Am 3. Februar meldete Gabor Steingart in seinem Briefing:
“Die Rekordgeschichte der Energiekonzerne geht weiter: Für Shell war 2022 das beste Geschäftsjahr aller Zeiten. Der Gewinn kletterte auf 40 Milliarden Dollar – eine Verdopplung gegenüber dem Vorjahr.
Grund dafür sind vor allem die rasant gestiegenen Gaspreise infolge des Krieges in der Ukraine. Shell ist der weltweit größte Händler von Flüssiggas. Im vergangenen Quartal war die Gassparte des Konzerns für fast zwei Drittel des Gewinns verantwortlich.
Vor allem die Shell-Aktionäre dürfen sich freuen: Der Konzern will die Dividende um 15 Prozent steigern, 2022 wurden insgesamt rund 26 Milliarden Dollar an die Anteilseigner ausgeschüttet. In den kommenden Monaten wird Shell außerdem Aktien im Wert von vier Milliarden Dollar zurückkaufen.”
Der Grund hierfür dürfte das Upstream-Geschäft sein: Shell bewirtschaftet (wie seine engeren Mitbewerber) eigene Ölquellen. Der Preis des Öls wird durch den Grenzanbieter bestimmt (der gerade noch auf seine Kosten kommt – und bei denen es sich nicht zuletzt um US-amerikanische Rohstoffunternehmen handelt). Ist das Öl in den eigenen Quellen günstiger zu fördern als das der Grenzanbieter, entsteht ein Kostenvorteil – die Ölrente. Insbesondere dann, wenn – wie im letzten Jahr – der Weltmarktpreis knappheitsbedingt eine ansehnliche Höhe erreicht, kommt dies dem Upstream-Geschäft zugute.
Dieses wird dann deutlich wichtiger als das Downstream-Geschäft, v.a. die Raffinierung von Rohölprodukten. Die für die Verbraucher so augenscheinlichen Tankstellen sind für die Mineralölkonzerne eher aus strategischen Gründen (Marktabdeckung), aber kaum wegen ihrer Erträge interessant.
Die Zahlen von Shell illustrieren eindrucksvoll, dass die Energiewende derzeit keineswegs in die gewünschte Richtung verläuft – eher kann man von einer Renaissance der fossilen Energieträger sprechen.
Der Gewinn von Shell sorgte bei Unmut bei den Kritikern. So demonstrierte Greenpeace am 2. Februar vor dem Shell-Firmensitz in London. Die britische Labour-Party forderte erneut eine Übergewinnsteuer (hierzu s. den Blogbeitrag vom 15.01.2023). Denn Shell hat im vergangenen Jahr lediglich 900 Millionen Dollar an Steuern an den britischen Fiskus abgeführt.
Nicht häufig gibt es die Chance, eine Ministerin oder einen Minister zu loben. Bei Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) ist aber Lob angebracht.
Bundesumweltministerin Svenja Schulze
Sie hat sich ein weitreichendes und weitsichtiges Konzept zu Eigen gemacht: Die Besteuerung von CO2 und deren Rückverteilung an die Bürger. Eine durch den Konsum verursachte durchschnittliche CO2-Belastung würde dazu führen, dass sich Steuerzahlungen und Rückverteilung kompensieren – die betreffenden Bürger würden so stehen wie ohne ein diesbezügliches Regime. Eine überdurchschnittliche Belastung führt dazu, dass die Steuerzahlung die Rückverteilung übersteigt. Der wirtschaftlich potente Porsche-Fahrer soll seinem Hobby zwar weiter nachgehen können, aber auch dafür bezahlen, dass er die Konsummöglichkeiten seiner Mitmenschen einengt. Der Hartz 4-Empfänger, der sich eben keinen Porsche leisten kann, bekommt im Regelfall mehr zurück, als er an Steuern bezahlt. “Effizient” und “sozial” müssen keine Antagonismen sein, wenn man es intelligent angeht. Zwar gilt es noch Detailprobleme zu lösen, auch ist der Vorschlag kein “Silver Bullet”, aber seine Realisierung wäre ein gewaltiger Schritt in die richtige Richtung. “Wäre …” – denn wieder einmal, wie auch bei der Bodenwertsteuer, stellt sich der visionslose, ewig gestrige Bremser vom Dienst quer: Olaf Scholz (SPD) kann dem Vorschlag seiner Parteifreundin Schulze genauso wenig abgewinnen wie Kanzlerin Angela Merkel (CDU).
