Nicht nur die Preise für Wohnbau- und Gewerbeflächen steigen rasant an, sondern auch für Ackerland. S. hierzu den interessanten Artikel aus der FAZ vom 22.08: Preis für Ackerland wächst schneller als Mais(bitte klicken)
Es handelt sich um ein Phänomen, dass spätestens seit der Finanzkrise 2008 immer augenscheinlicher geworden ist: Überall auf der Welt wird Ackerland aufgekauft, egal ob in Osteuropa oder in Entwicklungsländern. Bauern und indigene Völker müssen den Profit-Interessen finanzstarker Länder und Investoren weichen.
Aus: Phnom Phen Post, irgendwann in 2011
Auf diese Weise wurde bereits eine Fläche, die etwa halb so groß wie Europa ist, an Agrokonzerne und lokale Oligarchen verkauft oder nahezu zum Nulltarif langfristig verpachtet.
“Buy land, they’re not making it anymore”, wie Mark Twain schon treffend sagte. Eine tolle Anlage für die Schönen und Reichen, Vermögen und den Zugriff auf die Ressourcen auch in Zukunft zu sichern – den Preis dafür zahlen andere.
Der Dokumentarfilmer Kurt Langbein zeichnet in einem neuen Film die Entwicklung des Landraubes nach. Eine Kurzfassung zum Hineinriechen finden Sie hier (Kulturjournal, NDR):
Der Film startet diese Woche in den deutschen Kinos, in Österreich ist er schon seit dem 18. September angelaufen. Allerdings kann ich mir ein Ceterum censeo nicht verkneifen: Land Grabbing ist Rent Grabbing. Land Grabbing kann man beklagen, wirksam bekämpfen kann man es aber nur mit dem zugrunde liegenden Rent Grabbing.
Im Übrigen unterstützt auch die sog. “Entwicklungszusammenarbeit” die unseelige Entwicklung. Zu den Hintergründen siehe
Wem hat, dem wird gegeben. Zu diesem Schluss muss man gelangen, wenn man sich die Empfänger der Agrarsubventionen ansieht.
Quelle: WDR 5
Mittlerweile veröffentlicht nämlich auch Deutschland wieder nach einigem Zaudern die Höhe der EU-Agrar-subventionen im Internet – angeblich stand der Datenschutz dagegen, so die Bundesregierung. Diese wollte offenbar die Daten “schützen”, die die zugrunde liegende Einkommensumverteilungsmaschinerie transparent machen. S. hierzu den Kommentar und den Artikel von Carola Böse-Fischer in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung vom 2. Juni (S. 7):
Ein sehenswerter Beitrag über die Macht der Agrarriesen, ausgestrahlt am 3. Juni im ZDF: Täter oder Wohltäter?
Aus dem Begleittext: “Kaum jemand kennt Cargill. Dabei mischt das Unternehmen überall mit: Ob Cornflakes, Katzenfutter, Schokolade oder Weizenmehl. Der US-Konzern kauft und verkauft weltweit Agrarrohstoffe. Doch Cargill wird vorgeworfen, die lokale Landwirtschaftsproduktion zu zerstören. Wer ist der geheimnisvolle Rohstoffriese? Dieser Frage gehen zwei französische Reporter für ZDFzoom nach.Die Dokumentation zeigt, mit welchen Methoden Cargill weltweit arbeitet. Bei ihrer Spurensuche treffen die Autoren auf betrogene Bauern und auf Wissenschaftler, die vor einer massiven Umweltzerstörung warnen. Eindrucksvoll zeigen die Autoren, wie etwa der Anbau von Soja in Brasilien die Landschaft verändert, und Monokulturen den Lebensraum der Bewohner bedrohen. Nach langem Zögern nimmt auch Cargill Stellung zu den Recherchen und weist die Vorwürfe zurück.” Zur Sendung:
vom 21. Mai berichtet, wird die Verfügbarkeit landwirtschaftlicher Flächen für immer mehr Bauern zu einem ernsthaften Problem. Der Grund ist der hohe Anstieg von Pachten und Preisen.
Der Artikel der HAZ nennt allerdings nicht alle Gründe hierfür. Richtig ist, dass die Konkurrenz mit Veredelungsbetrieben (Tierprodukte) eine große Rolle spielt. Aber eben auch mit durch das EEG geförderten “Energiebauern”. Und dann wird zu Recht kritisiert, dass die “Shareholder-Landwirtschaft” angesichts der Niedrigrenditen auf dem Kapitalmarkt einen immer größeren Beitrag zum modernen “Bauernlegen” leistet – also “Investitionen” in den Faktor Boden. “Land-Grabbing” gibt es nämlich auch in Deutschland – auch hier ist es im Wesentlichen “Rent-Grabbing”. Schließlich wird die landwirtschaftliche Fläche auch dadurch immer mehr verknappt, dass pro Tag ca. 70 Hektar Agrarland in Siedlungs- und Verkehrsfläche umgewandelt werden – dies bringt sowohl für Grundstückseigentümer als auch für die planungsverantwortlichen Kommunen höhere Einnahmen. So stirbt nach und nach die mittelständische konventionelle Landwirtschaft – von einer größeren Rolle der Biobauern kann man ohnehin nur träumen.
