Tag Archives: Land Grabbing

Bauernlegen: Steigende Pacht- und Landpreise zerstören bäuerlichen Mittelstand

Dirk Löhr

Wie die Hannoversche Allgemeine Zeitung (HAZ) in einem Artikel von Carola Böse-Fischer

Ackerland wird für Bauern zu teuer (bitte klicken)

vom 21. Mai berichtet, wird die Verfügbarkeit landwirtschaftlicher Flächen für immer mehr Bauern zu einem ernsthaften Problem. Der Grund ist der hohe Anstieg von Pachten und Preisen.

Kaufpreisentwicklung landwirtschaftlicher Nutzflächen (Quelle: HAZ)
Kaufpreisentwicklung landwirtschaftlicher Nutzflächen (Quelle: HAZ)

Der Artikel der HAZ nennt allerdings nicht alle Gründe hierfür. Richtig ist, dass die Konkurrenz mit Veredelungsbetrieben (Tierprodukte) eine große Rolle spielt. Aber eben auch mit durch das EEG geförderten “Energiebauern”. Und dann wird zu Recht kritisiert, dass die “Shareholder-Landwirtschaft” angesichts der Niedrigrenditen auf dem Kapitalmarkt einen immer größeren Beitrag zum modernen “Bauernlegen” leistet – also “Investitionen” in den Faktor Boden. “Land-Grabbing” gibt es nämlich auch in Deutschland – auch hier ist es im Wesentlichen “Rent-Grabbing”. Schließlich wird die landwirtschaftliche Fläche auch dadurch immer mehr verknappt, dass pro Tag ca. 70 Hektar Agrarland in Siedlungs- und Verkehrsfläche umgewandelt werden – dies bringt sowohl für Grundstückseigentümer als auch für die planungsverantwortlichen Kommunen höhere Einnahmen. So stirbt nach und nach die mittelständische konventionelle Landwirtschaft – von einer größeren Rolle der Biobauern kann man ohnehin nur träumen.

Und wie reagiert die Politik? Im Prinzip nicht anders als bei der parallel laufenden Entwicklung auf den Wohnungsmärkten: Nach dem Motto “ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt” (s. unseren Blogbeitrag “Pippi-Langstrumpf-Politik der GroKo: Mietpreisbremse und Bestellerprinzip” vom 28.2.2015) wird z.B. von der rot-grünen Landesregierung Niedersachsens wieder einmal über eine “Pachtpreisbremse” und Beschränkungen des Grundstücksverkehrs gesprochen. Dies ist eine weitere konzeptionell-intellektuelle Bankrotterklärung – diesmal im Agrarbereich.

Menschenrechtsverletzungen: Weltbank in der Kritik

Dirk Löhr

Die ARD-Tagesschau vom 16.4. berichtet über die Kritik an der Politik der Weltbank, die zu Landverlust,  zwangsweisen Umsiedlungen und Menschenrechtsverletzungen führte und führt:

Kritik an der Weltbank (Video, bitte klicken)

Auch die Bundesregierung gibt sich besorgt; Deutschland gerät als viertgrößter Anteilseigner der Weltbank selbst unter Druck.

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IWF-Chefin Lagarde und Weltbank-Chef Kim (Quelle: Die Zeit)

Ein wichtiger Punkt wird aber in den Medien leider nicht angesprochen: Das Dogma von der Kommodifizierung von Grund und Boden und der Privatisierung der ökonomischen Renten, das die Weltbank wie auch ihre größten Anteilseigner (darunter auch Deutschland) z.B. mit ihrer Unterstützung sog. “marktgestützter Landreformen” verfolgen. Das den Missständen zugrunde liegende Land Grabbing ist nämlich im Wesen nichts anderes als Rent Grabbing.

 

Down under: Rohstoffkonzerne greifen nach Farmland

Dirk Löhr

Die Preise für Eisenerz und Kohle fallen. Die australischen Rohstoffkonzerne, deren Gewinn im Kern aus Ressourcenrenten besteht (also der Differenz zwischen Rohstoffpreisen und Förderkosten) durchlaufen eine Durststrecke. Glencore schloss gerade für sechs Wochen seine Kohleminen in Australien. Doch andere Rohstoffkonzerne verhalten sich nicht so, wie es in den Lehrbüchern steht: Anstatt die Förderung bis zur Stabilisierung der Preise zu drosseln, fördern die drei größten Anbieter auf dem Erzmarkt (BHP Billiton, Rio Tinto und Vale), als ob es kein Morgen mehr gäbe. Die größten Anbieter sitzen auf den besten Vorkommen mit Förderkosten von ca. 40 Dollar pro Tonne – bei schon 70 Dollar pro Tonne schreiben kleinere Anbieter tiefrote Zahlen. Offenbar setzen die großen Anbieter auf eine Marktbereinigung – die chinesische Konkurrenz eingeschlossen. Nicht weniger Beobachter (darunter auch Colin Barnett, der Ministerpräsident Westaustraliens) vermuten hier eine Absprache zwischen den mächtigsten Konzernen (Hein 2014).

Andere Rohstoffkonzerne sind flexibel: Geben die Ressourcen (in der Erde) nicht mehr genügend Renten her, verlagert man sich eben auf die Bodenrenten der Erdoberfläche: So ist die Landwirtschaft Australiens der neue Anlagemagnet. Die australische Erz-Milliardärin Gina Rinehart kauft im großen Stil landwirtschaftliche Flächen in Australien mit dem Ziel, Babypulver für den chinesischen Markt zu produzieren. Doch auch Rio Tinto, der zweitgrößte Exporteur von Eisenerz in der Welt, hält auf einer Fläche in der Größe Thüringens mehr als 25.000 Kühe.Der Minen-Milliardär Forrest kaufte die einzige Exportlizenz von Westaustralien nach China. So kam es zu einem Übernahmeboom in der australischen Landwirtschaft wie seit zwölf Jahren nicht mehr – der Gesamtwert wird auf 2,6 Milliarden Dollar geschätzt (Hein 2014). Das Investment scheint zukunftsträchtig: Die fruchtbaren Flächen werden immer weniger – jedes Jahr geht allein ein Prozent der weltweiten Ackerfläche durch Bodenerosion verloren – zu einem großen Teil verursacht durch unsachgemäße Intensivlandwirtschaft (Scholes / Scholes 2013).

