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Reichtum durch Immobilienboom

Dirk Löhr

wie die Hannoversche Allgemeine Zeitung vom vom 23. 11. 2016 unter Berufung auf eine Studie der Schweizer Großbank Crédit Suisse berichtet, nimmt die Zahl der Reichen auch in Deutschland aufgrund des Immobilienbooms kräftig zu.

Deutschland verzeichnete diesbezüglich nach Japan und den USA den drittstärksten Zuwachs: Das Durchschnittsvermögen pro Erwachsenem stieg in 2016 hierzulande entgegen dem weltweiten Trend um 2,8 Prozent auf 185 175 Dollar (rund 174 157 Euro), wie aus dem am Dienstag veröffentlichten „Global Wealth Report“ des Geldinstituts hervorgeht.

Die Zahl der Dollar-Millionäre in Deutschland erhöhte sich von Mitte 2015 bis Mitte 2016 um 44 000 auf etwa 1,6 Millionen. Bis 2021 dürfte sie um 30 Prozent auf rund 2,1 Millionen zulegen, schätzen die Autoren der Studie. Der Club der Superreichen, die ein Vermögen von mindestens 30 Millionen Dollar haben, vergrößerte sich um 500 auf 6100 Mitglieder. Deutschland lag damit auf dem dritten Rang nach den USA und China. Bis 2021 werde es voraussichtlich rund 1800 neue Superreiche zwischen Kiel und Berchtesgaden geben.

Allerdings kam Deutschland beim Durchschnittsvermögen nur auf Rang 19, was eine entsprechend hohe Ungleichverteilung des Vermögens indiziert. An der Spitze der Durchschnittvermögen lag abermals die Schweiz mit 561 900 Dollar je Erwachsenen.

Angetrieben wurde die beschriebene Entwicklung in Deutschland, aber auch in anderen Teilen der Welt vor allem von steigenden Immobilienpreisen, nicht von Aktien. Dies wiederum dürfte an den steigenden Bodenrenten liegen – die Bodeneinkommen sind der verteilungspolitische Gewinner der Niedrigzinsphase. Auch aufgrund des durch die Niedrigzinsphase bewirkten “Notstandes” bei anderen Anlagen werden die Bodenrenten dann entsprechend hoch bewertet.

In der amtlichen Statistik werden freilich die Bodeneinkommen nicht gesondert ausgewiesen – Boden spielt nach wie vor in der herrschenden Ökonomie eine untergeordnete Rolle.

 

Straßenausbau “auf gut Deutsch”: Gemolkene Anlieger

Dirk Löhr

Wie die Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 11. 11. 2015 im Artikel “Wer zahlt künftig für den Straßenbau?
Land lockert Regeln für Kostenverteilung” (von Michael B. Berger und Felix Harbart) berichtet, hat die rot-grüne Landesregierung Niedersachsens am Dienstag Änderungen des Kommunalabgabengesetzes beschlossen. Das Land leitet so offenbar die verrückte Jahreszeit ein. Hintergrund ist das leidige Thema der Straßenausbaubeiträge.

Marode straße

Tatsächlich sind Straßenausbaubeiträge ein Quell steter Freude: Oft wird der Zusammenhang zwischen Nutzen und Kosten zerrissen, wenn z.B. wenige Anlieger für tausende Autofahrer zahlen, welche die Straße passieren. Von den Baumaßnahmen profitieren oft nicht die zur Kasse gebetenen Anwohner, die übrigens in größeren Straßen oft ziemlich willkürlich zur Zahlung bestimmt werden können. Ganz im Gegenteil gibt es sogar Fälle, wo diese zahlen dürfen, obwohl sie offensichtlich keinen Nutzen haben. Zudem kommen die Abgaben oft unerwartet und in einer Höhe auf die Bürger zu, die deren Leistungsfähigkeit überfordert. Die Folge solcher Ungereimtheiten sind Abgabenwiderstand und unerfreuliche Diskussionen. Einen Vorteil hat diese bisherige Regelung allerdings: Sie wirkt „disziplinierend“ auf die Kosten. Die gemolkenen Bürger schauten sich genau an, was die Gemeinde mit ihrem Geld macht.