Und wie reagiert die Politik? Im Prinzip nicht anders als bei der parallel laufenden Entwicklung auf den Wohnungsmärkten: Nach dem Motto “ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt” (s. unseren Blogbeitrag “Pippi-Langstrumpf-Politik der GroKo: Mietpreisbremse und Bestellerprinzip” vom 28.2.2015) wird z.B. von der rot-grünen Landesregierung Niedersachsens wieder einmal über eine “Pachtpreisbremse” und Beschränkungen des Grundstücksverkehrs gesprochen. Dies ist eine weitere konzeptionell-intellektuelle Bankrotterklärung – diesmal im Agrarbereich.
“Fluchtursachen bekämpfen!” Dies ist die zentrale Forderung europäischer Spitzenpolitiker als Reaktion auf das Massensterben von Flüchtlingen im Mittelmeer – derselben Politiker, die diese Fluchtursachen zu verantworten haben. Was nämlich verschwiegen wird: Schuld an dem tausendfachen Tod ist auch die Handels- und Agrarpolitik der EU und Deutschlands, durch die hunderttausende Bauern und Fischer ihre Lebensgrundlage verloren haben. Statt hier eine Kehrtwende zu vollziehen, wird diese fatale Politik noch durch neue Handelsabkommen intensiviert, welche die Entwicklungsländer noch weiter an den Rand drängen werden. Hierzu s. die Reportage von Monitor (ARD, 30.04.):
“Wo eine Mine ist, da ist auch Korruption”. Fette Erträge, die die Aufwendungen der Rohstoffförderung weit übersteigen (auch, weil viele Kosten auf die Allgemeinheit und die Minenarbeiter abgewälzt werden): Das sind ökonomische Renten. Durch sie (nicht durch Zins und Zinseszins) wurden nicht nur die russischen, sondern auch die chinesischen Oligarchen in kurzer Zeit steinreich. Neben Immobilienspekulation ist ein weiteres Spielfeld eben die Ausbeutung von Rohstoffvorkommen. Die Jagd nach ökonomischen Renten ist eine wesentliche Triebfeder der Korruption, wie der Beitrag im Auslandsjournal vom 4. März eindrucksvoll illustriert:
Oder, einprägsamer formuliert: Rent seeking bedingt State capture. Dabei ist das Einparteiensystem in China wesentlich anfälliger als das westliche, auf Check and Balance of Power ausgerichtete politische System. Dies zeigt Hong Kong, das aus der Zeit der britischen Herrschaft heraus in Puncto Korruption vorbildlich war und nun um diesen Ruf zu kämpfen hat. Die auf Korruptionsbekämpfung ausgerichtete Politik von Premier Li Keqiang dient dabei nicht zuletzt auch dazu, missliebige Konkurrenten kalt zu stellen. Politische und wirtschaftliche Konkurrenten, die bei der Monopolisierung der Quellen des Reichtums durch wenige Clans lästig werden könnten.
Beim nun beginnenden Volkskongress dürfte es interessant werden: Li bezichtigte das chinesische Wirtschaftssystem zuvor der Ineffizienz. Auch die Korruption wird in diesem Zusammenhang – zu Recht – wieder angeprangert. Zudem steht das Finanzsystem auf wackligen Füßen, eine Vermögenspreisblase lastet wie eine dunkle Wolke über der chinesischen Volkswirtschaft und droht zu platzen. Die Wachstumsraten sinken. Im Vorfeld des Volkskongresses wurde bekannt, dass die chinesische Regierung auf mehr Umweltschutz und mehr Militär setzt. Ein Programm mit keynesianischen Zügen – das Aufrüstungsprogramm ist wohl auch als Kind der jüngst wieder neu entbrannten Konflikte um Bodenschätze (mit Vietnam und Japan) sowie den Einkreisungsängsten Chinas gegenüber den USA zu verstehen (deren Einfluss oder direkte Militärpräsenz reicht von zentralasiatischen Staaten über Afghanistan bis Pakistan, Indien, Thailand, Vietnam, die Philippinen, Südkorea und Japan). Immer wieder spannend ist auch, ob China am bisherigen System des formalen Eigentums des Staates am städtischen Grund und Boden festhält (die Bodenrenten können ja heute schon privatisiert werden), und ob das kollektive System des Eigentums an landwirtschaftlich genutzten Flächen noch weiter durch industriell bewirtschafteten Großgrundbesitz nach westlichem Muster ersetzt wird. Werden für ein Fünftel der Menschheit Weichen neu gestellt? Die kommenden Tage dürften spannend werden.
Source: M. Franz, P. Müller (2015): Foreign Direct Investment in Agri-Food Networks in India and Sub-Saharan Africa, Marburg; Germany. The whole report can be downloaded here.
Die landwirtschaftliche Nutzfläche in Deutschland geht permanent zurück. Zusammen mit der Tendenz zu immer größeren landwirtschaftlichen Betrieben steigt die Konkurrenz um den knappen Produktionsfaktor Boden. Die Kaufpreise für landwirtschaftliche Nutzflächen stiegen von 2000 bis 2013 nach Angaben des Statistischen Bundesamtes um 80 Prozent.
Silke Hüttel, Martin Odening und Vanessa von Schlippenbach gehen im DIW Wochenbericht (82 / 2015, 3, S. 37-43):
der Frage nach, ob diese Entwicklung Folge einer verbesserten Ertragslage in der Landwirtschaft ist, oder ob das Engagement nichtlandwirtschaftlicher Investoren die Bodenpreise in die Höhe treibt und zu spekulativen Blasen führt.
Ihrer Auffassung nach liegen Belege für einen signifikanten preistreibenden Einfluss nichtlandwirtschaftlicher Investoren oder Anzeichen einer spekulativen Blase bislang jedoch nicht vor.