Category Archives: Real Estate

Baulandmodelle: Kommunaler Zwischenerwerb mit Erbbaurecht?

Dirk Löhr

Das Erbbaurecht erlebt eine Renaissance. Immer mehr Kommunen sind bestrebt, auch bei Zwischenerwerbsmodellen der Baulandentwicklung die Grundstücke über Erbbaurecht abzugeben. Ausschlaggebend sind hierfür zumeist soziale und städtebauliche Motive. Anders als bei herkömmlichen Sozialbindungen kann beim Erbbaurecht z.B. die Sozialbindung über die gesamte Vertragsdauer des Erbbaurechts aufrechterhalten werden (BGH, Urt. vom 08.02.2019, Az.: V ZR 176/17). Zudem kann nicht nur die Nutzung des betreffenden Grundstücks selbst, sondern auch die Zwischen- und die Nachnutzung gesteuert werden. Bei entsprechend großflächigen Vergaben über Erbbaurechte sind auch gesamthafte Überplanungen nach Ablauf der Vertragsdauer möglich. Die zuletzt genannten Aspekte sind nicht nur für Wohnbaugebiete, sondern auch für Gewerbeflächen interessant. Gewerbegebiete, die sich im Laufe der Zeit problematisch entwickelt haben, sind keine Einzelfälle.

Bei der Vergabe von durch die Kommune neu erschlossenen Baugrundstücken über Erbbaurecht ergibt sich allerdings ein zentrales Problem: Die Kommune musste mit der Entwicklung und Zwischenfinanzierung in Vorleistung treten. Dies erfordert oftmals neue Schulden, oder verhindert zumindest den Abbau von Altschulden. Das investierte Geld muss aber wieder hereingeholt werden. In einigen Bundesländern wacht die Kommunalaufsicht streng darüber – das gilt insbesondere bei Kommunen, die sich in Haushaltsschieflagen befinden.

Ähnliche Überlegungen gelten nicht nur für den Zwischenerwerb, sondern auch für andere Situationen, die mit einem kommunalen Durchgangserwerb korrespondieren (z.B. Städtebauliche Entwicklungsmaßnahmen – s. hierzu F. Thiel, Städtebauliche Entwicklungsmaßnahmen mit Erbbaurecht – ein bodenpolitisches Traumpaar, GuG 2/2023).

Die aus den Erbbauzinsen eingenommenen Zahlungsströme sind nun oftmals zu gering, um die Kosten der Baulandentwicklung in überschaubaren Zeiträumen abdecken zu können. Dies ist ein wichtiger Grund dafür, warum Kommunen zumeist die Veräußerung wählen (oder von der Kommunalaufsicht auf diesen Weg gedrängt werden).

Allerdings gibt es einen Weg, um dieser Problematik zu begegnen: Der Erbbauzins darf dann nicht mehr in laufenden Raten kontinuierlich bezahlt werden, sondern muss in kapitalisierter Form in einem Einmalbetrag abgelöst werden.

Der Vorteil für den Investor besteht in vorteilhafteren Beleihungskonditionen – die Vorauszahlung des Erbbauzinses in kapitalisierter Form ähnelt einem Kaufpreis für das Grundstück. Allerdings wird der Investor nur zwischenzeitig, nicht aber endgültig von Aufwertungen des Standortes profitieren können, da ja das Grundstück i.d.R. nach Ablauf des Vertrages wieder an die Kommune zurückfällt (bedingte Ausnahmen sind die Verlängerung oder Erneuerung).

Die Kommune hingegen hat langfristig Zugriff auf das Grundstück und kann die o.a. Bindungen durchsetzen. Allerdings muss sie sich klar darüber sein, dass der kapitalisierte Erbbauzins regelmäßig unterhalb eines Verkaufspreises liegen wird.

Das Beispiel China, in dem für städtische Grundstücke die Einmalzahlung des (kapitalisierten) Erbbauzinses üblich ist, zeigt zudem, dass bei Vorab-Einmalzahlungen an die Stelle der Spekulation mit Baugrundstücken die Spekulation mit Erbbaurechten treten kann. Diese Gefahr ist allerdings umso geringer, je weitreichender die Sozialbindungen sind und je kürzer die Laufzeit des Erbbaurechtsvertrages ist (Erbbaurechte an Gewerbegrundstücken haben i.d.R. eine deutlich kürzere Vertragslaufzeit als solche an Wohngrundstücken). Üblich sind ohnehin Zustimmungsrechte des Erbbaurechtgebers (Kommune) beim Verkauf eines Erbbaurechts; ebenfalls sind Vereinbarungen über einen zukünftigen Verkaufspreis denkbar, wenngleich bislang unüblich (zu denken ist in Anlehnung an das Münchner Verfahren die Orientierung am Verkehrswert für Volleigentum abzüglich eines Abschlags).

