Category Archives: Land Reform

Mehr Land in öffentliche Hand!

Dirk Löhr

So langsam kämpft sich der Immobilienmarkt aus der Rezession heraus. Verantwortlich für diese waren v.a. ein hohes Zinsniveau und hohe Materialkosten. Hinzu kommen als längerfristig wirkende Hemmnisse überbordende Vorschriften, darunter speziell energetische Anforderungen, die relativ sinnfrei sind (in diesem Blog wurde wiederholt darüber berichtet).

Es dürfte nicht zuletzt der demographischen Entwicklung geschuldet sein (Migration), dass ungeachtet des Einbruchs in der Bautätigkeit die Wohnungsmieten nur eine Richtung kannten und weiterhin kennen: Steil nach oben. In einem funktionierenden Markt wäre als Reaktion mit einem höheren Angebot zu rechnen gewesen – tatsächlich wurde die Zielgröße der Bundesregierung von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr (davon 100.000 mit Sozialbindung) im letzten Jahr mit weniger als 300.000 neuen Wohnungen in den vergangenen zwei Jahren deutlich verfehlt – auch 2024 besteht keine Aussicht auf Besserung.

Der Hoffnungsschimmer besteht darin, dass die Spitzen von Zinsen und Baukostensteigerungen hinter uns zu liegen scheinen. Das Problem: Viele Bauunternehmen haben den Einbruch nicht überlebt, die Bautätigkeit hat gelitten. Die Kapazität für die notwendige Bautätigkeit ist nicht vorhanden.

Zudem wäre es eine Milchmädchenrechnung anzunehmen, dass die Erleichterungen bei den Finanzierungs- und Materialkosten sich 1:1 in einer höheren Rendite der Investoren abbilden, die dann stimulierend auf die Bautätigkeit wirkt.

Tatsächlich stellen die Bodenwerte eine Restgröße dar, die sich aus der Differenz zwischen den Erträgen aus der Immobilie und den Bau- und Finanzierungskosten ergibt. Eine geringere Belastung durch Bau- und Finanzierungskosten in der Zukunft bedeutet höhere Bodenwerte. Hinzu kommen in einigen Regionen Aufschläge auf die Bodenwerte, die nicht den Ertragserwartungen, sondern eher spekulativen Erwartungen geschuldet sind. Mit anderen Worten: Künftige Erleichterungen bei den Finanzierungs- und Materialkosten dürften in hohem Maße durch weitere Bodenwertsteigerungen aufgefressen werden.

Schließlich steigt latent die Rivalität bezüglich der Nutzungsansprüche mit Blick auf den Boden. Beispielsweise steht der Umwandlung von Agrar- in Bauland die nachhaltigkeitspolitische Zielsetzung der Bundesregierung von weniger als 30 Hektar pro Jahr hingegen. Durch den Klimawandel bedingte Erhitzungen der Städte, Starkregenereignissen etc. muss mit Frischluftschneiden, Grüngürteln und Wasserretentionsflächen begegnet werden. Auch Verdichtungen (z.B. durch Aufstockungen bestehender Gebäude) sind Grenzen gesetzt, z.B. durch die Infrastrukturausstattung.

Die beschriebenen und viele weiteren Nutzungskonflikte kann ein auf Privateigentum basierender Marktmechanismus alleine nicht lösen. Dieser alloziiert die Flächen allein nach Zahlungsfähigkeit (Ökonomen benutzen das ein wenig unglückliche Wort “Zahlungsbereitschaft”). In der Logik des Marktes ist der Park in einer hochpreisigen Umgebung erst einmal Ressourcenverschwendung (Opportunitätskosten), und die Schule hat der Bankfiliale zu weichen.

Hier schlägt die Stunde der Planung: Die Nutzungskonflikte müssen auch nach anderen Kriterien als denjenigen der Effizienz aufgelöst werden. Entsprechend der Leitwerttheorie von Hartmut Bossel (1998) sind beispielsweise auch Versorgung, Gerechtigkeit, Sicherheit, Adaptivität u.a. zu beachten. So sinnvoll der Marktmechanismus bei anderen Gütern ist: Mit Blick auf diese Allokationsaufgabe muss er auf sich gestellt versagen.

