Tag Archives: bezahlbares Wohnen

Hinweis: Wohnwende in Baden-Württemberg – Veranstaltung zur Neuen Wohngemeinnützigkeit

Dirk Löhr

Am Montag, den 13.02.2023, findet von 16.00 bis 19.00 eine Online-Veranstaltung zur Neuen Wohngemeinnützigkeit statt, die von der Evangelischen Akademie Bad Boll in Kooperation mit dem Deutschen Mieterbund (Baden-Württemberg) organisiert wurde.

Anmeldungen sind noch möglich. S. https://www.ev-akademie-boll.de/tagung/451323.html

Reduktion der Kosten für Mietwohnbauten – Einführung des Vorsteuerabzuges?

Dirk Löhr

Der Wohnungsbau stagniert. Das im Koalitionsvertrag der Ampel verkündete Ziel, 400.000 neue Wohnungen jährlich zu schaffen (davon 100.000 mit Sozialbindung), rückt in immer weitere Ferne. Die Investoren befinden sich in der Klemme: Kostenseitig steigen Zinsen und Baukosten (Abriss von Lieferketten, erhöhte energetische Anforderungen) – von Seiten des Bodenmarktes kommt derzeit aber nicht die benötigte Entlastung in Gestalt ausreichend sinkender Bodenwerte. Die künftig durchsetzbaren Mietsteigerungen dürften angesichts des inflationsbedingten Realeinkommensverlustes der Mieter überschaubar sein. Die Investoren sind in die Zange genommen – viele Bauvorhaben werden aufgeschoben. Vonovia beispielsweise hat einen Baustopp verkündet.

Bislang setzt man zur Dämpfung der Baukosten auf – sicherlich vernünftige – Maßnahmen wie z.B. serielles und modulares Bauen. Eine Maßnahme, die auf einen Schlag eine Reduktion der Herstellungskosten um 16% (19%/119%) bewirken könnte, ist erstaunlicherweise aber bislang nicht in der Diskussion: Eine Änderung des Mehrwertsteuerregimes.

Der Ansatzpunkt könnte die Einführung eines Nullsteuersatzes für vermietete Wohnimmobilien sein. Diese sind bislang von der Umsatzsteuer befreit (§ 4 Nr. 12 UStG). Ein Verzicht auf die Umsatzsteuerbefreiung nach § 9 UStG ist derzeit jedoch nicht möglich. Es handelt sich allerdings nur um eine „unechte“ Befreiung, da auch die Vorsteuer auf die Planungs- und Bauleistungen nicht abgezogen werden kann.  Dementsprechend erhöhen sich die Herstellungskosten der Mietwohnungen.

Über die Einführung eines Nullsteuersatzes auf Wohnbauleistungen (soweit Einnahmenerzielungsabsicht besteht), bei gleichzeitiger Öffnung der Verzichtsmöglichkeit auf die Steuerbefreiung bei vermieteten Wohnimmobilien (§ 9 UStG) könnten Wohnimmobilien in die Steuerpflicht gebracht werden, ohne dass es für die Mieter teurer wird. Der Vorteil: Der Weg für den Vorsteuerabzug wäre frei – das könnte bis zu 16% verringerte Herstellungskosten für die Mietwohnbauten bedeuten.

Ein ähnlicher Weg wurde für kleine Photovoltaikanlagen im Rahmen der Anpassung der Mehrwertsteuersystemrichtlinie 2022 beschritten. Ziffer 10 in Anhang III der Richtlinie 2005/112/EG (Gegenstände, auf die ermäßigte Mehrwertsteuersätze angewendet werden dürfen) enthält schon die „Lieferung und Bau von Wohnungen im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus, wie von den Mitgliedstaaten festgelegt; Renovierung und Umbau, einschließlich Abriss und Neubau, sowie Reparatur von Wohnungen und Privatwohnungen; Vermietung von Grundstücken für Wohnzwecke“.

In diesem Rahmen (auch gedeckt durch Ziffer 15 der Liste) ergibt sich z.B. auch die Möglichkeit der Befreiung gemeinnütziger Organisationen, was für die geplante Neue Wohngemeinnützigkeit interessant sein könnte.

Die Mitgliedsstaaten dürfen für bis zu höchstens sieben der 29 Kategorien des Anhangs III auf bestimmte Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen zwei ermäßigte Steuersätze vorsehen, wovon einer der Steuersätze unter 5 % und der andere Steuersatz 0 % (Nullsteuersatz) betragen kann. Die Bundesregierung könnte dies zum Anlass nehmen, um ihre Prioritäten zu prüfen – ob ein Nullsteuersatz für Mietwohnungen ermöglicht werden kann.