Die Beispiele zeigen: Auch, wenn der Wind der Refinanzierungslasten den Kommunen ins Gesicht bläst, kann das Erbbaurecht als Gestaltungsvehikel der Bodenpolitik auch im Durchgangserwerb in Betracht gezogen werden.

Neue EU-Gebäuderichtlinie – überflüssig wie ein Kropf

Dirk Löhr

Seit 2021 arbeitet die EU an der Neufassung der Gebäudeeffizienzrichtlinie (im EU-Jargon “EPBD”). Die jüngste Entwicklung: Am 12. März 2024 hat das Europäische Parlament die Neufassung beschlossen.

Der Ausstieg aus mit fossilen Brennstoffen betriebenen Heizkesseln bis 2040 ist nunmehr lediglich ein „indikatives Ziel“. Die Mitgliedsstaaten haben damit zur Erreichung des Gesamtziels eines klimaneutralen Gebäudebestandes bis 2050 entsprechende Spielräume.

Anders als in früheren Fassungen sind nun auch keine individuellen Sanierungspflichten für Wohngebäude mehr vorgesehen. Vielmehr werden allgemeine Vorgaben zur Reduktion des Energieverbrauchs über den gesamten Wohngebäudebestand gemacht. Wie diese konkret umgesetzt werden, wird darüber entscheiden, ob und inwieweit die Befürchtungen von Haus und Grund, nach der viele Eigentümer überlastet würden, gerechtfertigt sind. Offensichtlicher belastet sind die Eigentümer der energetisch schlechtesten Nichtwohngebäude, für die es auch in der nunmehr verabschiedeten Fassung der Richtlinie Sanierungspflichten geben soll.

Das ursprünglich drohende Szenario, das tatsächlich auf eine kalte Enteignung der Hauseigentümer hinausgelaufen wäre, wurde in diesem Blog im Herbst 2023 beschrieben. Die Weiterentwicklung der Richtlinie ist insofern positiv, dass die betreffenden Vorgaben gegenüber früheren Fassungen abgeschwächt wurden. Dennoch stellt sich nach wie vor die Frage nach der grundsätzlichen Sinnhaftigkeit der Richtlinie: Reicht die Einbeziehung der Gebäude in den EU-Emissionshandel nicht für die Erreichung der Ziele aus, wenn man ihn entsprechend konsequent durchführt? Die Gebäudeeigentümer könnten dann selbstständig darüber entscheiden, welche Investitionen noch sinnvoll und vertretbar sind.

Wichtig wäre allerdings, die Ausweitung des Emissionshandels mit einem Klimageld zu verkoppeln, über das die Einnahmen aus der Vergabe der CO2-Zertifikate wieder an die Bürger zurück verteilt werden: Bei Wohngebäuden werden die Mieten ansteigen, sofern die Eigentümer die Modernisierungskosten wirtschaftlich umlegen können. Hierbei kommt es weniger auf die rechtlichen Vorschriften, sondern v.a. auf die Marktlage an: Soweit nicht die Nebenkosten (Heizkosten) in gleichem Umfang sinken, reduziert jeder Euro, der den Mietern für die Deckung von Modernisierungskosten abverlangt wird, die verbleibenden Reinerträge und damit auch den Wert der Immobilien. Die Mieter haben ja infolge der Verschärfung des CO2-Handels nicht mehr Geld in der Tasche und müssen daher in die Lage versetzt werden, die Beteiligung an den Modernisierungskosten auch aufzubringen. Die Gefahr des Wertverfalls betrifft im Übrigen auch selbst genutzte Immobilien (das wird deutlich, wenn man sich eine fiktive Vermietung an sich selbst vorstellt).

Angesichts der geplanten Ausweitung des Emissionshandelsregimes ist unverständlich, warum für Nichtwohngebäude nach wie vor eine Sanierungspflicht gelten soll. Was ist beispielsweise mit Lager- und Betriebshallen, die auch im Winter kaum oder gar nicht geheizt werden? Wenn man den vielfältigen möglichen Konstellationen gerecht werden wollte, entstünde ein bürokratisches Monster. Das CO2-Handelssystem regelt solche Konstellationen unbürokratisch von alleine: Heizt eine Firma bestimmte Hallen nicht, wird es auch keine energetische Sanierung vornehmen. Wird teilweise geheizt, beurteilt der Eigentümer vor dem Hintergrund der konkreten Situation, ob eine (teilweise) energetische Sanierung oder die Zahlung der (durch die CO2-Abgaben) erhöhten Energiekosten sinnvoller ist. Auch unnötige Sanierungen sind eine unökologische Verschwendung von Ressourcen. Zudem werden die Belastungen durch verpflichtende Sanierungen v.a. die Eigentümer von Nichtwohngebäuden in wirtschaftlich schwachen, peripheren Regionen besonders hart treffen.

