LNG-Gas statt Braunkohle: Ein Plus für das Klima?

Dirk Löhr

Ende März werden sieben weitere Braunkohle-Kraftwerksblöcke endgültig stillgelegt. Der Kohleausstieg nimmt Fahrt auf. Um die Lücke zu füllen und die Volatilität des Flatterstroms aus Erneuerbaren Energien auszugleichen, sollen vermehrt Gaskraftwerke zugebaut werden. Eine besondere Rolle spielt hierbei das Fracking-Gas aus den USA. Während dieser Tausch viel Geld kostet (s. z.B. unseren Blogbeitrag vom 7. Januar 2024), wird die Klimawirksamkeit bezweifelt. Hierzu sei der Report “LNG-Gas: Rettung in der Energiekrise oder schlechtester Deal aller Zeiten” von “Breaking Lab” auf das Wärmste empfohlen. Es scheint, dass Klimaminister Habeck auch bezüglich seines Herzensprojekts, der Energiewende, nur auf Sicht fährt.

Bildquelle: Breaking Lab

Neue EU-Gebäuderichtlinie – überflüssig wie ein Kropf

Dirk Löhr

Seit 2021 arbeitet die EU an der Neufassung der Gebäudeeffizienzrichtlinie (im EU-Jargon “EPBD”). Die jüngste Entwicklung: Am 12. März 2024 hat das Europäische Parlament die Neufassung beschlossen.

Der Ausstieg aus mit fossilen Brennstoffen betriebenen Heizkesseln bis 2040 ist nunmehr lediglich ein „indikatives Ziel“. Die Mitgliedsstaaten haben damit zur Erreichung des Gesamtziels eines klimaneutralen Gebäudebestandes bis 2050 entsprechende Spielräume.

Anders als in früheren Fassungen sind nun auch keine individuellen Sanierungspflichten für Wohngebäude mehr vorgesehen. Vielmehr werden allgemeine Vorgaben zur Reduktion des Energieverbrauchs über den gesamten Wohngebäudebestand gemacht. Wie diese konkret umgesetzt werden, wird darüber entscheiden, ob und inwieweit die Befürchtungen von Haus und Grund, nach der viele Eigentümer überlastet würden, gerechtfertigt sind. Offensichtlicher belastet sind die Eigentümer der energetisch schlechtesten Nichtwohngebäude, für die es auch in der nunmehr verabschiedeten Fassung der Richtlinie Sanierungspflichten geben soll.

Das ursprünglich drohende Szenario, das tatsächlich auf eine kalte Enteignung der Hauseigentümer hinausgelaufen wäre, wurde in diesem Blog im Herbst 2023 beschrieben. Die Weiterentwicklung der Richtlinie ist insofern positiv, dass die betreffenden Vorgaben gegenüber früheren Fassungen abgeschwächt wurden. Dennoch stellt sich nach wie vor die Frage nach der grundsätzlichen Sinnhaftigkeit der Richtlinie: Reicht die Einbeziehung der Gebäude in den EU-Emissionshandel nicht für die Erreichung der Ziele aus, wenn man ihn entsprechend konsequent durchführt? Die Gebäudeeigentümer könnten dann selbstständig darüber entscheiden, welche Investitionen noch sinnvoll und vertretbar sind.

Wichtig wäre allerdings, die Ausweitung des Emissionshandels mit einem Klimageld zu verkoppeln, über das die Einnahmen aus der Vergabe der CO2-Zertifikate wieder an die Bürger zurück verteilt werden: Bei Wohngebäuden werden die Mieten ansteigen, sofern die Eigentümer die Modernisierungskosten wirtschaftlich umlegen können. Hierbei kommt es weniger auf die rechtlichen Vorschriften, sondern v.a. auf die Marktlage an: Soweit nicht die Nebenkosten (Heizkosten) in gleichem Umfang sinken, reduziert jeder Euro, der den Mietern für die Deckung von Modernisierungskosten abverlangt wird, die verbleibenden Reinerträge und damit auch den Wert der Immobilien. Die Mieter haben ja infolge der Verschärfung des CO2-Handels nicht mehr Geld in der Tasche und müssen daher in die Lage versetzt werden, die Beteiligung an den Modernisierungskosten auch aufzubringen. Die Gefahr des Wertverfalls betrifft im Übrigen auch selbst genutzte Immobilien (das wird deutlich, wenn man sich eine fiktive Vermietung an sich selbst vorstellt).