Der Beitrag erscheint im Vorfeld der Urteilsverkündung des Bundesverfassungsgericht zu den derzeitigen Bewertungsgrundlagen der Grundsteuer. Diese werden voraussichtlich als verfassungswidrig verworfen.
Dann heißt es: Weiter so? Oder eine grundlegende Reform – weg von der Besteuerung von Verbrauch, Arbeit und produktiven Investitionen – hin zu einer stärkeren Besteuerung der Nutzung von Land und Natur!
Besteuerung der Nutzung von Land und Natur, anstatt von Arbeit und Kapital (ohnehin gering besteuert)! Am Mittwoch, den 1.11.2017, findet anlässlich des 120. Todestags von Henry George eine Fachtagung von 14.00 bis 18.30 Uhr im ExRotaprint-Gelände in Berlin-Wedding statt.
Der US-amerikanische Ökonom und Bodenreformer hat zu seinen Lebzeiten die Bodenwertsteuer in den USA und in vielen anderen Ländern populär gemacht. Zum Programm.
Die Teilnahme an der Tagung ist unentgeltlich. Anmeldungen sind noch bis Ende der Woche möglich (Kontakt: s. Programm).
Nun wachen auch die bayerischen Städte und Gemeinden auf: Ca. 200.000 Grundstücke werden im Freistaat offenbar gehortet; in Zeiten niedriger Zinsen wird das Geld in ungenutzte Grundstücke gesteckt, um so Wertsteigerungen zu generieren (s. hierzu den Beitrag von BR 24.de).
Was für den individuellen Grundstückseigentümer schön ist, entpuppt sich für die betreffenden Gemeinden als Belastung: Sie müssen mit hohem Einsatz von Steuermitteln immer mehr Fläche ausweichen und die Zersiedelung vorantreiben, um die Wohnbedürfnisse noch befriedigen zu können. So wird nun im bayerischen Gemeindetag die Wiedereinführung einer Baulandsteuer auf ungenutzte Grundstücke diskutiert (s. den Bericht vom 1.2.1017). Indessen: So etwas gab es schon einmal zu Beginn der 60er Jahre. Die Baulandsteuer wurde aus guten Gründen schnell wieder abgeschafft: Die Baulandsteuer ist streitbefangen, zumal oftmals nicht klar ist, wann genau ein Grundstück genutzt oder ungenutzt ist. Was ist z.B. mit einer Holzhütte (in dem ein armes altes Rentnerehepaar lebt)? Was mit einer Bauruine, die noch teilweise als Lagerschuppen genutzt wird? Generell soll ja nur die Nicht-Nutzung, nicht aber die ineffiziente Nutzung der Fläche steuerlich belastet werden. Auf ein geringfügig oder an nur wenigen Tagen genutztes bebautes Grundstück käme keine Sonderbelastung zu. Ein Nutzungsdruck kann so nur partiell entfaltet werden. Deswegen und weil wirtschaftliche Entscheidungen verzerrt werden, sind auch Ökonomen im Allgemeinen nicht gerade von der Baulandsteuer begeistert.Nicht von ungefähr wird die Baulandsteuer auch nicht von der Initiative “Grundsteuer: Zeitgemäß!” verfolgt.
All diese Probleme werden durch eine Bodenwertsteuer vermieden. Sie belastet alle Grundstücke entsprechend ihrer optimalen Verwendung, die sich im Bodenwert abbildet. Wer sein Grundstück suboptimal nutzen will, darf dies durchaus tun. Da er jedoch dieselben Leistungen von der Gemeinschaft erhält wie bei einer optimalen Verwendung, muss er jedoch auch dieselben Steuern zahlen. Wirtschaftliche Entscheidungen werden nicht verzerrt: Die Steuer ist unabhängig von seinen Handlungen immer dieselbe; der Grundstückseigentümer kann lediglich versuchen, durch eine optimale Nutzung des Grundstücks die Nettobelastung zu reduzieren. Streitereien bezüglich der Frage, ob und wann ein Grundstück genutzt ist, können nicht auftreten.