Der Befund: Die Gebäudeeffizienzrichtlinie ist in weiten Teilen (v.a. mit Blick auf die verbleibenden Sanierungspflichten) überflüssig und bezüglich der Ausweitung des Emissionshandels auf den Verkehrs- und Gebäudesektor redundant – es reicht die konsequente Durchführung des Emissionshandels (bei Begleitung durch ein Klimageld) vollkommen aus. Die Richtlinie ist somit in weiten Teilen wieder einmal ein gutes Beispiel für eine sich verselbstständigende wie überflüssige Bürokratie, die in Sonntagsreden noch verdammt und am Dienstag darauf (der 12. März war ein solcher) dann doch vorangetrieben wird.

Immobilienbesteuerung – Sinn und Unsinn

Dirk Löhr

Zu Gast im Immoblick (Blog des Deutschen Vereins für Vermessungswesen) diskutierte ich mit Peter Ache und In dieser Folge begrüßen Peter Ache (Leiter des AK Immobilienbewertung des DVW e.V.) und Robert Krägenbring (Immobilien- und Bewertungsexperte) über Sinn und Unsinn der Erbschafts- und Schenkungssteuer, der Grundsteuer und der Grunderwerbssteuer. 

Dabei wurde auch ein Blick auf die Entscheidung des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz geworfen, die insofern das Potenzial »einer Bombe« hat, als sie mit Blick auf die Kritik an den Bodenrichtwerten das gesamte Bewertungswesen in Deutschland infrage stellen kann. Das Gericht hat die Vollziehung zweier Grundsteuerwertbescheide gestoppt, die nach den neuen Bewertungsregeln erlassen wurden. Es bestehen ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Bescheide und an der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Bewertungsregelungen des Bundesmodells. In diesem Blog wurde schon im Dezember 2023 hierzu ausführlich Stellung bezogen. Ich plädiere außerdem für die Schaffung eines Oberen Gutachterausschusses Bund, der die Daten für alle sammelt und bereitstellt. Zum Podcast (bitte klicken)

Kommt der “Bau-Turbo” ins Stocken?

Dirk Löhr

Der Wohnungsbau bleibt weit hinter den von der Bundesregierung gesteckten Ziele zurück. So wurden 2023 nur 270.000 statt der geplanten 400.000 Wohnungen fertiggestellt. Die “Baukrise” hat unterschiedliche Ursachen. Hohe Zinsen, die gestiegenen Baukosten und mangelnde Baulandverfügbarkeit bilden ein giftiges Gemisch. Das Bundesbauministerium möchte die Baulandverfügbarkeit durch die Einführung eines neuen § 246e BauGB erhöhen. Es erklärt auf seiner WebSite: “Das BMWSB hat hierzu eine innerhalb der Bundesregierung abgestimmte Formulierungshilfe erarbeitet, die in der 46. Kalenderwoche Gegenstand einer Länder- und Verbändebeteiligung war.

Kern des Gesetzentwurfs ist die Einführung eines neuen § 246e BauGB. Die Vorschrift dient der Umsetzung des am 25. September 2023 von der Bundesregierung im Rahmen des “Bündnisses bezahlbarer Wohnraum” verabschiedeten Maßnahmenpakets für zusätzliche Investitionen in den Bau von bezahlbarem und klimagerechtem Wohnraum und zur wirtschaftlichen Stabilisierung der Bau- und Immobilienwirtschaft. Als Teil dieses Pakets ist vorgesehen, dass der Bund in Städten und Kommunen mit angespannten Wohnungsmärkten den Bau von bezahlbarem Wohnraum für alle vereinfachen und beschleunigen und hierzu in Anlehnung an § 246 Absatz 14 BauGB eine bis zum Ablauf des 31. Dezember 2026 befristete Sonderregelung schaffen wird. Entsprechendes ist auch im Pakt für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung zwischen Bund und Ländern vom 6. November 2023 vorgesehen.

Die vorgeschlagene Regelung findet entsprechend dem Beschluss der Bundesregierung in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten Anwendung, die nach § 201a BauGB bestimmt sind.

Gegenstand der Abweichung können sein: 

  • die Errichtung eines Wohnzwecken dienenden Gebäudes mit mindestens sechs Wohnungen,
  • die Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes, wenn hierdurch neue Wohnungen geschaffen werden oder vorhandener Wohnraum wieder nutzbar wird, oder
  • die Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung.