Planung alleine reicht aber nicht aus. Sie muss implementiert und nachhaltig abgesichert werden (Dransfeld 2023). Hier kommt das öffentliche – v.a. kommunale – Bodeneigentum ins Spiel. Dieses müsste gegenüber dem Stand heute deutlich erhöht werden. Hierbei könnten Bodenfonds auf Länderebene sowie in den Kommunen eine Schlüsselrolle spielen. All dem steht jedoch ein unzureichendes rechtliches Instrumentarium und fehlende finanzielle Mittel entgegen. Zudem gilt es, das Instrument des kommunalen Erbbaurechts zu stärken: Auf diese Weise können nicht nur die Nutzungen selbst (z.B. über langfristige Sozialbindungen), sondern auch Zwischen- und Nachnutzungen langfristig gesteuert werden. Das Problem: Kommunen wenden Erbbaurechte immer noch wie bei ihrer Einführung von gut 100 Jahren an. Für Investoren ist dies höchst unattraktiv.

Natürlich werden jetzt v.a. Ordnungspolitiker widersprechen. Der Staat soll nicht steuern, sondern v.a. einen Rahmen setzen, innerhalb dem sich die Akteure frei, aber unter der Befolgung der vorgegebenen Regeln bewegen können. Diese Sicht der Dinge gilt jedoch v.a. globale und volkswirtschaftlich. In den untergeordneten Einheiten des Staates (v.a. Kommunen) ist hingegen Maßnahmen- und Prozesspolitik unverzichtbar. So will das Schlagloch in der Straße (öffentliches Gut) repariert werden – die Kommune muss dies unmittelbar tun oder doch zumindest veranlassen. Ähnliches gilt auch für die Wohnungspolitik: Der Markt drängt auf Segregation. Will man Banlieus und Gates communities verhindern, muss die öffentliche Hand aktiv werden und die Durchmischung managen. Dabei muss sie den Marktkräften sogar ein Stück entgegenwirken (allerdings darf sie dabei nicht das Kind mit dem Bade ausschütten).

Die zuletzt genannten Aspekte können vorliegend nicht ausgebreitet werden – es bleibt mehr als genug Stoff für künftige Artikel in diesem Blog.

Literatur:

H. Bossel (1998): Globale Wende – Wege zu einem gesellschaftlichen und ökologischen Strukturwandel, München.

E. Dransfeld (2023): Kommunales Landmanagement als Voraussetzung für eine gemeinwohlorientierte Wohnungsbaupolitik. Zfv 148, S. 342-353

Finanzgericht Baden-Württemberg: Bodenwertsteuer ist verfassungsgemäß!

Dirk Löhr

Mit den Urteilen vom 11.06.2024 hat das Finanzgericht Baden-Württemberg entschieden, dass das Landesgrundsteuergesetz vom 04.11.2020 verfassungsgemäß ist. Zur Pressemitteilung hier. Damit wurde dem eigentümlichen Verständnis von “Äquivalenz” als Rechtfertigung der Grundsteuer, wie es von Prof. Gregor Kirchhof (Universität Augsburg), dem Steuerzahlerbund und der Immobilienlobby vertreten wird, eine Ohrfeige verpasst. Hiernach hätte der Bodenwert nichts mit der Ausstattung an (punktförmiger) kommunaler Infrastruktur zu tun. Diese Auffassung ist nicht zuletzt deswegen merkwürdig, weil es Bibliotheken von empirischen Untersuchungen (v.a. aus dem Ausland) gibt, welche das Gegenteil belegen. Mit dieser schrägen Auffassung von Äquivalenz wird auch das Grundsteuermodell Bayerns begründet, das sich allein auf die Fläche bezieht. Für ein altes Haus in schlechter, peripherer Lage mit niedrigem (Grundstücks-) Wert muss hier dieselbe Grundsteuer entrichtet werden wie für eine neue Immobilie in einer Top-Lage. Niedersachsen, Hamburg und Hessen korrigieren dieses Modell zwar nach Lage, aber in einer Weise, dass die Bemessungsgrundlage herzlich wenig mit der Relation der Verkehrswerte zu tun hat. Natürlich ließen nach den Urteilen die Gegner nicht lange auf sich warten, die behaupteten, die Bodenwertsteuer würde zu einer Belastungsexplosion führen. Ignoriert wurde hierbei, dass die Bemessungsgrundlage zusammen mit den Steuermesszahlen nur die Belastungsstruktur bestimmt, die Höhe der Steuer aber ausschließlich in der Hand der Kommune (über deren Hebesatzrecht) liegt. Diese werden angesichts der erhöhten Bemessungsgrundlage die Hebesätze entsprechend reduzieren, wenn die Kommunalpolitiker keinen politischen Selbstmord begehen wollen. Ob dies freilich zur erwünschten Aufkommensneutralität führt, ist eher unwahrscheinlich. Das hat allerdings nichts mit der Bodenwertsteuer, sondern mit der finanziellen Situation der Kommunen zu tun. Wir hatten darüber berichtet, dass auch in Ländern mit flächenorientierter Bemessungsgrundlage Klagen über eine voraussichtlich steigende Grundsteuer laut werden. Nach dem Motto “Man muss die Unwahrheit nur oft genug wiederholen, dann wird sie irgendwann geglaubt” wird der Unsinn jedoch weiterhin unverdrossen in die Welt gesetzt.
Mit den Urteilen des Finanzgerichts Baden-Württemberg ist es noch nicht getan: Es wurde Revision zugelassen (Bundesfinanzhof). Damit bleibt es spannend.

