Category Archives: Property Rights

Gestörter Reflux oder: Was hat Inflation mit Privateigentum an Boden zu tun?

Dirk Löhr

Gegenwärtig treibt wieder einmal das Thema Inflation die Menschen um. Grundlegend für das Verständnis von Inflation ist die Fisher-Verkehrsgleichung:

M x V = P x Y.

M ist hierbei die Geldmenge, V die Umlaufgeschwindigkeit, P das Preisniveau und Y das Handelsvolumen. Die linke Seite der Gleichung ist die monetäre Seite, die rechte die realwirtschaftliche Seite. Es handelt sich bei der Fisher-Gleichung um eine Tautologie – sie ist immer erfüllt.

Für den gegenwärtigen Inflationsschub wird gerne der Angriffskrieg Russlands verantwortlich gemacht und die Ursachen damit auf der Angebotsseite (realwirtschaftliche Seite) verortet. Diese Sicht der Dinge verkennt allerdings, dass die Inflationsraten schon vor dem russischen Angriff deutlich in die Höhe gingen. Hierfür ist nicht zuletzt die völlige Fehlkonstruktion des Euro verantwortlich – die Europäische Zentralbank (EZB) versucht schon seit über einer Dekade, mit einer Politik des billigen Geldes, einen Währungsraum zusammenzuhalten, der am Ende nicht zusammenzuhalten sein wird. Eine fiktive Währungsunion aller Staaten der Welt, die mit dem Anfangsbuchstaben „M“ beginnen, wäre nach Daniel Stelter wirtschaftlich homogener als der Euro-Raum. Für den jüngsten Inflationsschub scheint jedoch auch das Ende der Kaufzurückhaltung, das während der Corona-Krise einsetzte, verantwortlich zu sein – also ein Anziehen der Geldumlaufgeschwindigkeit. Die von der EZB in die Märkte gepumpten enormen Geldmengen werden nachfragewirksam. So weit zum aktuellen Inflationsschub.

Bezüglich der säkularen Inflationstendenz wird jedoch regelmäßig ein weiterer Verantwortlicher übersehen: Nämlich die Möglichkeit, Privateigentum an Grund und Boden sowie Unternehmensanteilen auf Kredit zu erwerben. Ursächlich für diesen Inflationstyp ist ein gestörter Reflux-Prozess. Doch eins nach dem anderen:

Anders als viele Menschen denken, wird der größte Teil des des Geldes nicht durch die Zentralbanken, sondern durch die Geschäftsbanken geschaffen – über den Kreditvergabeprozess im Zusammenwirken mit Nicht-Banken.

Im Zuge der Kreditgeldschöpfung kommt es im Geschäftsbankensektor zu einer Bilanzverlängerung: Auf der Aktivseite wird eine Kreditforderung eingestellt, auf der Passivseite wird dem Kreditnehmer ein Guthaben zur Verfügung gestellt (von Mindestreserven wird hier vereinfachend abgesehen).

Die Kreditnehmer aus dem Nichtbanken-Sektor verwenden idealerweise die betreffenden Mittel zum Kauf von Maschinen, Häusern etc. (Anlagevermögen). Aus den (tatsächlichen oder kalkulatorischen) Erträgen der Assets werden die Zinsen bezahlt. Die von den Kreditnehmern über die planmäßigen Abschreibungen einbehaltenen Geldbeträge dienen der Tilgung der Verbindlichkeiten. Mit der Tilgung der Verbindlichkeit gegenüber dem Geschäftsbankensektor wird das geschöpfte Bankengeld aber wieder zurückgeführt. Ähnlich verhält es sich mit sich schnell umschlagenden Gütern des Umlaufvermögens – allerdings ist hier der Zeithorizont deutlich kürzer als beim Anlagevermögen.

Insgesamt sinken im Zuge dieses Prozesses die Guthaben des Nichtbanken-Sektors damit im Gleichschritt mit den Kreditforderungen des Bankensektors. Am Ende sind die kreditfinanzierten Vermögensgegenstände abgeschrieben, und die mit dem Kredit entstandenen Guthaben – also das privat geschaffene Geld – wieder „vernichtet“. Dies ist das Reflux-Prinzip. Es beschreibt, dass die Bankengeldschöpfung insoweit nicht zu einer Entkopplung von der realen Wertschöpfung beitragen kann.