Zur Wahrung der kommunalen Planungshoheit wird wie bei § 31 Absatz 3 nicht nur ein Einvernehmen, sondern eine Zustimmung der Gemeinde gefordert.

Im Außenbereich soll die Neuregelung nur auf Vorhaben Anwendung finden, die im räumlichen Zusammenhang mit Flächen stehen, die nach § 30 Absatz 1 oder § 34 zu beurteilen sind.”

Die Reaktionen in der Länder- und Verbändebeteiligung (46. Kalenderwoche 2023) waren überwiegend ablehnend. Auf der WebSite des Bundesbauministeriums sind die Stellungnahmen einsehbar. Jenseits hiervon, aber stellvertretend für die Kritik ist der gemeinsame gegen das Gesetzesvorhaben gerichtete Appell von Bundesarchitektenkammer (BAK), dem Bund Deutscher Architektinnen und Architekten (BDA), Architects for Future, anderen Umwelt- und Sozialverbänden sowie der Arbeitsgemeinschaft bäuerlicher Landwirtschaft als Lektüre zu empfehlen (bitte anklicken). U.a. wird kritisiert, dass der geplante § 246e BauGB nicht den riesigen Bauüberhang (Differenz zwischen genehmigten, aber noch nicht gebauten Wohnungen) adressiere, der großes Potenzial für die Schaffung von Wohnraum auf schon genehmigtem Bauland biete. Es wird die Parallele zum § 13b BauGB gezogen, der im Juli 2023 vom Bundesverwaltungsgericht als gegen EU-Recht verstoßend gekippt werden. “Durch die Hintertür” würde nun versucht, eine ähnliche Regelung zu reinstallieren.

Pestel-Studie: Fehlen mehr als 900.000 Sozialwohnungen?

Dirk Löhr

Derzeit geht eine Studie des Pestel-Instituts (“Bauen und Wohnen 2024 in Deutschland) viral, die von einem Verbändebündnis in Auftrag gegeben wurde, dem der Mieterbund, die Baugewerkschaft sowie andere Sozial- und Branchenverbände angehören. Demnach fehlen mehr als 900.000 Sozialwohnungen in Deutschland. Zentral für dieses Ergebnis ist Tabelle 5 der Studie. Hier wird aufgrund verschiedener Kriterien ein Bedarf ermittelt, der einem Sollbestand gegenübergestellt wird. Immobilienökonom Michael Voigtländer vom IW Köln kritisiert allerdings, dass es sich bei diesem Sollbestand (insgesamt 2 Mio. Sozialwohnungen) um eine politisch gesetzte Größe handele – und damit auch bei dem ermittelten Defizit an Sozialwohnungen. Tatsächlich muten die Ergebnisse wenigstens teilweise merkwürdig an: Hiernach gäbe es in Hamburg und Nordrhein-Westfalen kaum ein Defizit an Sozialwohnungen, wohl aber in Niedersachsen.

Ein anderes Ergebnis der Studie ist ebenfalls interessant und wohl schwerer zu erschüttern: Demnach führt die Subjektförderung (v.a. bei den Kosten der Unterkunft) v.a. in Gebieten mit hohen Wohnungsdefiziten, starker wirtschaftlicher Dynamik, hoher Eigentumsquote und geringem Marktanteil gemeinwohlorientierter Vermieter zu überhöhten Mieten . Die entsprechenden Spielräume hierfür werden durch die Knappheiten eröffnet. Dies macht die Subjektförderung hier entsprechend teuer. Daraus kann geschlossen werden, dass v.a. in angespannten Märkten auch Objektförderung nötig ist, um die Knappheiten zu beseitigen. Für die Subjektförderung wurden in 2023 ca. 20 Mrd. Euro aufgewendet, für die Objektförderung hingegen nur 2,5 Mrd. Euro. Das bemerkenswerte Ergebnis: Es kann nicht um ein Gegeneinander von Subjekt- und Objektförderung gehen; vielmehr muss die Objektförderung in angespannten Märkten überhaupt erst die Voraussetzung dafür schaffen, dass die Subjektförderung sinnvoll eingesetzt werden kann. Voigtländer kritisiert an der Objektförderung allerdings zurecht, dass sie aufgrund der hohen Anzahl von Fehlbelegungen derzeit wenig sozial treffgenau ist. Dies kann allerdings geändert werden, beispielsweise durch eine periodische Überprüfung der Wohnberechtigung. Hierfür fehlt jedoch derzeit offenbar der politische Wille.

