Tag Archives: Korruption

China: Die fetten Jahre sind vorbei

Dirk Löhr

“Wo eine Mine ist, da ist auch Korruption”. Fette Erträge, die die Aufwendungen der Rohstoffförderung weit übersteigen (auch, weil viele Kosten auf die Allgemeinheit und die Minenarbeiter abgewälzt werden): Das sind ökonomische Renten. Durch sie (nicht durch Zins und Zinseszins) wurden nicht nur die russischen, sondern auch die chinesischen Oligarchen in kurzer Zeit steinreich. Neben Immobilienspekulation ist ein weiteres Spielfeld eben die Ausbeutung von Rohstoffvorkommen. Die Jagd nach ökonomischen Renten ist eine wesentliche Triebfeder der Korruption, wie  der Beitrag im Auslandsjournal vom 4. März eindrucksvoll illustriert:

Die fetten Jahre sind vorbei (bitte klicken)

Oder, einprägsamer formuliert: Rent seeking bedingt State capture. Dabei ist das Einparteiensystem in China wesentlich anfälliger als das westliche, auf Check and Balance of Power ausgerichtete politische System. Dies zeigt Hong Kong, das aus der Zeit der britischen Herrschaft heraus in Puncto Korruption vorbildlich war und nun um diesen Ruf zu kämpfen hat. Die auf Korruptionsbekämpfung ausgerichtete Politik von Premier Li Keqiang dient dabei nicht zuletzt auch dazu, missliebige Konkurrenten kalt zu stellen. Politische und wirtschaftliche Konkurrenten, die bei der Monopolisierung der Quellen des Reichtums durch wenige Clans lästig werden könnten.

Beim nun beginnenden Volkskongress dürfte es interessant werden: Li bezichtigte das chinesische Wirtschaftssystem zuvor der Ineffizienz. Auch die Korruption wird in diesem Zusammenhang – zu Recht – wieder angeprangert. Zudem steht das Finanzsystem auf wackligen Füßen, eine Vermögenspreisblase lastet wie eine dunkle Wolke über der chinesischen Volkswirtschaft und droht zu platzen. Die Wachstumsraten sinken. Im Vorfeld des Volkskongresses wurde bekannt, dass die chinesische Regierung auf mehr Umweltschutz und mehr Militär setzt. Ein Programm mit keynesianischen Zügen – das Aufrüstungsprogramm ist wohl auch als Kind der jüngst wieder neu entbrannten Konflikte um Bodenschätze (mit Vietnam und Japan) sowie den Einkreisungsängsten Chinas gegenüber den USA zu verstehen (deren Einfluss oder direkte Militärpräsenz reicht von zentralasiatischen Staaten über Afghanistan bis Pakistan, Indien, Thailand, Vietnam, die Philippinen, Südkorea und Japan).  Immer wieder spannend ist auch, ob China am bisherigen System des formalen Eigentums des Staates am städtischen Grund und Boden festhält (die Bodenrenten können ja heute schon privatisiert werden), und ob das kollektive System des Eigentums an landwirtschaftlich genutzten Flächen noch weiter durch industriell bewirtschafteten Großgrundbesitz nach westlichem Muster ersetzt wird. Werden für ein Fünftel der Menschheit Weichen neu gestellt? Die kommenden Tage dürften spannend werden.

 

Atomskandal (ARD, Monitor): Den Bock zum Gärtner gemacht

Dirk Löhr

Neue Monitor-Recherchen (ARD) belegen, wie tief die frühere Bundesregierung in einen neuen Atomskandal verstrickt ist: Die Abschaltung wurde im zuständigen Ministerium von einem Abteilungsleiter im Umweltministerium (unter Norbert Röttgen) verfügt, der zuvor als Lobbyist in der Energiewirtschaft tätig war.

