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Dick dank Gabriel: Edeka schluckt Kaiser’s Tengelmann

Dirk Löhr

Der Vorsitzende der Monopolkommission, Prof. Daniel Zimmer ist von seinem Amt zurückgetreten.  Zimmer protestiert damit dagegen, dass Bundeswirtschaftsminister Gabriel nun per Ministererlaubnis der Übernahme der etwa 450 Supermärkte der Marken Tengelmann und Kaiser’s durch Edeka den Weg freimachen will. Damit setzte er sich zunächst über das Bundeskartellamt hinweg, das den Kauf mit der Begründung untersagt hat, der Wettbewerb werde beeinträchtigt.

edeka kaisers tengelmann groot

Die beteiligten Konzerne beantragten daraufhin eine Ministererlaubnis,  mittels der die Entscheidung des Kartellamts aufgehoben werden kann. Innerhalb von 42 Jahren hat es erst acht solche Erlaubnisse gegeben – und diese hatten teilweise ein “Geschmäckle” (wie z.B. bei der Übernahme von Ruhrgas durch E.ON). Vor einer solchen Ministererlaubnis ist eine Stellungnahme der Monopolkommission vorgeschrieben; diese lehne die Fusion einstimmig ab. Das juckt aber den Dickhäuter Gabriel nicht wirklich. Dabei ist die Ministererlaubnis gegen jede wirtschaftliche Vernunft, wie Prof. Daniel Zimmer in seiner lesenswerten

persönlichen Presseerklärung

noch einmal deutlich macht. Ob Gabriel eine Pressuregroup bedenken wollte, ob ihn blinder Aktionismus oder nur der blanke wirtschaftliche Unverstand treibt, wird wohl sein Geheimnis bleiben. Irgendeine wirtschafts- oder ordnungspolitische Orientierung ist bei dieser Entscheidung schwer auszumachen – das ist freilich bei SPD-Politikern nicht wirklich neu.

Das allerletzte Wort ist allerdings noch nicht gesprochen. Gegendruck kommt u.a. vom Bauernverband, der angesichts der nun weiter wachsenden Nachfragemacht noch schwierigere Zeiten auf seine Klientel zukommen sieht. Auch der Rewe-Chef Alain Caparros will gegen die Entscheidung Beschwerde einreichen – das könnte die Fusion zumindest erheblich verzögern.

 

Kaiser’s Tengelmann: Weitere Konzentration im Einzelhandel?

Dirk Löhr

Die Konzentration im Einzelhandel könnte weiter voranschreiten. Tengelmann möchte sich komplett aus dem Geschäft mit Supermärkten zurückziehen und die defizitären Läden mit einem Jahresumsatz von rund 1,8 Milliarden Euro und 16.000 Mitarbeitern von Kaiser’s und Tengelmann an den Rivalen Edeka verkaufen. Die Supermärkte haben Tengelmann schon seit einigen Jahren keine Rendite mehr gebracht (o.V. 2014a).

Mittlerweile vereinen die vier größten Einzelhandelsunternehmen in Deutschland rd. 85 Prozent des Absatzmarktes auf sich (s. den Beitrag: “Gewinne und Renten: Alles Aldi oder was?“).

Aldi-Supermarkt
Aldi-Supermarkt

Merkwürdigerweise sind die reichsten Leute Deutschlands (die mittlerweile verstorbenen Brüder Albrecht sowie Dieter Schwarz) durch den Discount reich geworden. Dabei sind die (Lebensmittel-) Preise in Deutschland günstig, wesentlich günstiger als im Ausland. Der sagenhafte Reichtum von Albrecht, Schwarz & Co. wurde auch nicht durch ihre Macht an gegenüber dem Endkunden möglich. Er entstand vielmehr dadurch, dass die Unternehmen die Einkaufsfront für sich eroberten – und zwar durch schiere Größe. So konnten sie “Economies of Scale” im Einkauf nutzen, und so konnten sie Vorlieferanten unter Druck setzen. Kaiser’s Tengelmann war mit einem Marktanteil von nur 0,6 Prozent zu klein, um hier mitzuhalten. Die Größe von Aldi & Co. wiederum war nicht zuletzt einer desaströsen und unabgestimmten Standortpolitik der Kommunen geschuldet: Aldi & Co. bekamen beste Standorte in großer Menge sozusagen frei Haus – jedes einzelne Grundstück zu einem Tarif, der den wirtschaftlichen Wert des Anteils am Gesamtportfolio der Standorte nicht im Entferntesten abbildete. Die Bodenrenten wurden hierdurch nicht von den im unproduktiven Wettbewerb stehenden – unkoordiniert wie großzügig agierenden – Kommunen abgesaugt. Sie bilden denn auch den Kern des Reichtums von Aldi, Lidl etc. Und irgendwann waren die guten Standorte okkupiert – sogar Unternehmen wie Walmart war es nicht mehr möglich, in den deutschen Markt einzudringen.

Die oftmals mittelständischen Lieferanten der großen Lebensmitteleinzelhändler wird die Fusion nicht freuen. Der schon jetzt unerträgliche Druck auf sie wird sich noch weiter erhöhen. Allerdings haben die Wettbewerbshüter noch etwas mitzureden. Diese wollen die Fusion “intensiv prüfen” (o.V. 2014b). Nun beginnt jedoch Wettbewerbspolitik, wie wir im Beitrag “Wettbewerb und die einzelwirtschaftlichen Grenzen des Wachstums” dargestellt haben, schon bei der Standortpolitik. Hätte sich das Kartellamt von Anfang an an einer wettbewerbspolitischen Konzeption orientiert, die auch die (kommunale) Standortpolitik mit integriert, müsste es sich nun nicht um die Überlebensfähigkeit des schaurigen marktwirtschaftlichen Torsos im Lebensmitteleinzelhandel sorgen. Freiheit und Marktwirtschaft gibt es eben nicht ohne Grenzen. Diese hat die Wettbewerbspolitik im Lebensmitteleinzelhandel zu ziehen versäumt.

Tengelmann wird’s überleben. Die Gruppe ist auch an KiK, der Baumarktgruppe Obi und an Zalando beteiligt – hierbei handelt es sich um deutlich attraktivere Investments, die sich ebenfalls die o.a. Erfolgsstrategie zu Nutze machen.

 

Mehr Informationen

o.V. (2014a): Ausstieg aus Supermarkt-Geschäft: Edeka kauft Läden von Kaiser’s Tengelmann, in: SpiegelOnline vom 7.10. Online: http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/tengelmann-kaiser-s-verkauft-supermaerkte-an-edeka-a-995773.html

o.V. (2014b): Kartellamt will Kaiser’s-Tengelmann-Verkauf ‘intensiv prüfen’, in: FAZnet vom 7.10. Online: http://www.faz.net/agenturmeldungen/unternehmensnachrichten/kartellamt-will-kaiser-s-tengelmann-verkauf-intensiv-pruefen-13194282.html