Die Bodenwertsteuer wird wieder in den USA diskutiert

Dirk Löhr

In den “kapitalistischen” USA hat die Grundsteuer einen Anteil von ca. 12% an den gesamten Steuereinnahmen, in Deutschland lediglich 2%. Rechnet man noch die Sozialabgaben hinzu, sind es lediglich ein Prozent. Nun wird in den USA über ein Revival der Bodenwertsteuer diskutiert. In Pennsylvania gibt es schon seit Langem einen gespaltenen Steuersatz, bei dem das aufstehende Gebäude geringer als der Bodenwert belastet wird. Nun erhofft man sich durch die Einführung einer Bodenwertsteuer v.a. städtebauliche Impuse. Zur Diskussion, die sich v.a. um Detroit dreht, s. folgenden Artikel von Rachel M. Cohen aus Vox: Could this obscure tax idea reshape American housing?

Ein Tipp für diejenigen, die des Englischen nicht so mächtig sind: Rechte Maustaste, dann “auf Deutsch übersetzen” drücken.

Grundsteuer C: Eine neue Missgeburt?

Dirk Löhr

Ab 2025 können Gemeinden unbebaute, aber baureife Grundstücke mit einem erhöhten Steuersatz belegen, um Druck auf die Bebauung der betreffenden Flächen auszuüben. Nur in Bayern wird diese neue Grundsteuer C nicht eingeführt.

Das Ziel der Grundsteuer C ist durchaus nachvollziehbar. Ein Grundstück kann als eine sog. Realoption angesehen werden, die das Recht, aber nicht die Pflicht vermittelt, das Grundstück zu bebauen. Man bezahlt also nicht nur für zukünftige Bodenerträge, sondern auch für den Wert des “Warten Könnens”. Letzterer ist eine “spekulative Komponente”. Bei hohen Aufwertungserwartungen kann es sogar passieren, dass sich dieser Wert des “Warten Könnens” in den Vordergrund schiebt. Im Falle einer Bebauung ginge der Wert des “Warten Könnens” aber verloren; die Bebauung ergibt jedoch keinen Sinn, soweit die künftigen durch die Bebauung erzielbaren Erträge nicht den Wert des “Warten Könnens” überkompensieren. Die Grundsteuer C zielt nun konkret darauf ab, den Wert des “Warten Könnens” so weit zu reduzieren, dass er keine Hürde für die Bebauung mehr darstellen kann.

Skepsis ist dennoch angebracht: Das historische Vorbild der Baulandsteuer (1961/1962) gilt als gescheitert. Generell ist es keine gute Idee, mehrere Ziele (hier: fiskalische und bodenpolitische) mit nur einem Instrument (hier: Grundsteuer C) erreichen zu wollen. Jan Tinbergen (erster Träger des Alfred-Nobel-Gedächtnispreises für Wirtschaften) hat deutlich gemacht, dass die Wahrscheinlichkeit dann hoch ist, alle Ziele mehr oder weniger zu verfehlen. Die “Tinbergen-Regel” als fundamentale Einsatzregel für wirtschaftspolitische Instrumente wird in der Politik allerdings hartnäckig ignoriert.

Die Zonierung für den Geltungsbereich der Grundsteuer C sowie der anzulegende Steuersatz sind im Rahmen der neuen Grundsteuer C grundsätzlich Sache der Kommunen. Viele Städte haben im Vorfeld der Einführung der Grundsteuer C schon Arbeitsgruppen gebildet. Zwei Problemfelder stehen dabei im Mittelpunkt:

  • Welche Grundstücke dürfen überhaupt mit der Grundsteuer C belegt werden?
  • Wie hoch muss der Steuersatz sein, damit die gewünschte Mobilisierungswirkung entsteht?

Besonders die zweite Frage erscheint schwierig zu lösen. Für “Spekulanten” interessant sind die Grundstücke mit großen Aufwertungspotenzialen. Doch wie lassen sich diese identifizieren, und mit welchen Verfahren lassen sich die Aufwertungspotenziale ermitteln? Orientiert man sich beispielsweise beim Steuersatz an den Bodenzuwächsen der Vergangenheit, so ist keinesfalls klar, dass diese Bodenwertsteigerungen auch in Zukunft stattfinden werden. Zudem muss der Steuersatz für die Grundsteuer C in jeder Kommune einheitlich festgelegt werden. Hält man sich dabei an durchschnittliche Wertsteigerungen in der Stadt, so würden gerade die interessanten Schlüsselgrundstücke mit überdurchschnittlichem Aufwertungspotenzial nicht adäquat erfasst. Hält man sich an die Grundstücke mit dem höchsten Aufwertungspotenzial, ergibt sich eine Übersteuerung bei den Grundstücken mit geringerem Aufwertungspotenzial. Hier gibt es rechtliche Bedenken bezüglich des Übermaßverbots und des Allgemeinen Gleichheitssatzes, wonach wirtschaftlich gleiche Sachverhalte gleich und wirtschaftlich ungleiche Sachverhalte ungleich zu beurteilen sind.

