Ein Erdrutschsieg für Kai Wegner (CDU), eine herbe Enttäuschung für SPD und auch die FDP. Die Abgeordnetenhauswahl ist gleichzeitig ein raumwirtschaftliches Lehrstück. Die Grünen konnten v.a. in und um den S-Bahn-Ring punkten, was einmal mehr bestätigt, dass es sich um eine Partei des gut verdienenden Mittelstandes handelt.
In der Peripherie dominierte die CDU. Deren Wähler scheinen vom offensichtlichen Staatsversagen in Berlin mit besonderer Härte getroffen zur sein. Wenn manchmal von der Bundeshauptstadt hämisch als einem “failed state” die Rede ist, so bekommen dies v.a. die Bewohner der Peripherie zu spüren. Die Probleme gehen dabei über mangelnde Sicherheit im öffentlichen Raum und eine disfunktionale öffentliche Verwaltung wesentlich hinaus.
Generell – also unabhängig von der Berlin-Wahl – haben konservative Parteien ein besseres Standing in peripheren Räumen, rot und grün sind hingegen Parteien, die in den raumwirtschaftlichen Zentren punkten. Teilweise wird hierfür ein dumber Konservatismus der Landbevölkerung verantwortlich gemacht.
Die o.a. Karte zeigt jedoch, dass dies nicht so einfach ist. Den Bewohnern der Peripherie kann zwar im Stadtstaat Berlin eine andere Mentalität attestiert werden als denjenigen der bayerischen Peripherie. Dennoch ähnelt sich das Wahlverhalten. Es wäre eine interessante Aufgabe für Soziologen herauszufinden, welchen Anteil das “sich abgehängt” und “sich weggedrückt” Fühlen der peripher lebenden Bevölkerung an den Wahlentscheidungen hat.
Im Rahmen der Reform der Grundsteuer wurde für die Bundesländer die Möglichkeit geschaffen, von der Bundesregelung abzuweichen. Die Landesregierung Baden-Württemberg möchte dies mit einer Bodenwertsteuer tun. Anbei mehr in einem Interview mit der Wochenzeitung “Kontext”:
Jahrelang hat die Politik weggeschaut, wie ihr liebstes Kind – die Autoindustrie – auf Kosten der Gesundheit der Bürger die Luft mit ihren Dreckschleudern verpestete und fleißig abkassierte. Nun droht der blaue Brief aus Brüssel, mit Fahrverboten für Dieselfahrzeuge. Prompt bricht das politische Berlin in Aktionismus aus. “Kostenloser Nahverkehr” heißt die Zauberformel – er soll in verschiedenen Modellstädten getestet werden, um die Klage der EU-Kommission abzuwenden. So soll der Verkehr weg von der Straße gebracht werden. Möglicherweise klatscht der Verbraucher erst einmal begeistert in die Hände.
Bei näherem Hinsehen handelt es sich freilich wieder einmal um Voodoo-Ökonomie, die hoffentlich nur als karnevaleske Schnapsidee zu verstehen ist:
Erstens: There is no such thing as a free lunch. Irgendjemand muss zahlen. Dies dürfte am Ende der Steuerzahler sein, der sich hierzulande v.a. aus der Gruppe der Verbraucher und der damit größtenteils deckungsgleichen Lohnabhängigen rekrutiert.
Zweitens: Mit Steuern gehen Zusatzlasten einher. Die wirtschaftlichen Akteure gehen Umwege, um die Steuerlast zu vermeiden, oder werden ganz entmutigt. Je nach Art der Steuer ist die Zusatzlast unterschiedlich hoch. Im Durchschnitt dürften ca. 15 Prozent vom Steueraufkommen nah an der Realität sein. D.h.: Eine “freie Fahrt” im Wert von 5 Euro kostet die Gesellschaft dann in Wirklichkeit 5,75 Euro.
Drittens: Bei der Nutzung von Verkehrsmitteln verhält es sich nicht anders als beim Verbrauch von Wasser. Der Preis hat die ökonomisch sinnvolle Funktion, eine Übernutzung und ökonomisch sinnlose Inanspruchnahme zu Lasten der Mitbürger (unnötige Fahren während der “rush hour” o.ä.) zu verhindern.