Angesichts der geplanten Ausweitung des Emissionshandelsregimes ist unverständlich, warum für Nichtwohngebäude nach wie vor eine Sanierungspflicht gelten soll. Was ist beispielsweise mit Lager- und Betriebshallen, die auch im Winter kaum oder gar nicht geheizt werden? Wenn man den vielfältigen möglichen Konstellationen gerecht werden wollte, entstünde ein bürokratisches Monster. Das CO2-Handelssystem regelt solche Konstellationen unbürokratisch von alleine: Heizt eine Firma bestimmte Hallen nicht, wird es auch keine energetische Sanierung vornehmen. Wird teilweise geheizt, beurteilt der Eigentümer vor dem Hintergrund der konkreten Situation, ob eine (teilweise) energetische Sanierung oder die Zahlung der (durch die CO2-Abgaben) erhöhten Energiekosten sinnvoller ist. Auch unnötige Sanierungen sind eine unökologische Verschwendung von Ressourcen. Zudem werden die Belastungen durch verpflichtende Sanierungen v.a. die Eigentümer von Nichtwohngebäuden in wirtschaftlich schwachen, peripheren Regionen besonders hart treffen.

Der Befund: Die Gebäudeeffizienzrichtlinie ist in weiten Teilen (v.a. mit Blick auf die verbleibenden Sanierungspflichten) überflüssig und bezüglich der Ausweitung des Emissionshandels auf den Verkehrs- und Gebäudesektor redundant – es reicht die konsequente Durchführung des Emissionshandels (bei Begleitung durch ein Klimageld) vollkommen aus. Die Richtlinie ist somit in weiten Teilen wieder einmal ein gutes Beispiel für eine sich verselbstständigende wie überflüssige Bürokratie, die in Sonntagsreden noch verdammt und am Dienstag darauf (der 12. März war ein solcher) dann doch vorangetrieben wird.

Bundesrechnungshof: Energiewende nicht auf Kurs

Dirk Löhr

Nach den Vorstellungen des grünen Bundeswirtschaftsministers Robert Habeck sollen 2030 bereits 80 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien stammen. Damit dieses Ziel erreicht wird, bedarf es eines erheblichen Ausbaus der Solarenergie und Windkraft. Zudem müssen die Stromnetze massiv erweitert werden, denn der Strom muss ja auch transportiert werden. Beim Strom aus erneuerbaren Energien handelt es sich aber zumeist um “Flatterstrom”: Die Sonne scheint nicht immer, und der Wind bläst auch nur zeitweise. Problematisch sind dabei weniger die stundenweise auftretenden “Dunkelflauten”, sondern solche, die längerfristig auftreten – wie im vergangenen Herbst. Aus diesem Grunde benötigt man eine redundante Infrastruktur aus konventionellen Kraftwerken, die einspringen kann, wenn die erneuerbaren Energien ausfallen. Habeck setzt hierbei v.a. auf Gaskraftwerke, die auf Wasserstoff nachgerüstet werden können.

Nunmehr hat der unabhängige Bundesrechnungshof in seinem Gutachten vom 7.3.2024 die Politik des Bundeswirtschaftsministers stark kritisiert. Dabei werden noch nicht einmal die Ziele infrage gestellt: Es nutzt relativ wenig, wenn ein Land bei der “Klimarettung” voranschreitet. Der Anteil Deutschlands an den CO2-Emissionen ist mit ca. 2 Prozent viel zu klein, um im Alleingang nennenswerte Effekte zu erreichen – zumal die deutsche Wirtschaft ja schon relativ sauber produziert. Weniger deutsche Nachfrage nach fossilen Energieträgern erzeugt andererseits tendenziell einen – wenngleich ebenfalls überschaubaren – Druck auf die Weltmarktpreise. Was Deutschland nicht verbraucht, nehmen dann eben dankend Schwellen- und Entwicklungsländer. Sinn ergäbe die Habeck-Strategie im Rahmen eines Klima-Clubs, dem neben der EU auch China, die USA und Rohstoffsupermächte wie z.B. Russland (ja!) angehören müssten. Solange unsere Außenministerin aber den chinesischen Präsidenten als “Diktator” beschimpft, dürfte sich die diese Richtung wenig bewegen.