Die Grundsteuer C ist dann erfolgreich, wenn es ihr gelingt, alle ihr unterliegenden Grundstücke zu mobilisieren – und in der Folge die Einnahmen aus der Grundsteuer C versiegen. Handelt es sich bei der Grundsteuer C also um eine verfassungswidrige Erdrosselungssteuer?

Der unten auszugsweise für den Download bereitgestellte Beitrag aus dem Jahrbuch für öffentliche Finanzen 2-2023 versucht, die gestellten Fragen zu beantworten und auf Auswege aus den skizzierten Dilemmata zu weisen, soweit dies überhaupt möglich ist:

Wie den Erbbauzins bestimmen? Eine Faustformel

Dirk Löhr

Die Ermittlung eines marktgerechten anfänglichen Erbbauzinses ist essenziell für die Akzeptanz des Erbbaurechts im Markt, für kommunale Ausgeber von Erbbaurechten, darüber hinaus auch für die Konformität zum kommunalen Haushaltsrecht sowie zum Beihilferecht. Ein marktgerechter anfänglicher Erbbauzinssatz, der dann auf den Bodenwert angelegt wird, kann jedoch derzeit in Deutschland speziell für Mehrfamilienhäuser kaum aus dem Markt abgeleitet werden. Dementsprechend bestehen erhöhte Unsicherheiten und sehr unterschiedliche Vorstellungen über dessen Höhe. Im Beitrag “Eine Faustformel für marktgerechte kommunale Erbbaurechte” (vhw-werkStadt Nr. 64) wird daher zunächst ein marktgerechter Erbbauzinssatz auf modelltheoretischer Grundlage für zwei Erbbaurechts-Varianten abgeleitet:

  • Beim „konventionellen“ Erbbaurechtsmodell findet die Anpassung des anfänglichen Erbbauzinses entsprechend der Entwicklung der Verbraucherpreise statt (Gleitklausel). Dabei werden die Ertragsrisiken weitgehend auf den Erbbaurechtnehmer übertragen. Es wird hier die Hypothese untersucht, dass ein längerfristiger Baufinanzierungszinssatz (10 Jahre) eine gute Näherung für den modellhaft bestimmten Erbbauzinssatz ist.
  • Beim Partnerschaftsmodell erfolgt die Indizierung entsprechend des Mietindex (Spannungsklausel). Erbbaurechtgeber und Erbbaurechtnehmer teilen sich die Ertragsrisiken weitgehend. Hier wird die Annäherung des modellhaft bestimmten Erbbauzinssatzes durch den Liegenschaftszinssatz (Volleigentum) getestet.

Die Prüfungen der Hypothesen geschehen auf Basis von Kapitalmarktdaten und Liegenschaftszinssätzen aus Niedersachsen. Beide Hypothesen können vorläufig bestätigt werden; allerdings sind eine Reihe von Vorbehalten zu machen.

Zum Download des Textes: https://www.vhw.de/nachricht/eine-faustformel-fuer-marktgerechte-kommunale-erbbaurechte/

Photo: Pixabay

Finanzgericht Rheinland-Pfalz zweifelt an der Tauglichkeit der Bodenrichtwerte für die grundsteuerliche Bewertung

Dirk Löhr

Der 4. Senat des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz (FG) hat am 23. November 2023 in zwei Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes (Az. 4 V 1295/23 und 4 V 1429/23) zu den Bewertungsregeln des neuen Grundsteuer- und Bewertungsrechts entschieden, dass die Vollziehung der dort angegriffenen Grundsteuerwertbescheide wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit auszusetzen ist.

U.a. werden dabei die Bodenrichtwerte als Grundlage für die Besteuerung in Zweifel gezogen. Hiermit schließt sich das Finanzgericht dem unvermeidlichen Prof. Gregor Kirchhof (Universität Augsburg) an, der u.a. in einem Gutachten für Haus und Grund sowie dem Steuerzahlerbund zuvor schon in dasselbe Horn geblasen hatte.

Die Auseinandersetzung mit der Begründung des Finanzgerichts lohnt sich, zumal bislang die Bodenrichtwerte von den (Finanz-) Gerichten grundsätzlich akzeptiert wurden.

Wichtige Kritikpunkte:

a) Es bestehen Zweifel daran, dass die Bodenrichtwerte rechtmäßig zustande gekommen seien. Der Senat äußerte in diesem Zusammenhang Bedenken bezüglich der Unabhängigkeit der rheinland-pfälzischen Gutachterausschüsse, weil nach der rheinland-pfälzischen Gutachterausschussverordnung Einflussnahmemöglichkeiten nicht ausgeschlossen seien.