Sandhausen liegt südlich von Heidelberg und hat einen bekannten Fußball-Club; der SV Sandhausen spielt erfolgreich in der 2. Liga.
Jetzt hat der OB im Gemeinderat einen Beschluss herbeigeführt, der die Parkplatznot bekämpfen soll, von dem er nach dem Bericht der Rhein-Neckar-Zeitung vom 8.2.2017 (download) selbst sagte, es sei einen Versuch wert, ungeachtet der Frage, ob das ein Renner werde oder Gelächter an den Stammtischen auslöse.
Eckhard Behrens
Ordnungspolitisches Denken an die Stammtische zu bringen, ist das Anliegen meines nachfolgenden Leserbriefes an die Rhein-Neckar-Zeitung.
“Die Hoftor-Subvention in Sandhausen wird die Stammtische nicht nur dort beschäftigen. Damit das vom Oberbürgermeister befürchtete Gelächter nicht ausbleibt, hier ein paar Argumente zur Beflügelung der Diskussion.
Die Anlieger einer Straße haben keinen Anspruch auf einen Parkplatz am Straßenrand. Das zeigt schon die gesetzliche Pflicht, bei der Errichtung eines Gebäudes Stellplätze für die Bewohner und Besucher nachzuweisen. Wenn der OB von Sandhausen Zweifel an der ordnungsgemäßen Nutzung hat, sollte er kontrollieren lassen. Die Straße gehört nicht den Anliegern, sondern der Gemeinde. Sie benutzen fremdes Eigentum, wenn sie auf der Straße parken. Wenn sie dafür Miete zahlen müssten, würden sie auf ihren Privatgrundstücken parken. Es ist politisch grundfalsch, die Straßenanlieger mit Subventionen für Hoftore von den Parkplätzen am Straßenrand wegzulocken. Da sollte die Gemeinde das Geld besser in den Taschen der Bürger lassen, also ihre Steuern senken.
Das Interesse der Anlieger ist abzuwägen gegen das Interesse von Besuchern, die nur kurzfristig parken wollen. Dafür hat die Stadt Heidelberg die gute Lösung gefunden, dass die Besucher zwei Stunden unentgeltlich parken dürfen. Die Anlieger müssen als Dauerparker eine Jahresgebühr zahlen. Man sollte auch bedenken, dass die Besucher die Straße entlang der Grundstückszufahrt nicht als Parkplatz nutzen können. Dieser Teil der Straße steht dem Anlieger aus nachbarrechtlichen Gründen unentgeltlich zur Verfügung, damit er sein Grundstück überhaupt erreichen kann. Eine darüber hinausgehende Bevorzugung der Anlieger durch Subventionen kann nicht im öffentlichen Interesse sein, denn sie haben geradezu die Pflicht, auf ihrem Grundstück zu parken. Schließlich überwiegt das Interesse der Gemeinde an freien Besucherparkplätzen eindeutig das Interesse der Anleger an zusätzlichen Parkplätzen im öffentlichen Raum.”
Dieser Leserbrief kann selbstverständlich nicht erschöpfend sein. Daher noch ein paar Ergänzungen:
Ein Auto benötigt zum Parken eine Grundfläche von ca. 10 qm. Die Bodenpreise sind örtlich sehr verschieden, in den Bereichen knapper Parkplätze aber immer hoch. Die Herstellung der Straße hat auch viel Geld gekostet; zu diesen Herstellungskosten mussten die Anlieger kräftig beitragen; auch daher die unentgeltliche Nutzung der Grundstückszufahrt. – Wer dauernd nur auf der Straße parkt (Laternengarage), müsste eigentlich eine Miete zahlen und zwar nicht zu knapp, wenn man die örtliche Bodenrente und die Abschreibungs- und Unterhaltungskosten für die Straße in Rechnung stellt (die Verzinsung der Herstellungskosten ist ja neuerdings glücklicherweise zu vernachlässigen). In Heidelberg kostet die im Leserbrief erwähnte Anwohnerparkplakette ganze 35 € im Jahr. Das deckt nur die Verwaltungskosten der Bewirtschaftung des öffentlichen Parkraums, nicht aber die Bereitstellungskosten. Man kann davon ausgehen, dass ein Privatauto im Jahresdurchschnitt täglich max. eine Stunde fährt, aber 23 Stunden parkt – meistens unter einer Laternengarage nahe der Haustür.
