Dirk Löhr
Als Mitglied eines regionalen Gutachterausschusses für Grundstückswerte stieß ich in den Bodenrichtwertsitzungen der Vergangenheit wiederholt auf ein Rätsel, so auch in diesem Jahr.
In strukturschwachen ländlichen Gebieten liegt der Bodenrichtwert (erschließungsbeitragsfrei) für die Nutzungsart Wohnen oftmals nur zwischen 20 und 30 Euro pro Quadratmeter. Dies wird z.T. auch durch Kauffälle unterlegt. Wird ein Neubaugebiet ausgewiesen, dieses entwickelt und die Grundstücke verkauft, so geschieht dies häufig zu Preisen zwischen 50 und 60 Euro. Dementsprechend ergeben sich häufig hohe Wertsprünge in benachbarten Bodenrichtwertzonen.
Die Gutachter erklären dies zumeist mit den zwischenzeitig für Neubaugebiete gestiegenen Erschließungskosten. Allerdings sind Werte, auch Bodenwerte, grundsätzlich monetarisierte und abdiskontierte Zukunftsnutzen – zumindest in der Theorie können sie kaum aus Entwicklungskosten erklärt werden. M.a.W.: Solange ein Grundstückseigentümer einen identischen Nutzen aus der Infrastruktur eines Bestandsgebietes im Vergleich zu einem Neubaugebiet hat, also in gleicher Weise Elektrizität und Strom bezieht sowie Zugangsmöglichkeiten hat, ist kein Grund für eine Wertdifferenz ersichtlich. Eine weitere Ursache für den Wertunterschied könnte auch die Umgebung sein: In Neubaugebieten sind die Häuser schick, in Bestandsgebieten reiht sich häufig ein fast abrissreifer “Schandfleck” an den anderen. Dies erklärt aber nicht, warum auch an der Grenze der Bodenrichtwertzone des Neubaugebietes immer noch ziemlich hohe Bodenpreise bezahlt werden – eigentlich müsste hier ja ein Bestandsgebiet mit seinen “Schandflecken” hin ausstrahlen. Möglicherweise ist auch einfach die Zahlungsbereitschaft von Grundstücksverkäufern in Neubaugebieten höher als diejenige in Bestandsgebieten.
Meine Bitte an die Leserinnen und Leser: Wer hier Ideen oder Erfahrungen hat, möglicherweise auch Studien zu diesem Komplex kennt, möge diese mit den Adressaten dieses Blogs bitte teilen!