Mein Kommentar:

Ich bin seit 2006 Mitglied eines regionalen Gutachterausschusses und seit 2014 Mitglied des Oberen Gutachterausschusses Rheinland-Pfalz. Es kam des Öfteren vor, dass Bürgermeister bei Bewertungen und Bodenrichtwertermittlungen ihre Vorstellungen geäußert haben. Bei allen Sitzungen, in denen ich anwesend war, habe ich aber noch nie erlebt, dass sich die Gutachterausschüsse hiervon haben beeindrucken lassen. In einzelnen Fällen, in denen substantiierte Kritik durch die Bewertungsadressaten geäußert wurde, kam es zu Überprüfungen. Hierbei kam es manchmal zu – i.d.R. kleineren – Änderungen, häufig aber auch nicht. Anlass der Überprüfung war jedoch nicht nur die Kritik von öffentlichen Stellen, sondern auch diejenige von privaten Adressaten. Auch die von der Finanzverwaltung entsandten Mitglieder der Gutachterausschüsse verhielten sich definitiv nicht systematisch profiskalisch.

b) Der Senat äußert Bedenken bezüglich der Datengrundlage für die Bodenwertermittlung; in den Kaufpreissammlungen bestünden in erheblichem Umfang Datenlücken.

Mein Kommentar:

Nach § 196 Abs. 1. S. 1 BauGB sind Bodenrichtwerte flächendeckend zu ermitteln. Tatsächlich gab es bei der Bodenrichtwertermittlung bis vor Kurzem in Rheinland-Pfalz jedoch noch einige “weiße Flecken”, z.B. bei Aussiedlerhöfen oder Gemeinbedarfsflächen. Auch kommen in einigen Gegenden kaum Umsätze zustande. Die Gutachterausschüsse – zumindest in Rheinland-Pfalz – bemühten sich aber im Vorfeld der neuen Grundsteuer intensiv darum, diese Lücken zu schließen. U.a. wurden dabei sechs Marktsegmente gebildet. Dies erlaubt bei fehlenden Transaktionen, sich an den Verhältnissen ähnlicher Märkte in anderen Regionen zu orientieren. Läge das Finanzgericht mit seiner Kritik richtig, dürfte man im Übrigen die Bodenrichtwerte auch nicht mehr zum Zwecke zur Verkehrswertermittlung heranziehen. Der mögliche Einwand, dass bei der Verkehrswertermittlung die Bodenrichtwerte durch Umrechnungskoeffizienten modifiziert und so an die individuellen Verkehrswerte herangeführt werden, ist mit Blick auf die Grundsteuer kein Argument für die mangelnde Eignung der Bodenrichtwerte: Bodenrichtwerte können als typisierte Verkehrswerte verstanden werden. Typisierungen sind aber in einem Massenfallrecht nicht nur zulässig, sondern ausdrücklich geboten.

c) Das Finanzgericht rügt ein gleichheitswidriges Vollzugsdefizit bei der Ermittlung der Bodenrichtwerte, weil diese Werte häufig aus der Aufteilung von Gesamtkaufpreisen in einen Gebäude- und einen Bodenanteil ermittelt würden, ohne dass den Gutachterausschüssen effektive Instrumente zur Sachverhaltsermittlung sowie zur Verifikation der Angaben von Grundstückseigentümern zur Verfügung stünden.

Mein Kommentar:

Sind die in den Kaufverträgen vereinbarten Bodenwerte unplausibel (das kommt häufig vor, z.B. bei Transaktionen zwischen einander nahestehenden Personen), werden sie bei der Feststellung der Bodenrichtwerte in den Bodenrichtwertsitzungen als Ausreißer außen vor gelassen. Dies ist gängige Praxis.

d) Das Finanzgericht kritisierte, dass der Steuerpflichtige nicht – wie bei der Erbschaft- oder Grunderwerbsteuer (welche im Übrigen ebenfalls die Bodenrichtwerte für die Wertermittlung heranziehen) einen Nachweis über einen geringeren Wert bringen kann.