Die Autofeinde unter den Umweltschützern haben immer noch nicht die Forderung erhoben, für die Laternengaragen angemessene Mieten zu verlangen. Wenn zu den Fixkosten eines Autos außer der Abschreibung für die Anschaffungskosten und den jährlichen Kfz-Steuer- und Kfz-Versicherungskosten noch Stellplatzkosten hinzukämen, würden viele Halter, die wenig fahren, auf ein eigenes Fahrzeug verzichten und Autos mieten, wenn der ÖPNV die Mobilitätsbedürfnisse nicht ausreichend abdeckt. In Japan wird kein Auto für den Straßenverkehr zugelassen, für das kein Stellplatz ausreichender Größe (aha, daher sind viele japanische Autos so klein!) nachgewiesen werden kann. Umweltschutz ist so einfach, wenn man marktwirtschaftlich und bodenpolitisch zu denken gelernt hat.
* Eckhard Behrens (* 1937, wohnhaft in Heidelberg), Jurist und Volkswirt, ist u.a. Mitglied im Vorstand des Seminars für freiheitliche Ordnung in Bad Boll; er war langjähriger Vorsitzender des Landesfachausschusses für Bildung und Wissenschaft in Baden-Württemberg und stellvertretender Vorsitzender des Bundesfachausschusses in der FDP.
Der syrische Bürgerkrieg: Ein Schauspiel um die religiösen Fehden zwischen fanatisierten Sunniten und Schiiten; den Oskar für den Schurken in der Nebenrolle erhält Putin. Der Westen spielt die Rolle des gleichermaßen aufrechten wie machtlosen weißen Ritters. Dieses Bild zeichnen in Eintracht zumindest die wichtigsten Medien hierzulande. Erfrischend anders sind die Darstellung von Robert F. Kennedy jr. Als Sohn von Bobby Kennedy und Neffe von John F. Kennedy zählt er wohl nicht gerade zur russischen Propagandamaschinerie. Kennedy sieht im Syrien-Konflikt nichts anderes als eine weitere Auseinandersetzung über die Kontrolle von Ressourcen. Zum download (englisch):
Der Artikel enthält auch eine Auseinandersetzung mit der Geschichte US-amerikanischer Militärinterventionen, die zu einem erheblichen Teil durch die Kontrolle über Rohstoffe motiviert waren.
Eine der wenigen deutschen Medien, die diese Sicht der Dinge aufgriffen, war ausgerechnet die Wirtschaftswoche. Weitere lesenswerte Berichte erschienen u.a. in Telepolis und den NachDenkSeiten. Interessant und informativ ist auch ein Telefoninterview von Dr. Daniele Ganser zu diesem Thema, der demnächst auch in Deutschland zu diesem Thema unterwegs ist. Das Interview wurde allerdings mit KenFM geführt, einer nicht unumstrittenen Quelle.
Dennoch darf die Frage gestellt werden, warum diese Perspektive nicht breiter in den „Qualitätsmedien“ hierzulande diskutiert wird. In einem Krieg stirbt halt offenbar zuerst die Wahrheit.
Die Titelgeschichte des aktuell im Verkauf befindlichen SPIEGEL (Nr. 33/2015 vom 08.08.2015 – Seiten 8 ff.) ist lesenswert wegen der vielen schlechten und guten Beispiele aus aller Welt, die wirklich lehrreich sind.
Eckhard Behrens
Es wird auch gezeigt, dass aus Ländern mit offensichtlich knappen Wasserreserven viele Güter exportiert werden, die unter Einsatz von viel Wasser hergestellt werden; solche Länder exportieren also noch Wasser in unglaublichen Mengen. Vielfach beschrieben wurde in letzter Zeit schon der Wassermangel in Kalifornien. Hier ist nun zu lesen, dass er durch eine geradezu groteske Wasser(un)ordnung selbst erzeugt ist. Der Klimawandel verschärft die Probleme nur.