Viertens: Ökonomisch sinnvoll wären daher Grenzkostenpreise. Derzeit werden schienengebundene Verkehrsmittel in der Regel höher tarifiert – auch die Fixkosten der Infrastruktur und die sonstigen Bereitstellungskosten fließen in den Preis ein. Dies gilt freilich nicht für alle Verkehrsträger, wie z.B. Fernbusse – deren Nutzer tragen (wie auch die Autofahrer) nicht unmittelbar zur Finanzierung der Fixkosten der Infrastrukturbereitstellung (Autobahnnetz) bei. Deswegen können auch so erfolgreich gegen die Bahn konkurrieren. Würden beispielsweise Grenzkostenpreise im Schienenverkehr angewandt, würde dies BahnCard 50 für alle bedeuten – oder sogar noch eine weitergehende Tarifreduktion.
Natürlich taucht bei der Forderung nach Grenzkostenpreisen sofort die Frage auf, wie dann die Bereitstellungskosten der Infrastruktur finanziert werden sollen, da die Grenzkosten unterhalb der Vollkosten liegen (“Grenzkostenpreisparadoxon”). Die Antwort liefert das Henry George-Theorem: Über den Anstieg der Bodenwerte, der durch die Bereitstellung der öffentlichen Leistungen erzeugt wird. Eine Wunschvorstellung? Mitnichten. Die sich mehrheitlich in öffentlicher Hand befindliche Mass Transit Railway (Hong Kong) ist wohl die beste Eisenbahn der Welt, gleichzeitig eine der preiswertesten und profitabelsten. Wie gelingt dieser Spagat? Durch das Konzept “Rail and Property“. Die Gesellschaft schöpft über ihre Immobilienaktivitäten einen erheblichen Anteil der Wertzuwächse ab, die sich durch ihre Bereitstellungsleistungen ergeben. Die Tickets werden dann an Grenzkostenpreisen orientiert verkauft.
Zusammen mit anderen Maßnahmen (die Zulassung von Autos kostet in Hong Kong richtig Geld, der öffentliche Nahverkehr ist hingegen vorbildlich ausgebaut) konnte Hong Kong so den motorisierten Individualverkehr wesentlich reduzieren.
am 1.11.2017 fand anlässlich des 120. Todestags von Henry George die Veranstaltung “Henry George – ökonomischer Wegweiser durch das 21. Jahrhundert” statt. Die Resonanz auf die Tagung war außerordentlich positiv.
Diejenigen, die an der Teilnahme verhindert waren oder aber das Thema vertiefen möchten, darf ich auf eine weitere Veranstaltung zu diesem Themenkomplex hinweisen: Am 18./19. November 2017 finden die 60. Mündener Gesprächen zum Thema “Bodenreform und Staatsfinanzierung” in der Silvio-Gesell-Tagungsstätte am nördlichen Stadtrand von Wuppertal statt. Alle Informationen zum Programm und zum Organisatorischen sowie den Link zum Anmeldeformular finden Sie auf der Internetseite
Wir haben die Möglichkeit, am Sonnabend Abend noch einen zusätzlichen Vortrag von Prof. Dr. Felix Fuders (Universidad de Valdivia/Chile) in unser Programm aufzunehmen:
“Die Tragödie der Gemeingüter – warum Privatisierung keine effiziente Lösung ist”.
Am Ende des Google-Anmeldeformulars https://goo.gl/4TcQF4muss man links im rechteckigen Kästchen “Ich bin kein Roboter” ein Häkchen setzen und dann eine Art Bilderrätsel lösen. Leider funktioniert das Anmeldeformular nicht ohne dieses Bilderrätsel. Wer damit Probleme hat, möge bitte nicht seine/ihre Anmeldung unterlassen, sondern sich an mich wenden oder seine/ihre Wünsche direkt unserem Gastgeber Andreas Bangemann in der Tagungsstätte mitteilen:
… launched a now expert comment, which is available for download (please click here) on the website of the DOC research institute. A brief conclusion:
“To achieve optimum levels of efficiency, complex societies need the support of efficient hierarchies of decision-making.