Mein Kommentar:

In der Anhörung zur Grundsteuerreform im Finanzausschuss des Deutschen Bundestag im September 2019 hatte ich diesen Punkt ebenfalls kritisiert. Der Kritik des Finanzgerichts ist hier zuzustimmen.

e) Das FG kritisiert die Pauschalisierungen im Bundesmodell: Es äußert ernstliche Zweifel daran, dass die Regelungen des Bewertungsgesetzes überhaupt geeignet seien, eine realitäts- und relationsgerechte Grundstücksbewertung zu erreichen. So führe insbesondere die große Zahl gesetzlicher Typisierungen und Pauschalierungen und eine nahezu vollständige Vernachlässigung aller individuellen Umstände der konkret bewerteten Grundstücke zu der Einschätzung des FG, dass es zu Wertverzerrungen für den gesamten Kernbereich der Grundsteuerwertermittlung kommen könne. Die gewählte Regelungstechnik bewirke eine gleichheitswidrige Nivellierung der Grundstücksbewertung mit systematischen Unterbewertungen hochwertiger Immobilien und systematischen Überbewertungen für solche Immobilien, die sich in weniger begehrten Lagen bzw. in schlechterem baulichen Zustand befinden oder deren Ausstattungsmerkmale weniger hochwertig sind. Die Regelungen führten zudem in erheblichem Umfang zu Wertverschiebungen, sodass insgesamt nicht mehr von einer gleichheitsgerechten Bewertung ausgegangen werden könne.

Mein Kommentar:

Auch hier ist dem Finanzgericht bezüglich des Bundesmodells teilweise zuzustimmen. Ich hatte ebenfalls in der schriftlichen Stellungnahme im Finanzausschuss des Bundestages auf das Problem pauschaler, nicht nach Lagen differenzierender Mietansätze bei Wohngrundstücken hingewiesen und eine Differenzierungsmöglichkeit aufgezeigt.

Hätte sich der Gesetzgeber diesen Hinweis (der im Übrigen auch von Prof. Hey in fast identischer Form kam) zu Eigen gemacht, könnte die objektive Leistungsfähigkeit sehr wohl als folgerichtig umgesetzter Belastungsgrund für die Grundsteuer dienen.

Im Übrigen dürfte der gerügte Verstoß bei den flächenbezogenen Modellen v.a. in Bayern, aber auch in Hamburg, Niedersachsen und Hessen noch viel deutlicher sein. Bei diesen besteht weder ein klarer Bezug zur (objektbezogenen) Leistungsfähigkeit noch zu den öffentlichen Leistungen – die Infrastrukturausstattung ist eben zu einem hohen Maße für den Grundstückswert verantwortlich. Die als Belastungsgrund genannte Äquivalenz ist hier gerade nicht gegeben.

Fazit:

Die Einlassungen des Finanzgerichts sind teilweise berechtigt, aber nur teilweise. Insbesondere bezüglich der Bodenrichtwerte ist die Kritik nicht nachvollziehbar. Einige Beispiele, die Prof. Kirchhof für angebliche Inkonsistenzen anführt, dürften dem Umstand geschuldet sein, dass nicht nur die Lage, sondern auch die Bebauungsdichte wertbestimmend ist. Die Bodenrichtwerte werden aus dem Markt abgeleitet und dürften daher sogar eine der verlässlichsten Größen bei der grundsteuerlichen Bewertung darstellen.

Eine persönliche Anmerkung zum Abschluss: Es ist erstaunlich, wie Juristen (wie Gregor Kirchhof) sich zu Experten in Sachen Grundstücksbewertung aufspielen. Zwar müssen Juristen immer wieder Sachverhalte rechtlich einordnen, die nicht in ihr originäres Fachgebiet fallen. Gerade deshalb wäre bei dem Thema Grundstücksbewertung ein wenig mehr Demut und Respekt vor der Expertise derjenigen angebracht, die Grundstücksbewertung hauptberuflich betreiben und auch die Marktübersicht haben. Umgekehrt löst es ja bei Juristen – oft berechtigte – “allergische” Reaktionen aus, wenn Lieschen Müller anfängt, juristische Beurteilungen abzusondern.

Christian Rieck über die EU-Gebäuderichtlinie

Dirk Löhr

Explodierende Baukosten, gestiegene Zinsen, Fachkräftemangel – und dann auch noch die ambitionierten Energiestandards: Gebäudeinvestoren werden erdrosselt, die im Koalitionsvertrag angestrebten 400.000 Neubauwohnungen rücken in weite Ferne. Dies haben auch Kanzler Scholz, Bundesbauministerin Geywitz und auch Wirtschaftsminister Habeck erkannt. In ihrem 14-Punkte-Plan rudern sie von dem einst ambitionierten Vorhaben des Energiestandards EH 40 zurück bzw. legen diesen einstweilen auf Eis. Gut so. Noch besser: Der eigentliche Hammer, die EU-Gebäuderichtlinie, stößt mittlerweile in der Bundesregierung auf Ablehnung. Noch besser. Was nämlich drohen könnte, wenn die EU-Kommission ihr Vorhaben durchsetzt, beschreibt eindringlich Christian Rieck in einem sehenswerten Youtube-Beitrag: https://www.youtube.com/watch?v=nTNzYpr-jTo