Bananenrepublik

Offensichtlich wurde die Abschaltung bewusst in rechtlicher Hinsicht unhaltbar verfügt, um so den Atomkonzernen den Weg für ihre späteren Millionenklagen  zu ebnen. Mit dem betreffenden Abteilungsleiter wurde also der Bock zum Gärtner gemacht. Nicht untypisch für einen Staat, der von starken Partikularinteressen durchsetzt ist, die von der Politik zu Lasten der schwach Organisierten Allgemeinheit exekutiert werden – in diesem Falle einmal mehr der Steuerzahler. Der Bock im Umweltministerium stellte bewusst die eigenen zuständigen Fachabteilungen kalt und ignorierte die rechtlichen und finanziellen Risiken. Im Einzelnen siehe hierzu die Monitor-Reportage (ARD) vom 05.02.2015:

Atomskandal: Wie die Politik den Atomkonzernen den Weg zu Millionenklagen geebnet hat (bitte klicken)

Es ist ein Unding, dass Lobbyisten einen dermaßen ungehinderten Zugang zu den politischen Entscheidungsträgern haben. Beispielsweise existieren mehr als 2.000 Hausausweise für Lobbyisten im Deutschen Bundestag – das ist mehr als das dreifache der Anzahl der Parlamentarier. Nötig wäre eine Bannmeile – für Lobbyisten. Es ist legitim, dass wirtschaftliche Interessen an die Politik herangetragen werden dürfen, dies aber bitte in einem auch für die Öffentlichkeit transparenten Verfahren – was derzeit nicht geschieht. Das hat den Geruch “weißer Korruption”. Und jegliche Grenzen werden überschritten, wenn wie im geschilderten Fall des zuständigen Abteilungsleiters die betreffende Industrie sich faktisch selbst beaufsichtigt. Dies trägt alle Züge einer Bananenrepublik.

Der Ausverkauf des Staates an gut organisierte Partikularinteressen ist im Übrigen von der Farbe der jeweiligen Partei ziemlich unabhängig. Schon unter der Regierung Schröder wurde ein “Personalaustauschprogramm Seitenwechsel” in die Wege geleitet, mit der die Bananisierung der Republik über von privater Seite entsandte und finanzierte Mitarbeiter in Verwaltung und Ministerien einen Schub erfuhr.

Und selbst die Grünen erliegen der Versuchung. So hatte Monitor schon in seiner letzten Ausgabe aufgedeckt, wie ein von RWE bestellter Brief des hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier dazu beigetragen hat, dass die Atomkonzerne fast 900 Milliarden Euro Schadenersatz wegen der vorübergehenden Stilllegung der sieben ältesten Atomkraftwerke nach der Atomkatastrophe in Fukushima von Bund und Ländern fordern. Und natürlich schließt sich der grüne Koalitionspartner in Hessen der Kritik an Bouffier nicht an – Machterhalt ist schließlich wichtiger als Prinzipien.

Etwas ist mächtig faul im Staate Deutschland.

 

Ukraine: Jazenjuks Gruselkabinett

Dirk Löhr

Dank Präsident Petro Poroschenko erhalten demnächst drei Ausländer Schlüsselpositionen in der Ukraine. So wurden im Eilverfahren drei Ausländer eingebürgt und zu Ministern ernannt.

Je röter, umso korrupter ... (Quelle: Transparency International)
Je röter, umso korrupter … (Quelle: Transparency International)

Die US-Amerikanerin Natalia Jaresko (Finanzen) sowie der Georgier Alexander Kwitaschwili (Gesundheit) und der Litauer Aivaras Abromavicius (Wirtschaft) erhielten per Präsidentendekret die Staatsbürgerschaft der Ex-Sowjetrepublik, wie das Büro von Petro Poroschenko am Dienstag in Kiew mitteilte. Delikat ist der Hintergrund der designierten Minister:

  • Natalia Jaresko (49) soll Finanzministerin werden. Die US-Amerikanerin ukrainischer Abstammung lebt seit den 90er-Jahren in der Ukraine und leitete u.a. die Wirtschaftsabteilung der US-Botschaft in Kiew. Sie ist Miteigentümerin und CEO der US-Investmentfirma „Horizon Capital“ (o.V. / Die Welt 2014). U.a. war dachte sie im Kontext des sog. „Ukrainian Investment Forum“ über Privatisierungen in der Ukraine nach.
  • Den Posten des Wirtschaftsministers soll der Litauer Aivaras Abromavicius (38) erhalten, der ebenfalls seit mehreren Jahren in der Ukraine wohnt. Er ist Seniorpartner der schwedischen Investmentfirma “East Capital” AB, die offenbar gute Beziehungen in die USA pflegen (www.eastcapital.com).
  • Als Gesundheitsminister ist der Georgier Alexander Kwitaschwili (44) vorgesehen, der bereits unter Saakashvilli (der u.a. in 2008 den Krieg in Südossetien angezettelt hatte) in Georgien Gesundheitsminister und Minister für Soziales war. Auch Kwitaschwili wird sowohl eine heftige Abneigung gegen Russland und intensive Beziehungen zum US-amerikanischen Außenministerium nachgesagt.