Modell Bodensteuer: Wundermittel gegen Wohnungsnot?

Caspar Dohmen …

… hat anlässlich der mündlichen Verhandlung über die Grundsteuer beim Bundesverfassungsgericht einen ausgezeichneten Beitrag im Deutschlandfunk über die Bodenwertsteuer verfasst (16.01.2018). Auf diesen kann als Text (Link: http://www.deutschlandfunk.de/reform-der-grundsteuer-modell-bodensteuer-wundermittel.724.de.html?dram:article_id=408360) erhältlich oder kann – ausführlicher – als Podcast (Link: http://podcast-mp3.dradio.de/podcast/2018/01/15/wohnraumnot_und_hohe_mieten_sollen_bodenwerte_besteuert_dlf_20180115_1840_8b67fe50.mp3) zugegriffen werden.

Der Beitrag geht wesentlich tiefer als die übliche mediale Berichterstattung.

Report München: Kein Platz für Polizisten, Rettungssanitäter und Altenpfleger in Großstädten

Dirk Löhr

Es ist die Wahl zwischen Pest und Cholera, den der Beitrag von Ulrich Hagmann in Report München vom 18.7.2017

Der Preis des Erfolges

beschreibt. Die guten Arbeitsplätze gibt es in den Großstädten; hier wird das Wohnen allerdings für den “unteren Mittelstand” zunehmend unbezahlbar. In der Peripherie ist es genau umgekehrt. Immer mehr sog. “Normalverdiener” wie z.B. Polizisten sind auf Nebenjobs angewiesen, weil sie sich ansonsten das Leben in der Großstadt nicht mehr leisten können. Eine der Folgen ist, dass diese Gruppen die Großstadt verlassen müssen. Die Zentren werden immer mehr von gesellschaftlichen Eliten besetzt, und die “Normalos” werden an den Rand gedrängt. Dies gilt durchaus nicht nur in raumwirtschaftlicher Hinsicht.

Zusätzliche Wohnungsbauförderung: Themaverfehlung

Dirk Löhr

Derzeit bereitet Bundesbauministerin Hendricks ein weiteres Wohnungsbauprogramm vor. Es soll über 500 Millionen Euro schwer sein. Mit den Geldern aus dem geplanten neuen Wohnungsbauprogramm soll in städtischen Regionen mit erheblichen Wohnungsmarktengpässen der Wohnungsneubau im preisgünstigen Segment gefördert werden. Die Mittel dafür sind im Bundeshaushalt 2017 reserviert. Was zunächst gut aussieht, verliert bei näherem Blick seinen Glanz: Der zentrale Engpass- und Kostenfaktor für die Schaffung von mehr bezahlbarem Wohnraum in städtischen Wachstumsregionen sind verfügbare Flächen. Trifft noch mehr – nunmehr staatlich subventionierte – Nachfrage auf diese beschränkten Flächen, dürfte dies die Preise (und mittelbar auch die Mieten) noch weiter antreiben.

Dies wird beispielsweise vom Deutschen Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung e. V. (DV)  ebenso gesehen. Er fordert daher, die Mittel teilweise für die Mobilisierung und Bereitstellung von Grundstücken in den Städten zu verwenden. Doch auch dies wird sich in steigenden Grundstückspreisen niederschlagen – wenn nicht Maßnahmen (städtebauliche Entwicklungsmaßnahmen) ergriffen werden, die tief in die Eigentumsrechteeingreifen.

Somit stellt sich die Frage, warum nicht endlich Wege beschritten werden, die wesentlich eigentumsschonender wirken und außerdem dem Staat Geld bringen, anstatt hohe Kosten zu verursachen. Der Königsweg wäre eine boden(wert-) basierte Grundsteuer, wie sie die Initiative „Grundsteuer: Zeitgemäß!“ fordert. Wer sein Grundstück nicht den planerischen Vorgaben gemäß nutzt oder der Nutzung zuführt, muss hierbei genauso viel bezahlen wie jemand, der dies so macht. Dies ist – anders als die angedachten Subventionen – auch mit marktwirtschaftlichen Prinzipien vereinbar: Ohne Not sollte niemand durch Zahlungen dafür belohnt werden, dass er die Schädigung anderer (durch Grundstücksspekulation etc.) unterlässt. Stattdessen sollte derjenige bezahlen,  der die Bauleitplanung durch sein (Nicht-) Handeln durchkreuzt und dadurch der Gemeinschaft einen Schaden zufügt. (Grund-) Eigentum verpflichtet.