Erosion

Hinzu kommt der Flächenfraß durch die ausufernden Siedlungs- und Verkehrsflächen (Löhr 2013). Gleichzeitig wächst aufgrund der zunehmenden Weltbevölkerung und der sich verändernden Ernährungsgewohnheiten gerade in den großen Schwellenländern (Stichwort: Fleischkonsum in China) die Nachfrage nach Flächen. Ein lohnendes Investment also. Die Schere zwischen Angebot und Nachfrage nach landwirtschaftlichen Flächen geht somit immer weiter auseinander; so entstehen die Renten aus Land und Natur zunehmend auch wieder auf der Erdoberfläche. Das Vordringen der Rohstoffkonzerne in den Agrarsektor ist denn auch für den australischen Landwirtschaftminister Joyce nichts anderes als die Erschließung eines neuen Bodenschatzsektors (nach Hein 2014): “Das Problem mit Erz und Kohle ist, dass man sie ausgraben und dann transportieren muss. Das Tolle an Kühen ist, dass sie von alleine laufen.” So ergreift das Land Grabbing auch Down Under – und Land Grabbing ist i.d.R. gleichzeitig Rent Grabbing (Löhr 2013).

Das Engagement in der Landwirtschaft hat aber möglicherweise auch eine strategische Komponente: Nicht nur das Ende (die lukrative Veredelung über die Viehhaltung), sondern auch der Anfang (die Rohstoffe für die Düngemittelproduktion) sind in der Hand mächtiger Rohstoffkonzerne.  So hat der Weltmarktführer BHP Billington für das Jansen-Projekt, eine riesige Kali-Mine in Kanada, bislang 3,8 Milliarden Dollar bezahlt. So gerät auch die landwirtschaftliche Wertkette immer mehr in die Hand weniger Konzerne (hier ist natürlich auch Monsanto & Co. schwer aktiv).

Boden- und Ressourcenrenten sind ein Gravitationsfeld für wirtschaftliche Macht. Die bisherigen wettbewerbspolitischen Konzeptionen blenden dieses Gravitationsfeld leider aus; und international ist eine Wettbewerbspolitik, die sich der Machtkonzentration entgegenstellen könnte, ohnehin so gut wie nicht vorhanden.

 

Literatur und Quellen:

Hein, C. (2014): Kühe statt Kohle und Eisen, in: FAZ vom 31.12.2014, S. 22

Löhr, D. (2013): Prinzip Rentenökonomie – Wenn Eigentum zu Diebstahl wird, Marburg 2013.

Scholes, M.C. / Scholes, R.J. (2013): Dust unto Dust, in: Science 1, Nov., Vo. 342 No. 6158, S. 565-566; DOI: 10.1126/science.1244579. Online: http://www.sciencemag.org/content/342/6158/565.summary

Hinweis: Die Gier nach Ackerland

Dirk Löhr

Knut Krohn hat in der Stuttgarter Zeitung vom 17.11.2014 einen sehr guten, komprimierenden Artikel über das Thema Land Grabbing veröffentlicht:

Die Gier nach Ackerland (bitte klicken)

Land Grabbing (Quelle: Stuttgarter Zeitung vom 17.11.2014)
Land Grabbing (Quelle: Stuttgarter Zeitung vom 17.11.2014)

 

 

 

 

 

 

 

Krohn thematisiert allerdings nicht ausdrücklich, dass Land Grabbing eben auch zu einem erheblichen Teil Rent Grabbing ist: Es geht den Investoren nicht zuletzt um die Erträge, die man aus dem Boden ziehen kann (“Bodenrenten”).  Dieser Aspekt durchzieht jedoch den Artikel von Charlotte Theile (in derselben Ausgabe) “Land Grabbing bei Schweizer Banken”.

Veranstaltungshinweis: Neue Orientierungen der Geld- und Bodenrechtsreform

Die 54. Mündener Gespräche finden am 22. und 23. November wieder in der Reinhardswaldschule Fuldatal-Simmershausen bei Kassel statt.

Reinhardswaldschule bei Kassel
Reinhardswaldschule bei Kassel

Das Programm reicht vom Thema Land-Grabbing bis hin zur Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank – und stellt auch dar, was das Eine mit dem Anderen zu tun hat.

 

Das Programm und die organisatorischen Hinweise finden Sie hier:

Programm 54. Mündener Gespräche (bitte klicken)

und hier das Anmeldeformular (bitte klicken).

Die Anmeldung ist bis zum 16. November 2014 ohne “Verspätungszuschlag” möglich. In besonderen Fällen können auf Antrag Zuschüsse für Studierende  und junge Erwerbslose bis zu 80 Euro gewährt werden.

 

UK ‘aid’ is financing a corporate scramble for Africa

Land grabbing is rent grabbing!

See the article and the film: http://www.theecologist.org/News/news_analysis/2343978/uk_aid_is_financing_a_corporate_scramble_for_africa.html

of Miriam Ross: £600 million of UK aid money is going to help companies like Unilever and Monsanto take over African land and agriculture, writes Miriam Ross. The corporate power-grab will be disastrous for the small-scale farmers who feed at least 70% of Africa’s people.