Wir haben in diesem Blog derartige Abgaben immer wieder aus der Perspektive des Henry George-Theorem kritisiert.  Dabei haben wir dargestellt, dass es auch eine von der Politik beharrlich ignorierte Finanzierungsalternative gibt (siehe u.a. den Beitrag: “Horrende Abgaben für die örtliche Straßensanierung” vom 01.10.2014): Soweit die Ausgaben der Kommune tatsächlich nutzenstiftend sind, erhöhen sich auch die Bodenerträge und Bodenwerte entsprechend. Würden diese Vorteile durch eine Bodenwertsteuer (teilweise) abgeschöpft, würde derjenige die Maßnahmen finanzieren, der faktisch und tatsächlich durch sie begünstigt ist.  Zudem würde die Zahlung den Begünstigten nicht einmalig belasten, sondern nur so lange, wie er tatsächlich einen Nutzen aus der Maßnahme zieht.  Im derzeitigen Gerangel um die Reform der Grundsteuer wird eine solche Lösung von der Initiative “Grundsteuer: Zeitgemäß!” vertreten.

Die neuen Pläne der niedersächsischen Landesregierung greifen indessen zwar Teilaspekte derartiger Gedanken auf, bleiben jedoch grundsätzlich im deutschen Abgabenkuddelmuddel verhaftet. Künftig sollen zwar die bislang einmaligen Straßenausbaubeträge durch „wiederkehrende Beträge“ ersetzt werden können. Auch soll es möglich sein, den Kreis der Zahler zu erweitern. So könnten beispielsweise die Einwohner des gesamten Stadtteils oder jene in einem bestimmten Umkreis der Straße herangezogen werden.  Die Entkopplung von Nutznießer und Zahlendem wird so möglicherweise ein wenig zurückgeführt, aber nicht aufgehoben. Dabei entscheiden nach wie vor kommunalen Verwalter darüber, wer begünstigt wird und wer nicht – die Preissignale des Marktes werden weiterhin beiseite geschoben. Tragende Grundsätze deutscher Abgabenpolitik sind offenbar weiterhin: Warum Nutznießer belasten, wenn man auch unbeteiligte Dritte bluten lassen kann? Und: Warum einfach, wenn’s auch kompliziert geht?  Komischerweise regt sich in diesem Land kaum jemand über so etwas auf.

 

 

HAZ: Rekordjahr für die Aktionäre

Dirk Löhr

Passend zu unserem letzten Blogbeitrag

GELDREGEN DER EZB: VERTEILUNGSPOLITISCHER SEGEN?

erschien in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung (HAZ) vom 25.3. ein aufschlussreicher Artikel von Harald Schmidt und Friederike Marx: Rekordjahr für die Aktionäre. Der Wortlaut:

“Die jüngsten Dax-Rekorde sind nicht alles, was Aktionären derzeit Freude macht. Hinzu kommt der üppigste Geldregen aller Zeiten, wie die Beratungsgesellschaft EY in einer am Dienstag veröffentlichten Studie errechnet hat. Demnach schütten die 30 größten börsennotierten Unternehmen in Deutschland insgesamt 29,5 Milliarden Euro aus. Das sind 10 Prozent mehr als im Vorjahr. ‘Die Dax-Konzerne haben im vergangenen Jahr insgesamt Rekordgewinne erwirtschaftet“, sagt EY-Börsenexperte Martin Steinbach. „Die Aktionäre können sich entsprechend auf die bisher höchste Dividendenauszahlung überhaupt freuen.’

Größter Dividendenzahler ist den Angaben zufolge die Allianz: Der Versicherungskonzern zahlt seinen Aktionären 3,1 Milliarden Euro, fast ein Drittel mehr als im Vorjahr. Auch Siemens (2,7 Mrd. Euro, plus 7 Prozent) und Daimler (2,6 Mrd. Euro, plus 9 Prozent) zeigen sich besonders großzügig. Über den stärksten Zuwachs können sich die K+S-Anteilseigner freuen: Der Düngemittelkonzern hat die Ausschüttung von 48 auf 172 Millionen Euro mehr als verdreifacht – nachdem er sie im Jahr davor allerdings noch drastischer gekürzt hatte.