Anders verhält es sich, wenn über die Kredite an Nicht-Banken nicht die Produktion von Gütern (in der Fisher-Verkehrsgleichung: Y), sondern der Kauf von nicht abnutzbaren Vermögenswerten finanziert wird. In erster Linie sind hier Grund und Boden sowie Unternehmensanteile (v.a. Aktien) zu nennen („kritische Assets“). Ceteris paribus muss dann in der Fisher-Verkehrsgleichung die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes (U) sinken. Die untenstehende Graphik illustriert, dass die permanent abnehmende Geldumlaufgeschwindigkeit ein Fakt ist.

Die Zentralbank kann nur mit einem Anstieg der von ihr ausgegebenen Geldmenge verhindern, dass die Realwirtschaft (rechte Seite der Fisher-Gleichung) Schaden nimmt.

Inhaltlich macht man sich dies am besten einer sektoralen Betrachtung anhand des Extremfalls deutlich, dass sämtliche Kredite in derartige „kritische Assets“ fließen. Normalabschreibungen auf derartige Vermögenswerte gibt es dann aufgrund der unbegrenzten Nutzungsdauer nicht. Dementsprechend können die aufgenommenen Kredite auch nicht über diesen Weg zurückgeführt werden. Eine Geldvernichtung kann daher über diesen Kanal nicht mehr stattfinden, das Reflux-Prinzip ist gestört.

Entweder muss die Kreditrückzahlung dann über Geld stattfinden, das aus der Realwirtschaft gezogen wird und dieser dann fehlt – dann aber weitet sich die Störung des Reflux-Prinzips auf die Realwirtschaft aus. Oder aber die Zentralbank schafft eben neues Geld, um den Rückfluss der in Boden- und Aktien gebundenen Kredite zu ermöglichen, ohne dabei die Realwirtschaft zu beschädigen.

Damit wird allerdings ein Ponzi-Schema implementiert, das auch die Vermögensblasen immer weiter anheizt. Gerade in Kapitalmarkt-Rallyes lässt sich beobachten, dass die Fremdfinanzierung solcher „kritischen Assets“ immer weiter zunimmt. Zudem besteht die latente Gefahr, dass Geld aus der „Finanzstratosphäre“ abgezogen wird und dies die Inflation im realwirtschaftlichen Bereich anheizt – dass also aus der Vermögenspreisinflation irgendwann eine realwirtschaftliche Inflation wird. Möglicherweise ist auch dieser Effekt für den gegenwärtigen Inflationsschub mit verantwortlich.

Derartige Ungleichgewichtszustände in Permanenz könnten nur dann ausgebremst werden, wenn

  • entweder die „kritischen Assets“ entkapitalisiert werden (u. a. durch eine konfiskatorische Bodenwertsteuer), so dass sie nicht mehr fremdfinanziert erworben werden können. Dies ist aber im gegenwärtigen Rentierskapitalismus nicht in Sicht;

              oder

  • indem regulatorisch dafür Sorge getragen wird, dass der Kauf derartiger „kritischer Assets“ konsequent mit Eigen- statt mit Fremdkapital finanziert wird.

Ausführlicher: https://bodenwertsteuer.org/2015/08/06/geldschopfung-und-kein-ende-robinson-und-die-eichhornchen/
bzw.
https://humane-wirtschaft.de/geldschoepfung-und-kein-ende-dirk-loehr/

Neue Bodenpolitik effektiver als Mietpreisbremse

Dirk Löhr

Die Mietpreisbremse kuriert letztlich nur Symptome. Um die Problematik bezahlbaren Bauens und Wohnens in den Griff zu bekommen, muss beim vorgelagerten Markt angesetzt werden: Dem Bodenmarkt.

Hierzu ein Interview im Deutschlandfunk: Neue Bodenpolitik effektiver als Mietpreisbremse

Her mit der Bodenwertsteuer: Zur Wiederkehr der neuen alten sozialen Frage

Dirk Löhr

“Land is back”: Die Bodenerträge dürften mittlerweile die KaBargeld-201020591444 (1)pitalerträge in ihrer Bedeutung überholt haben. Zu den Auswirkungen s. den Beitrag im Politischen Feuieeton des Deutschlandfunk vom 29.08.2018: Her mit der Bodenwertsteuer:

Zur Wiederkehr der neuen alten sozialen Frage.