Der Bundesrechnungshof stellt aber die Sinnhaftigkeit dieser Vorreiterstrategie Deutschlands gar nicht infrage. Er kritisiert vielmehr die Umsetzung der Klimastrategie. Kernpunkte:

  • Die Versorgungssicherheit ist gefährdet. Stromspeicher können längere Schwankungen der Erzeugung und Last (Dunkelflaute) nicht ausgleichen. So haben seit der Abschaltung der letzten deutschen Atomkraftwerke die Stromimporte massiv zugenommen, ironischerweise v.a. aus dem Kernkraftland Frankreich. Der Bundesrechnungshof bewertet dabei die Annahmen der Bundesnetzagentur zur Versorgungssicherheit als “wirklichkeitsfremd”. Dem Monitoring liegt ein einziges “best case-Szenario” zugrunde. Gefahren und Handlungsbedarfe werden so nicht sichtbar, das Monitoring verliert seine Eignung als Frühwarnsystem. Geleitet wird die Bundesnetzagentur von Klaus Müller, Mitglied von Bündnis 90/Die Grünen.
  • Der Ausbau der Erneuerbaren Energien schreitet auch nicht schnell genug voran, Backup-Kapazitäten sind nicht gesichert. Das Gutachten: “Es ist absehbar, dass insbesondere Windenergie an Land nicht in dem gesetzlich vorgesehenen Umfang ausgebaut wird. Es ist nicht sichergestellt, dass die erforderlichen Backup-Kapazitäten rechtzeitig verfügbar sind; der Netzausbau liegt erheblich hinter der Planung zurück. Der Rückstand beträgt mittlerweile sieben Jahre und 6.000 km”. Das Thema Backup-Kapazitäten wurde in einem anderen Blog-Beitrag vom 7.1.2024 bereits behandelt. Es ist bemerkenswert, dass sich die Bundesregierung aus dem alten Energieversorgungs-Regime faktisch verabschiedete, ohne einen Ersatz parat zu haben.
  • Die wahren Kosten der Energiewende werden verschleiert. Mittlerweile hat es sich selbst bei den Grünen herumgesprochen, dass die Rechnung Jürgen Trittins aus dem Jahre 2004, die Energiewende würde den Durchschnittshaushalt nicht mehr als eine Kugel Eis im Monat kosten, nicht aufgeht. Dennoch: Mit dem gängigen grünen Narrativ stellt man immer noch auf die geringen Grenzkosten der meisten Erneuerbaren ab. Das ist insoweit richtig, als z.B. eine Kilowattstunde zusätzlich erzeugten Stroms durch Windkraft kaum etwas kostet. Wahr ist allerdings auch: Die Systemkosten der Erneuerbaren sind enorm. Bis zum Jahr 2045 wird allein der Ausbau der Stromnetze 460 Mrd. Euro verschlingen. Das auch wegen des Flatterstroms erforderliche Netzengpassmanagement wird ca. 6,5 Mrd. Euro pro Jahr verschlingen. Zusammen mit der Stromerzeugung fallen bis 2045 voraussichtlich 1,1 Billionen Euro an Kosten an. Das Narrativ von der billigen grünen Energie ist also ein Märchen für Erwachsene. Schon heute sind die Strompreise in Deutschland mit die höchsten weltweit. Die Bundesregierung versucht derzeit, die hohen Energiekosten oder die Umstellung der Unternehmen auf die schöne neue grüne Welt nach Kassenlage und punktuell herunter zu subventionieren. Beispielsweise überreichte Habeck im Januar 2024 einen Scheck über 2,6 Mrd. Euro zur Umstellung der Stahlindustrie im Saarland. Die Subventionitis untergräbt jedoch – so der Bundesrechnungshof – die Transparenz und Steuerungswirkung der Preise. Für energieintensivere Unternehmen (Deutschland war einer der energieintensivsten Wirtschaftsstandorte weltweit) sind die Energiekosten nicht mehr planbar. Viele Unternehmen, zuletzt der Traditionshersteller Miele, verlassen den Standort bzw. reinvestieren nicht mehr.

Die Energiewende aus dem Hause Habeck ist sicher gut gemeint. Leider ist “gut gemeint” das Gegenteil von “gut”.

Das Vermächtnis von Antje Vollmer

Dirk Löhr

Am 16. März jährt der erste Todestag von Ante Vollmer. Sie war nicht nur eine grüne Ikone, sondern von 1994 bis 2005 auch Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages. Einst hatte ich anlässlich eines gemeinsamen Frühstücks eine intensive Diskussion mit ihr, die mir wohl immer in Erinnerung bleiben wird. Ihr “Nachlass” hat nichts an Aktualität verloren, und lässt sich gut in ihrem Artikel der Berliner Zeitung vom 23. Februar 2023 – also drei Wochen vor Ihrem Tod – veranschaulichen. Zum download bitte hier klicken.

Photo: Von Heinrich-Böll-Stiftung from Berlin, Deutschland – Antje Vollmer, CC BY-SA 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=105858161