Im nachfolgenden Leserbrief habe ich versucht, die Prinzipien kurz darzustellen, die das Seminar für freiheitliche Ordnung (Bad Boll) für den Umgang mit Naturressourcen entwickelt hat:
“Die gefährliche Vergeudung unseres kostbarsten Rohstoffs haben Sie mit Beispielen aus der ganzen Welt ebenso anschaulich geschildert wie Beispiele guten Managements von Staaten und Unternehmen. Ich bin Ihnen für Ihre gründlichen Recherchen sehr dankbar, vermisse jedoch eine Analyse des Standes der Volkswirtschaftslehre, deren Aufgabe ich darin sehe, Antworten auf Knappheitsfragen zu geben. Hat sie sich um diese Menschheitsfragen erfolgreich gekümmert?
Die Alternative „zügellose Privatisierung oder kommunale Daseinsvorsorge“ kann nicht befriedigen, denn Monopol bleibt Monopol. Zumindest werfen die großen Abweichungen bei kommunalen Wasserpreisen auch Fragen auf. Die Preiskontrolle durch Kartellbehörden bleibt eine ordnungspolitisch nur mäßig befriedigende Missbrauchsaufsicht. Und alle nationalen Regulierungen werden dem von Ihnen geschilderten Wasserexport in Produkten, die den Wasserverbrauch zu ihrer Herstellung kaum ahnen lassen, weltwirtschaftlich nicht gerecht.
Der ordnungspolitische Ausgangspunkt muss die ökologische Verantwortung der öffentlichen Hand für eine mengenmäßige Begrenzung der Nutzung der Wasserreserven auf ihre nachhaltige Erneuerungsmöglichkeit sein. Es darf kein privates Recht auf unbegrenzte Nutzung geben weder für Oberflächen- noch für Grundwasser – nirgendwo auf der Welt. Auch die Staaten untereinander müssen sich darauf verständigen, in welchem Staat welche Reserven in welchem Umfang wann genutzt werden dürfen. – Das ist nur der erste von drei gesamtwirtschaftlich, also volks- und weltwirtschaftlich notwendigen Schritten.
Der zweite ordnungspolitische Grundsatz, dem überall Geltung zu verschaffen ist, muss sein, dass jeder für die Benutzung der Wasserreserven denselben Preis bezahlen muss, wie jeder andere Nutzer derselben lokalen Quelle. Die Privilegien von Privateigentum an der Natur müssen rechtsstaatlich einwandfrei entsorgt werden. Ob ein Kalifornier Wasser trinkt, duscht, seinen Rasen wässert oder Mandeln und Rosinen für den Export produziert, darf beim Wasserpreis keinen Unterschied machen. Es wird spannend sein, wie lange sich die kalifornischen Wahlbürger die Privilegien ihrer Landwirte noch gefallen lassen werden. Der Preis soll für alle die Knappheit widerspiegeln und sie zu sparsamem Umgang mit dem Wasser anhalten. Wenn der Exportpreis von Agrarprodukten den Wasserpreis nicht deckt, werden die Herstellung und der Export unterbleiben. Soweit die Exportpreise die ehrlichen Wasserpreise decken, ist die Produktion von Agrarprodukten in Kalifornien auch für den Weltmarkt gerechtfertigt.
Der dritte ordnungspolitische Grundsatz realisiert das Menschenrecht auf Wasser, indem die Entgelte (Renten) für die Nutzungsrechte an den Wasserreserven in einen von einer UNO-Organisation verwalteten Pool abgeführt und zu gleichen Teilen an alle Menschen, die gerade auf dieser Erde leben, verteilt werden. Bei der Geburt und immer zum Geburtstag gibt es einen Teilhaberscheck. Dann kann jeder überall auf der Welt das Wasser, das er trinkt und für seine Hygiene braucht, bezahlen und vielleicht auch noch den Verzehr von ein paar wasserhaltigen Produkten aus Kalifornien, der ihm gegönnt sei – egal wo er wohnt.