Bodenwende jetzt!

Richard Fuchs …

… beschreibt in einem sehr informativen Beitrag im Deutschlandfunk vom 27. März mögliche Bausteine einer Bodenwende:

Mittel gegen explodierende Grundstückspreise – wie bezahlbarer Wohnraum entstehen könnte.  (bitte klicken). Auch als Podcast (“Beitrag hören” anklicken)!

Brache

Der Beitrag erscheint im Vorfeld der Urteilsverkündung des Bundesverfassungsgericht zu den derzeitigen Bewertungsgrundlagen der Grundsteuer. Diese werden voraussichtlich als verfassungswidrig verworfen.

Dann heißt es: Weiter so? Oder eine grundlegende Reform – weg von der Besteuerung von Verbrauch, Arbeit und produktiven Investitionen – hin zu einer stärkeren Besteuerung der Nutzung von Land und Natur!

 

 

 

 

 

Bodenreform und Staatsfinanzierung

Dirk Löhr

am 1.11.2017 fand anlässlich des 120. Todestags von Henry George die Veranstaltung “Henry George – ökonomischer Wegweiser durch das 21. Jahrhundert” statt. Die Resonanz auf die Tagung war außerordentlich positiv.

SG

Diejenigen, die an der Teilnahme verhindert waren oder aber das Thema vertiefen möchten, darf ich auf eine weitere Veranstaltung zu diesem Themenkomplex hinweisen: Am 18./19. November 2017 finden die 60. Mündener Gesprächen zum Thema “Bodenreform und Staatsfinanzierung” in der Silvio-Gesell-Tagungsstätte am nördlichen Stadtrand von Wuppertal statt. Alle Informationen zum Programm und zum Organisatorischen sowie den Link zum Anmeldeformular finden Sie auf der Internetseite

http://www.sozialwissenschaftliche-gesellschaft.de/de/muendener-gespraeche.html

Wir haben die Möglichkeit, am Sonnabend Abend noch einen zusätzlichen Vortrag von Prof. Dr. Felix Fuders (Universidad de Valdivia/Chile) in unser Programm aufzunehmen:

“Die Tragödie der Gemeingüter – warum Privatisierung keine effiziente Lösung ist”. 

Am Ende des Google-Anmeldeformulars     https://goo.gl/4TcQF4   muss man links im rechteckigen Kästchen “Ich bin kein Roboter” ein Häkchen setzen und dann eine Art Bilderrätsel lösen. Leider funktioniert das Anmeldeformular nicht ohne dieses Bilderrätsel. Wer damit Probleme hat, möge bitte nicht seine/ihre Anmeldung unterlassen, sondern sich an mich wenden oder seine/ihre Wünsche direkt unserem Gastgeber Andreas Bangemann in der Tagungsstätte mitteilen: 

ab@silvio-gesell-tagungsstaette.de

Renting the Silk Road

Fred Harrison*

… launched a now expert comment, which is available for download (please click here) on the website of the DOC research institute. A brief conclusion:

“To achieve optimum levels of efficiency, complex societies need the support of efficient hierarchies of decision-making.

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Fred Harrison

People in the formative phases of the first civilisations learnt how to combine the efficiency of power with the disciplines of ethics. This was authentic power: the capacity to mobilise the efforts of free people to solve problems in an efficient and ethical manner.

That quality is almost wholly absent in modern societies, in which power tends to assume the form of political opportunism. This is a degraded form of force, which has become part of the problem, not the solution, to the challenges facing humanity. We see this in the way that seemingly all-powerful governments continue to be defeated by the painful problems which afflict their populations.

The explanation for this failure is to be found in the fact that these problems flow from the architecture of the social system. As such, they are aligned with the privileged interests of rent-seekers, who remain hostile to remedies which might cure (as opposed to mitigating) the problems. By understanding the causal connections – the transmission mechanisms for poverty, ill-health, corruption, unaffordable housing, and so on – we may identify the need for fresh approaches. By locating our analysis within the framework of the model of civilisation, we are led to the conclusion that intractable problems can be erased; but only by restoring the classical statecraft and its doctrine of the Single Tax.

Based on our review of the deep past and the recent present, we can illustrate how current problems would be placed on the path to resolution within the framework of the classical approach to statecraft.”

