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… und täglich grüßt das Murmeltier: Der Fall Dirk Niebel

Dirk Löhr

“Gestern” Pofalla (s. dazu den Blogartikel: “Ronald Pofalla: Schwungvoll durch die Drehtür der Korruption“), heute Niebel. Abermals dreht sich die Tür zwischen Wirtschaft und Politik. Diesmal ist es Dirk Niebel, der vom kommenden Jahr an Cheflobbyist des Rüstungskonzerns Rheinmetall werden wird und einer langen Reihe von Kollegen folgt, die Anschlussverwendung in der Wirtschaft gefunden haben. Bevor der ehemalige Entwicklungshilfeminister in die Wirtschaft wechselt, werden somit mehr als ein Jahr verstrichen sein – gemessen an diversen Kollegen ist dies zumindest noch eine gewisse Karenzzeit. Andererseits wurde die Anschlussverwendung offenbar deutlich davor ausgepokert – vielleicht schon während seiner Amtszeit? Wie hatte Niebel in der schwarz-gelben Regierung gestimmt, als diese über den Bundessicherheitsrat die Genehmigung für eine komplette Fabrik zum Bau von Panzern des Typs Fuchs 2 nach Algerien erteilte? Das Gremium tagt geheim, die Öffentlichkeit wird es nicht erfahren. Ebenso wenig, inwieweit Niebel bei diesen und anderen Entscheidungen als Minister dem Wählerwillen Ausdruck verliehen hat – oder etwa dem Willen einer finanz- und durchsetzungsstarken Lobby. In seinem Amt als Entwicklungshilfeminister war Niebel ja bekannt dafür, wie sehr er wirtschaftliche Interessen in die Entwicklungszusammenarbeit einfließen ließ. Die Linke möchte den Drehtürwechsel von Ministern in die Wirtschaft nun gesetzlich verbieten. Das ist gut so, reicht aber nicht aus (und wird im Übrigen auch nicht durchkommen). Lobbyismus – und damit auch die künftige Tätigkeit von Dirk Niebel – muss, wenn er außerhalb genau geregelter, öffentlich zugänglicher Anhörungsverfahren erfolgt, kriminalisiert werden. Es bedarf einer Bannmeile um die Regierung, um die schleichende Infiltration des Staates durch Lobbyisten einzudämmen. Natürlich ist auch dies nicht genug – solange ökonomische und politische Renten auf Kosten der Allgemeinheit privatisiert werden können.

Ronald Pofalla: Schwungvoll durch die Drehtür der Korruption

Dirk Löhr

Ab Anfang kommenden Jahres wird der ehemalige Kanzleramtsminister Ronald Pofalla Generalbevollmächtigter der Deutschen Bahn für politische und internationale Beziehungen. Pofalla wird die eigens für ihn geschaffene Abteilung Wirtschaft, Politik und Regulierung der Bahn leiten. Hierbei wird er für die internationalen Beziehungen zuständig, ein Schwerpunkt sei die EU in Brüssel. Auf gut deutsch: Es geht um Lobbying (ein netter Anglizismus für die außerdemokratische Einflussnahme durch mächtige Sonderinteressen). Das – obwohl noch in Staatshand – seit der Bahnreform erwerbswirtschaftlich agierende Unternehmen Deutsche Bahn AG möchte über Pofalla die Gesetzgebung auf europäischer Ebene beeinflussen. Pofalla berichtet direkt an Bahn-Chef Rüdiger Grube. Später soll er in den Vorstand der Deutschen Bahn aufrücken – Pofalla, ein Mann, der anscheinend alles kann.

Nicht alle sind glücklich hiermit. Anton Hofreiter, Fraktionschef der Grünen im Bundestag, sprach Klartext: Es geht um eine “nachgelagerte Belohnung für Entscheidungen, die er als Kanzleramtsminister getroffen hat”. Weniger verschwurbelt könnte man dies auch als Korruption bezeichnen. So habe Pofalla als Kanzleramtsminister beim vierten EU-Eisenbahnpaket die Schaffung von mehr Transparenz mit verhindert. Beim Eisenbahn-Regulierungsgesetz habe er sich einer stärkeren Kontrolle der Bahn in den Weg gestellt. Schließlich habe er auch eine ganze Reihe weiterer Einzelentscheidungen zugunsten der DB-AG, zum Teil des Vorstands, getroffen.

Um es klar zu stellen: Es ist nicht nur Ronald Pofalla. Die Sache hat System. Durch dieselben Revolving Doors sind Joschka Fischer, Gerhard Schröder, Wolfgang Clement, Günter Verheugen, Roland Koch etc. etc. gegangen – als Dank dafür, dass sie eine Politik von „Eliten“ für „Eliten“ und gegen ihre Wähler gemacht haben. Offiziell heißt dieses System „Demokratie“ – in diesem Blog bezeichnen wir es weniger griffig als „Rent Seeking“ und „State Capture“.