare Flächen. Trifft noch mehr – nunmehr staatlich subventionierte – Nachfrage auf diese beschränkten Flächen, dürfte dies die Preise (und mittelbar auch die Mieten) noch weiter antreiben.

Dies wird beispielsweise vom Deutschen Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung e. V. (DV)  ebenso gesehen. Er fordert daher, die Mittel teilweise für die Mobilisierung und Bereitstellung von Grundstücken in den Städten zu verwenden. Doch auch dies wird sich in steigenden Grundstückspreisen niederschlagen – wenn nicht Maßnahmen (städtebauliche Entwicklungsmaßnahmen) ergriffen werden, die tief in die Eigentumsrechteeingreifen.

Somit stellt sich die Frage, warum nicht endlich Wege beschritten werden, die wesentlich eigentumsschonender wirken und außerdem dem Staat Geld bringen, anstatt hohe Kosten zu verursachen. Der Königsweg wäre eine boden(wert-) basierte Grundsteuer, wie sie die Initiative „Grundsteuer: Zeitgemäß!“ fordert. Wer sein Grundstück nicht den planerischen Vorgaben gemäß nutzt oder der Nutzung zuführt, muss hierbei genauso viel bezahlen wie jemand, der dies so macht. Dies ist – anders als die angedachten Subventionen – auch mit marktwirtschaftlichen Prinzipien vereinbar: Ohne Not sollte niemand durch Zahlungen dafür belohnt werden, dass er die Schädigung anderer (durch Grundstücksspekulation etc.) unterlässt. Stattdessen sollte derjenige bezahlen,  der die Bauleitplanung durch sein (Nicht-) Handeln durchkreuzt und dadurch der Gemeinschaft einen Schaden zufügt. (Grund-) Eigentum verpflichtet.