Fred Harrison
People in the formative phases of the first civilisations learnt how to combine the efficiency of power with the disciplines of ethics. This was authentic power: the capacity to mobilise the efforts of free people to solve problems in an efficient and ethical manner.
That quality is almost wholly absent in modern societies, in which power tends to assume the form of political opportunism. This is a degraded form of force, which has become part of the problem, not the solution, to the challenges facing humanity. We see this in the way that seemingly all-powerful governments continue to be defeated by the painful problems which afflict their populations.
The explanation for this failure is to be found in the fact that these problems flow from the architecture of the social system. As such, they are aligned with the privileged interests of rent-seekers, who remain hostile to remedies which might cure (as opposed to mitigating) the problems. By understanding the causal connections – the transmission mechanisms for poverty, ill-health, corruption, unaffordable housing, and so on – we may identify the need for fresh approaches. By locating our analysis within the framework of the model of civilisation, we are led to the conclusion that intractable problems can be erased; but only by restoring the classical statecraft and its doctrine of the Single Tax.
Based on our review of the deep past and the recent present, we can illustrate how current problems would be placed on the path to resolution within the framework of the classical approach to statecraft.”
Fred Harrison (born 1944) is a British author, economic commentator and corporate policy advisor, he is Research Director of the London-based Land Research Trust. He is notable for his stances on land reform and belief that an over reliance on land, property and mortgage weakens economic structures and makes companies vulnerable to economic collapse. His first book, The Power in the Land (1983), predicted the economic crisis of 1992. He followed this with a 10-year forecast (published in The Chaos Makers [1997]) that a global financial crisis would be triggered when house prices peaked in 2007. He studied economics at Oxford, first at Ruskin College and then at University College, where he read Philosophy, Politics and Economics. His MSc is from the University of London. Fred’s first career was in newspaper journalism, most notably at The People newspaper, where he became chief reporter. After a move to Economics, initially as Director of the Centre for Incentive Taxation, he spent 10 years in Russia advising their Federal Parliament (Duma) and local authorities on property tax reform and establishment of land markets. Since his return to the UK he has worked as a corporate business advisor, research director, writer and lecturer. Harrison is inspired by the writings of American political economist, Henry George. He has written for a number of newspapers and magazines and his books are widely distributed.
Am 18. und 19. November finden in der Silvio-Gesell-Tagesstätte in Wuppertal die 60. Mündener Gespräche mit dem Thema: “Bodenreform und Staatsfinanzierung” (zum Flyer, bitte klicken) statt. Hintergrund ist der 120. Todestag des Bodenreformers Henry George.
der bekannte Handelsblatt-Redakteur, verweist in seinem Blog u.a. auf die am 1.11.2017 in Berlin bevorstehende Veranstaltung “Henry George – ökonomischer Wegweiser des 21. Jahrhunderts”:
Besteuerung der Nutzung von Land und Natur, anstatt von Arbeit und Kapital (ohnehin gering besteuert)! Am Mittwoch, den 1.11.2017, findet anlässlich des 120. Todestags von Henry George eine Fachtagung von 14.00 bis 18.30 Uhr im ExRotaprint-Gelände in Berlin-Wedding statt.
Der US-amerikanische Ökonom und Bodenreformer hat zu seinen Lebzeiten die Bodenwertsteuer in den USA und in vielen anderen Ländern populär gemacht. Zum Programm.
Die Teilnahme an der Tagung ist unentgeltlich. Anmeldungen sind noch bis Ende der Woche möglich (Kontakt: s. Programm).
In einem Interview mit Günther Hartmann (erschienen am 24.7. in Telepolis) versuchte ich, den Zusammenhang zwischen Boden, Renten und Besteuerung ein wenig zu beleuchten:
Am 12.6.2017 veröffentlichte das Handelsblatt den von Norbert Häring verfassten Artikel “Eine Reform, die allen recht ist“. Leider ist dieser sehr gute Artikel nur den Inhabern des Handelsblatt Digitalpasses zugänglich. In seinem Blogartikel
wiederholt der Handelsblatt-Redakteur die wichtigsten Aspekte aus dem Handelsblatt-Artikel und geht mit seinen Betrachtungen sogar darüber hinaus. Absolut lesenswert!