Offensichtlich gab es hinsichtlich der neuen Minister einen Deal zwischen dem Präsidenten und dem Ministerpräsidenten, zumal laut Verfassung der Ukraine der Präsident für Sicherheits- und Außenpolitik, der Regierungschef für die Wirtschaft verantwortlich ist (Jeglinski 2014) .

Schließlich wurde auch noch ein neues Ministerium für Informationspolitik („Wahrheitsministerium“) geschaffen, von dem befürchtet wird, es werde eine Art Propagandaministerium (Kim 2014).

Die Neubesetzungen können freundlich als frische Besen interpretiert werden, die das Land von der grassierenden Korruption säubern sollen. Im Korruptionsindex 2014, der soeben von Transparency International veröffentlicht wurde, ist die Ukraine Schlusslicht in Europa; hinter dem Kosovo, Albanien und Russland.

Weniger freundlich kann man die Neubesetzungen auch als Marionetten Washingtons deuten. Die neuen Personalien dürften die russischen Einkreisungsängste nicht gerade mindern.

Auch die Nähe der neuen Regierungsmitlieder zu klassischen Rent Grabbern (netter ausgedrückt: “Investment-Fonds”) lässt nichts Gutes erhoffen. Damit reihen sich die ausländischen Kabinettsmitglieder allerdings in den ukrainischen Ministerbestand nahtlos ein. Igor Schewtschenko zum Beispiel, Minister für Ökologie und Naturressourcen, hat in Italien Europarecht studiert und ist Rechtsanwalt und Gründer von Shevchenko Asset Management. Andrej Piwowarski hat die Fletcher School of Law and Diplomacy in Boston absolviert und war bis zu seiner Ernennung zum Infrastrukturminister Generaldirektor der Kontinium Group, einer industriellen Holding. Der neue Landwirtschaftsminister Oleksej Pawlenko hat in den Niederlanden studiert und ist Partner bei Pharus Assets Management (Kim 2014). Der Ausverkauf der Ukraine –einst mit Leuten wie wie Julia Timoschenko gestartet – dürfte somit personell abgesichert sein. Wo ökonomische Renten privatisiert werden, wird regelmäßig Tür und Tor für Korruption geöffnet. Die oben angesprochene freundliche Interpretation der Personalien – neue Besen gegen Korruption – ist also im besten Falle äußerst naiv, wenn nicht sogar schizophren.

 

Mehr Informationen

Jeglinski, N. (2014): Vom Ausländer zum Minister, in: Handelsblatt vom 4.12. Online: http://www.handelsblatt.com/politik/international/regierungsbildung-in-kiew-abgeschlossen-vom-auslaender-zum-minister-seite-all/11063544-all.html

Kim, L. (2014): Jazenjuks schräges Krisenkabinett, in: ZeitOnline vom 3.12. Online: http://www.zeit.de/politik/ausland/2014-12/ukraine-neues-kabinett-auslaender-informationsministerium

o.V. / Die Welt (2014): Drei Ausländer regieren jetzt in Kiew mit, in: Die Welt vom 4.12. Online: http://www.welt.de/politik/ausland/article134991182/Drei-Auslaender-regieren-jetzt-in-Kiew-mit.html

Korrupte Weltgesundheitsorganisation

Dirk Löhr

Manchmal ist die Weltgesundheitsorganisation (World Health Organisation, WHO) schnell. Sehr schnell. Zu schnell. Da wird in Windeseile eine eigentlich gut beherrschbare Schweinegrippe zur globalen Pandemie der höchsten Warnstufe ausgerufen. Wie gut, wenn dann ein Pharmakonzern GlaxoSmithKline den passenden Impfstoff gerade im Schrank hat, der dann von den Regierungen dieser Welt in Massen gekauft wird. Gekauft wurden offenbar auch die zuständigen “Wissenschaftler” der WHO – aber von der Pharmaindustrie (vgl. Briseno 2009).