Vielfach beschrieben wurde in letzter Zeit schon der Wassermangel in Kalifornien. Hier ist nun zu lesen, dass er durch eine geradezu groteske Wasser(un)ordnung selbst erzeugt ist. Der Klimawandel verschärft die Probleme nur.”
* Eckhard Behrens (* 1937, wohnhaft in Heidelberg), Jurist und Volkswirt, ist u.a. Mitglied im Vorstand des Seminars für freiheitliche Ordnung in Bad Boll; er war langjähriger Vorsitzender des Landesfachausschusses für Bildung und Wissenschaft in Baden-Württemberg und stellvertretender Vorsitzender des Bundesfachausschusses in der FDP.
Bald dürfte es soweit sein. Es ist umstritten, das Arktis-Projekt des britisch-niederländischen Energieriesen Royal Dutch Shell . Doch hat die US-Regierung dem Rohstoff-Giganten unter Auflagen gestattet, ab diesem Sommer im arktischen Ozean nach Öl und Gas zu bohren. Zwar fehlen noch weitere Zulassungen; allerdings galt die Zustimmung der US-Regierung als die größte Hürde.
Quelle: Greenaction.de
Das Zielgebiet von Shell befindet sich in der Tschuktschen-see, 113 Kilometer entfernt von dem Dorf Wainwright an der Nordwest-Küste Alaskas (RP-Online 2015). Dort will sie ab diesem Sommer in relativ flachem Wasser an bis zu sechs Stellen bohren. Dennoch: Die Tschuktschensee gilt als unberechenbar. Das Wetter dort ist extrem, die Wellen können bis zu 15 Meter hoch schlagen (o.V. / SpiegelOnline 2015). Die nächste Küstenwache, die auf einen möglichen Ölaustritt reagieren könnte, liegt tausend Kilometer entfernt. In dem Meer leben Grönlandwale, Walrosse und andere Meeressäuger. Die Folgen eines etwaigen Unfalls – so die Befürchtung von Umweltschützern – dürften weit schwerwiegender einzudämmen sein als nach der Explosion auf der “Deepwater Horizon”, die dem Shell-Konkurrenten BP gehörte. Damals kamen elf Menschen ums Leben, Hunderte Millionen Liter Öl flossen in den Golf von Mexiko und richteten massive Schäden an (o.V. / Spiegel Online 2015).
Quelle: Konsumpf.de
Dennoch: Für Shell-Vorstandschef Ben van Beurden ist die Okkupation der Unterwasser-Vorkommen eine Frage von unternehmens-strategischer Bedeutung. Auch wenn der Ölpreis derzeit niedrig ist, werden lieber andere Invesitionsvorhaben hintan gestellt. The rush is on.
Für die westlichen Staaten wiederum – darunter wohl auch für die US-Regierung – sind geostrategische Überlegungen bei der Frage nach dem “Ob”, “Wie” und “Wann” der Ausbeutung der arktischen Rohstoffquellen ausschlaggebend.
Nach Schätzungen des US Geological Survey könnten bis zu 90 Milliarden Barrel unentdecktes Öl in der Arktis lagern. Das sind 13 Prozent der noch nicht gefundenen Weltvorkommen (o.V. / ZeitOnline 2015). Hinzu kommen etwa 47 Billionen Kubikmeter Gas. Das entspräche etwa 30 Prozent der unentdeckten Vorkommen. Eine so große Rohstoffquelle zu erschließen, würde die Abhängigkeit von Gaslieferungen aus Russland senken. Derzeit beziehen die EU-Staaten etwa 30 Prozent ihrer Erdgas- und 35 Prozent ihrer Rohölimporte aus Russland (SZ.de / dpa 2015).
Egal, ob Ukraine, der Irak, Afghanistan etc. etc., es ist die ewige Wiederkehr des Gleichen: Rohstoffrenten (für die Energiekonzerne) und geostrategische Interessen (v.a. der die Konzerne stützenden Staaten).
Die seit 1996 unter dem damaligen Ministerpräsidenten Gerhard Schröder privatisierten Harzwasserwerke GmbH mit Sitz in Hildesheim ist der größte Wasserversorger in Niedersachsen und gehört zu den zehn größten Wasserversorgern Deutschlands.