 

  • Fred Harrison (born 1944) is a British author, economic commentator and corporate policy advisor, he is Research Director of the London-based Land Research Trust. He is notable for his stances on land reform and belief that an over reliance on land, property and mortgage weakens economic structures and makes companies vulnerable to economic collapse. His first book, The Power in the Land (1983), predicted the economic crisis of 1992. He followed this with a 10-year forecast (published in The Chaos Makers [1997]) that a global financial crisis would be triggered when house prices peaked in 2007. He studied economics at Oxford, first at Ruskin College and then at University College, where he read Philosophy, Politics and Economics. His MSc is from the University of London. Fred’s first career was in newspaper journalism, most notably at The People newspaper, where he became chief reporter. After a move to Economics, initially as Director of the Centre for Incentive Taxation, he spent 10 years in Russia advising their Federal Parliament (Duma) and local authorities on property tax reform and establishment of land markets. Since his return to the UK he has worked as a corporate business advisor, research director, writer and lecturer. Harrison is inspired by the writings of American political economist, Henry George. He has written for a number of newspapers and magazines and his books are widely distributed.

 

Henry George: Ökonomischer Wegweiser durch das 21. Jahrhundert

Besteuerung der Nutzung von Land und Natur, anstatt von Arbeit und Kapital (ohnehin gering besteuert)! Am Mittwoch, den 1.11.2017, findet anlässlich des 120. Todestags von Henry George eine Fachtagung von 14.00 bis 18.30 Uhr im ExRotaprint-Gelände in Berlin-Wedding statt.

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Der US-amerikanische Ökonom und Bodenreformer hat zu seinen Lebzeiten die Bodenwertsteuer in den USA und in vielen anderen Ländern populär gemacht. Zum Programm.

Die Teilnahme an der Tagung ist unentgeltlich. Anmeldungen sind noch bis Ende der Woche möglich (Kontakt: s. Programm).

Telepolis-Interview: “Der Boden stellt eine gigantische Umverteilungsmaschine dar”

Dirk Löhr

In einem Interview mit Günther Hartmann (erschienen am 24.7. in Telepolis) versuchte ich, den Zusammenhang zwischen Boden, Renten und Besteuerung ein wenig zu beleuchten:

“Der Boden stellt eine gigantische Umverteilungsmaschine dar” (bitte klicken)

 

Spekulationsgut Boden – brauchen wir ein neues Bodenrecht?

Dirk Löhr

Im BDAtalk initiiert der Bund Deutscher Architekten BDA Bayern eine Online-Debatte um ein neues Bodenrecht:

“Um eine am Gemeinwohl ausgerichtete, nachhaltige Stadtentwicklung zu gewährleisten, müssen wir die Nutzung von Grund und Boden im Sinne von Gemeinwohlerfordernissen gestalten. Es bedarf über die städtebauliche Planung – als Ordnungsrahmen – hinaus (wieder) einer umfassenden, auch den Umsetzungsanspruch fixierenden, kommunalen Bodenpolitik. Bestehende Handlungsspielräume müssen genutzt- und Rahmenbedingungen, wie das Städtebaurecht und fiskalische Anreizinstrumente auf Bund-Länder-Ebene, aktiv und umfassend weiterentwickelt werden, mit dem Ziel, der Bevölkerung ausreichend guten und bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen.

Es äußern sich u.a. Prof. Dr. Michael Krautzberger  (Jurist, Bonn), Dr. Hans-Jochen Vogel (ehem. Oberbürgermeister der Landeshauptstadt München, früherer Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, Bonn), Prof. Dr. Dirk Löhr (Professor für Steuerlehre und Ökologische Ökonomik, Trier), Prof. Dr. jur. Christian-W. Otto (Rechtsanwalt und Professor für Bau-, Planungsrecht, Berlin), Stephan Reiß-Schmidt (Stadtdirektor und Leiter der Stadtentwicklungsplanung Stadt München), Christian Stupka (Stattbau München GmbH), Dr. Ulrich Kriese (Siedlungspolitischer Sprecher NABU), Bernadette-Julia Felsch (Politik- und Verwaltungswissenschaftlerin, München) und Christian Bodensteiner (Architekt und Stadtplaner, München).”

Zur Diskussionsseite: http://www.bda-talk.de/