Den Unternehmen fielen die Erhöhungen leicht, sagt Steinbach: „Die Gewinne steigen stärker als die Dividendenausschüttung – das deutet darauf hin, dass es die Unternehmen insgesamt nicht übertreiben und darauf achten wollen, dass sie ausreichend liquide Mittel vorhalten.“ Denn der gesamte Jahresüberschuss aller 30 Dax-Konzerne stieg im vergangenen Geschäftsjahr um 14 Prozent auf 67,3 Milliarden Euro.

Im Moment sieht es nicht so aus, als würden die Gewinne in diesem Jahr auf breiter Front schrumpfen. Der niedrige Ölpreis und der schwache Euro befeuern den Export, wichtige Absatzmärkte wie die USA entwickeln sich gut, die Euro­zone kommt allmählich in Schwung, und der Binnenmarkt brummt dank Rekordbeschäftigung und steigender Löhne ohnehin. EY erwartet für Deutschland in diesem Jahr 2,2 Prozent Wirtschaftswachstum und zeigt damit besonders viel Optimismus.

Insgesamt zahlen 20 Unternehmen ihren Aktionären in diesem Jahr mehr Dividende als 2014, nur zwei schütten weniger aus: Eon und die Deutsche Lufthansa. Die von Billigkonkurrenz und Streiks gebeutelte Fluggesellschaft hat die Dividende sogar ganz gestrichen und ist damit neben der Commerzbank das einzige Dax-Unternehmen, bei dem die Aktionäre leer ausgehen. Die EY­Experten sind jedenfalls überzeugt: Der Trend bei den Dividendenausschüttungen der Börsenschwergewichte zeigt eindeutig nach oben.

Allerdings profitiert nur eine Minderheit der Menschen in Deutschland davon: 2014 hatten nach Zahlen des Deutschen Aktieninstituts nur noch 8,4  Millionen Menschen oder rund 13  Prozent der Bevölkerung Geld in Aktien­ oder Aktienfonds angelegt. Allein­ 2014 trennten sich demnach rund eine halbe Million Deutsche von Aktien, seit dem Höchststand im Jahr 2001 kehrten fast 4,4 Millionen Anleger den Börsen den Rücken. „Es ist schwer verständlich, dass sich Anleger jetzt von Aktien trennen“, sagt Jürgen Kurz von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. Zumal der Dax seit Jahresanfang eine beeindruckende Rekord­jagd hingelegt hat.”

 

Es knirscht und bröckelt

Dirk Löhr

Über den beklagenswerten Zustand der deutschen Infrastruktur berichtete – am Beispiel Niedersachsen – die Hannoversche Allgemeine Zeitung vom  Sonnabend, dem 14. Februar 2015 in einem Anzeigenspezial:

Infrastruktur.14.2.2015 (bitte klicken)

Die schwarze Null unseres Bundesfinanzministers bedeutet vor diesem Hintergrund nichts anderes als die Verschiebung von Lasten auf kommende Generationen. Im Übrigen könnte man sämtliche Fixkosten der Infrastrukturen bequem aus den Bodenrenten finanzieren, was das Henry George-Theorem beschreibt. Ein erster Schritt wäre eine Reform der Grundsteuer im Sinne einer Bodenwertsteuer, wie sie die Initiative “Grundsteuer: Zeitgemäß!” fordert. Gleichzeitig könnte die Grundsteuer zu Lasten anderer Steuern (“Tax shift”) gestärkt werden, was u.a. auch die OECD für Deutschland anmahnte. Dadurch würde u. a. auch der Wunsch Schäubles in Erfüllung gehen, Unternehmen dort zu besteuern, wo sie ihr Geld verdienen: Dies sind die Unternehmensstandorte.