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Die Pflichtbeiträge der Staaten reichen für eine angemessene Finanzierung der WHO hinten und vorne nicht aus. Daher wurde der Pharmaindustrie eine Public Private Health-Partnerschaft angeboten, die diese mit Freuden annahm. Das Ergebnis: Seit 2001 hängt die WHO zunehmend mit ihren Finanzen am Tropf der Pharmaindustrie – derzeit werden ca. 75 % ihres Budgets von ca. 4 Mrd. US-Dollar durch “freiwillige Beiträge” aufgebracht. Und dies nicht aus purem Altruismus. Die edlen Spender möchten natürlich bei der Verwendung der Mittel mitreden.

Der Beitrag von Frontal 21 (ZDF) vom 21.10.2014

Zu spät und zu wenig – WHO versagt bei Ebola (bitte klicken)

illustriert diese Zusammenhänge eindrucksvoll.

Vor diesem Hintergrund erklärt sich auch, warum die WHO angesichts des jüngsten Ausbruchs von Ebola erstaunlich langsam und zögerlich war. Deutlicher: Die WHO hat versagt.

Warum der Tiefschlaf der Organisation? Die Pharmariesen haben hier kein Interesse – sie haben nichts zu verkaufen. Arme-Leute-Krankheiten interessieren sie nicht. Einen erheblichen Anteil hieran hat das internationale Patentrecht: Es verschafft Monopolpositionen und Monopolrenten in lukrativen Märkten. Dementsprechend werden die Ressourcen der Pharmaindustrie in Lifestyle-Medikamente und Medikamente zur Bekämpfung von Wohlstandskrankheiten gesteckt – Killer wie Ebola, TBC oder Schistosomiasis kommen weitgehend ungeschoren davon (s. unseren Beitrag “Ebola: Die eigentliche Seuche“).

Um das Vertrauen in die WHO wieder herzustellen, sollte zunächst ihre Neutralität wieder hergestellt werden. Dies geht nur über eine wesentliche Erhöhung der Pflichtbeiträge der Staaten und die Abkopplung von den Finanzmitteln der Industrie. Die WHO sollte finanziell in die Lage versetzt werden, auch ärmeren Staaten bei akuten Seuchenausbrüchen unter die Arme zu greifen. Dies ist durchaus auch im Interesse der wohlhabenden Staaten, wie die Angst vor dem Überschwappen der Seuche zeigt.

Die zweite Baustelle ist die der geistigen Eigentumsrechte. Das gegenwärtige Anreizsystem der Patente ist weder effizient noch effektiv (Löhr 2013). Sinnvoll wäre die Erstellung eines internationalen Patentpools (wenigstens für Medikamente), der von der WHO verwaltet werden könnte. Nur so kann der dringend notwendige Schub bei der Entwicklung von “Arme-Leute-Medikamente” angereizt werden.

 

Mehr Informationen:

Briseno, C. (2010): Schweinegrippe-Pandemie: Wie die WHO das Vertrauen der Verbraucher verseucht, in: Spiegel Online vom 09.06. Online: http://www.spiegel.de/wissenschaft/medizin/schweinegrippe-pandemie-wie-die-who-das-vertrauen-der-verbraucher-verseucht-a-699427.html

Löhr, D. (2013): Prinzip Rentenökonomie – wenn Eigentum zu Diebstahl wird, Marburg. Online: http://www.metropolis-verlag.de/Prinzip-Rentenoekonomie/1013/book.do