Das Unternehmen scheint ein schönes Beispiel dafür zu sein, dass auch im Rahmen von privatisierten Unternehmen eine sozial verträgliche Preispolitik gemacht werden kann. Auf den ersten Blick zumindest. So berichtet die Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 24. Februar, S. 7, Ressort Wirtschaft:
“In der Wasserversorgung gibt es keinen Wettbewerb. Während die Kunden bei Strom und Gas zwischen Dutzenden Anbietern wählen dürfen, können sie ihre Wasserrechnung nur senken, indem sie weniger verbrauchen – und selbst das ist schwierig, weil die hohen Fixkosten dennoch zu bezahlen sind. Dass die Verbraucher dieses Monopol klaglos akzeptieren, liegt am scheinbar niedrigen Preis: Im Vergleich zu anderen Ausgabeposten belastet Wasser das Haushaltsbudget nur wenig. Das heißt aber nicht, dass sich mit diesem Rohstoff kein Geld verdienen lässt. Dass bestimmte Anbieter beachtliche Margen einfahren und andere sich immer noch ineffiziente Strukturen leisten, hat einen einfachen Grund: Sie sind an ihrem Lieferanten Harzwasserwerke beteiligt und können damit direkt ihre Einkaufskonditionen beeinflussen. Dafür akzeptieren sie eine niedrige Verzinsung ihres Investments.”
Ein wichtiger Teil der Kunden der Harzwasserwerke sind nämlich zugleich auch Gesellschafter (HKW GmbH Syke*25,10 % Avacon AG Helmstedt13,51 % swb AG Bremen*10,10 % Braunschweiger Versorgungs-AG*10,10 % EWE Vertrieb GmbH Oldenburg7,29 % Purena GmbH Wolfenbüttel*7,29 % Hamburger Wasserwerke7,29 % Stadtwerke Hannover*7,00 % Stadtwerke Göttingen*6,00 % Stadtwerke Hildesheim*3,67 % Stadtwerke Wolfsburg*2,65 %) und haben Interesse an einem niedrigen Wasserpreis. Über die künstlich niedrigen Kosten können nämlich sie selbst die ökonomischen Renten aus Wasser einstreichen, wenn sie die darauf basierenden Produkte zu marktgerechten Preisen verkaufen. Nur soweit die niedrigen Preise über abnehmende Wasserversorger an die privaten Verbraucher weitergereicht werden, profitiert auch der “kleine Mann”.
Ähnliches ist übrigens auch bei öffentlichen Wasserwerken der Fall, wenn diese das Wasser zu “Sozialtarifen” an Unternehmen verkaufen. Sie verzichten dann zu Lasten der Allgemeinheit und zugunsten auf ihre Gewinne. Sinnvoller wären marktgerechte Preise bei gleichzeitiger Ausschüttung der Überschüsse als “Bürgerdividende” (als ersten kleinen Schritt in ein “rentenbasiertes Grundeinkommen”, das wir in diesem Blog schon häufiger beworben haben).
Im Übrigen: Aus allokativer – auch umweltökonomischer – Sicht wären Grenzkostenpreise optimal (ggfs. erhöht um eine ökonomische Knappheitsrente). Einen großen Teil der Wassergebühren machen aber Fixkosten aus, so dass de facto Grenzkostenpreise heutzutage nicht möglich sind. Das Henry George-Theorem statuiert, dass die gesamten Fixkosten auch der wasserbezogenen Infrastruktur verursachungsgerecht durch die hierdurch erhöhten Bodenrenten finanziert werden könnten – und nicht durch die Wasserverbraucher. Die Wasserinfrastruktur erhöht nämlich v.a. den Wert der angeschlossenen Grundstücke. Deren Eigentümer, die eine entsprechend erhöhte Bodenrente beziehen, werden aber als solche nicht zur Kasse gebeten (allenfalls in ihrer Eigenschaft als Wasserverbraucher, wenn sie die Immobilie selber nutzen). Bodenrenten in privater Hand sind hierzulande eine heilige Kuh. So aber werden Kosten und Nutzen auseinandergerissen. Der ganz normale Irrsinn in einer Rentenökonomie.