… und täglich grüßt das Murmeltier: Der Fall Dirk Niebel

Dirk Löhr

“Gestern” Pofalla (s. dazu den Blogartikel: “Ronald Pofalla: Schwungvoll durch die Drehtür der Korruption“), heute Niebel. Abermals dreht sich die Tür zwischen Wirtschaft und Politik. Diesmal ist es Dirk Niebel, der vom kommenden Jahr an Cheflobbyist des Rüstungskonzerns Rheinmetall werden wird und einer langen Reihe von Kollegen folgt, die Anschlussverwendung in der Wirtschaft gefunden haben. Bevor der ehemalige Entwicklungshilfeminister in die Wirtschaft wechselt, werden somit mehr als ein Jahr verstrichen sein – gemessen an diversen Kollegen ist dies zumindest noch eine gewisse Karenzzeit. Andererseits wurde die Anschlussverwendung offenbar deutlich davor ausgepokert – vielleicht schon während seiner Amtszeit? Wie hatte Niebel in der schwarz-gelben Regierung gestimmt, als diese über den Bundessicherheitsrat die Genehmigung für eine komplette Fabrik zum Bau von Panzern des Typs Fuchs 2 nach Algerien erteilte? Das Gremium tagt geheim, die Öffentlichkeit wird es nicht erfahren. Ebenso wenig, inwieweit Niebel bei diesen und anderen Entscheidungen als Minister dem Wählerwillen Ausdruck verliehen hat – oder etwa dem Willen einer finanz- und durchsetzungsstarken Lobby. In seinem Amt als Entwicklungshilfeminister war Niebel ja bekannt dafür, wie sehr er wirtschaftliche Interessen in die Entwicklungszusammenarbeit einfließen ließ. Die Linke möchte den Drehtürwechsel von Ministern in die Wirtschaft nun gesetzlich verbieten. Das ist gut so, reicht aber nicht aus (und wird im Übrigen auch nicht durchkommen). Lobbyismus – und damit auch die künftige Tätigkeit von Dirk Niebel – muss, wenn er außerhalb genau geregelter, öffentlich zugänglicher Anhörungsverfahren erfolgt, kriminalisiert werden. Es bedarf einer Bannmeile um die Regierung, um die schleichende Infiltration des Staates durch Lobbyisten einzudämmen. Natürlich ist auch dies nicht genug – solange ökonomische und politische Renten auf Kosten der Allgemeinheit privatisiert werden können.

Ronald Pofalla: Schwungvoll durch die Drehtür der Korruption

Dirk Löhr

Ab Anfang kommenden Jahres wird der ehemalige Kanzleramtsminister Ronald Pofalla Generalbevollmächtigter der Deutschen Bahn für politische und internationale Beziehungen. Pofalla wird die eigens für ihn geschaffene Abteilung Wirtschaft, Politik und Regulierung der Bahn leiten. Hierbei wird er für die internationalen Beziehungen zuständig, ein Schwerpunkt sei die EU in Brüssel. Auf gut deutsch: Es geht um Lobbying (ein netter Anglizismus für die außerdemokratische Einflussnahme durch mächtige Sonderinteressen). Das – obwohl noch in Staatshand – seit der Bahnreform erwerbswirtschaftlich agierende Unternehmen Deutsche Bahn AG möchte über Pofalla die Gesetzgebung auf europäischer Ebene beeinflussen. Pofalla berichtet direkt an Bahn-Chef Rüdiger Grube. Später soll er in den Vorstand der Deutschen Bahn aufrücken – Pofalla, ein Mann, der anscheinend alles kann.

Nicht alle sind glücklich hiermit. Anton Hofreiter, Fraktionschef der Grünen im Bundestag, sprach Klartext: Es geht um eine “nachgelagerte Belohnung für Entscheidungen, die er als Kanzleramtsminister getroffen hat”. Weniger verschwurbelt könnte man dies auch als Korruption bezeichnen. So habe Pofalla als Kanzleramtsminister beim vierten EU-Eisenbahnpaket die Schaffung von mehr Transparenz mit verhindert. Beim Eisenbahn-Regulierungsgesetz habe er sich einer stärkeren Kontrolle der Bahn in den Weg gestellt. Schließlich habe er auch eine ganze Reihe weiterer Einzelentscheidungen zugunsten der DB-AG, zum Teil des Vorstands, getroffen.

Um es klar zu stellen: Es ist nicht nur Ronald Pofalla. Die Sache hat System. Durch dieselben Revolving Doors sind Joschka Fischer, Gerhard Schröder, Wolfgang Clement, Günter Verheugen, Roland Koch etc. etc. gegangen – als Dank dafür, dass sie eine Politik von „Eliten“ für „Eliten“ und gegen ihre Wähler gemacht haben. Offiziell heißt dieses System „Demokratie“ – in diesem Blog bezeichnen wir es weniger griffig als „Rent Seeking“ und „State Capture“.