Kein öffentliches Grundvermögen mehr versilbern – Hamburg macht es vor!

Dirk Löhr

Am Donnerstag, den 26.01.2022, war ich zu einer öffentlichen Anhörung des Verfassungs- und Bezirksausschusses der Hamburgischen Bürgerschaft geladen. Es ging um die Vorbereitung einer Beschlussvorlage, der u.a. die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum als Staatszielbestimmung vorsieht und zudem ein verfassungsmäßig verankertes Veräußerungsverbot für Wohngrundstücke vorsieht. Diese sollen grundsätzlich nur noch via Erbbaurecht vergeben werden. Vorangegangen war eine Einigung mit der Volksinitiative “Boden & Wohnraum behalten – Hamburg sozial gestalten! Keine Profite mit Boden & Miete!”. Wird der Beschluss in seinem Kern von der Bürgerschaft tatsächlich verabschiedet, beschreitet Hamburg einen neuen Weg, der weisend auch für andere Bundesländer sein kann.

Meine mündliche Stellungnahme finden Sie hier:

“Danke für die Einladung!

I. Staatszielbestimmung Art. 73a LVV

  1. Darstellung:

Sachlich umfasst die Vorschrift die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum, die Verpflichtung auf den Vorrang der Innenentwicklung und die Berücksichtigung des Schutzes der natürlichen Lebensgrundlagen bei der Ausweisung neuer Bauflächen.

2. Beurteilung:

Ich bin zwar kein Volljurist. Erlauben Sie mir dennoch folgende Anmerkungen.

Es handelt sich um explizit eine Staatszielbestimmung, d.h. um eine objektiv-rechtliche Selbstverpflichtung, die kein einklagbares subjektives Recht Seitens der Bürger statuiert oder in Konflikt mit Bundesgesetzen treten könnte, soweit der Bund von der konkurrierenden Gesetzgebungsbefugnis Gebrauch gemacht hat.

Einige Landesverfassungen sehen sogar ein explizites Recht auf Wohnraum vor, wie Bayern (Art. 106), Berlin (Art. 28), Bremen (Art. 14) und Sachsen (Art. 7). Ungeachtet der sprachlichen Ausgestaltung wird diesen Normen nach h.M. jedoch nicht der Charakter von subjektiven (also einklagbaren) Rechten zugestanden. Andere Landesverfassungen regeln die Wohnraumversorgung ausdrücklich als Staatszielbestimmungen – so Brandenburg (Art. 47), Mecklenburg-Vorpommern (Art. 17), Niedersachsen (Art. 6a), Nordrhein-Westfalen (Art. 29), Rheinland-Pfalz (Art. 63), Sachsen-Anhalt (Art. 40) und Thüringen (Art. 15).

Genannt wurden gerade 11 von 16 Bundesländern. Mir fehlt das Vorstellungsvermögen dafür, dass in Hamburg rechtlich nicht möglich sein sollte, was in der Mehrzahl der Bundesländer schon implementiert wurde.

II. Kern des Beschlusses, Umsetzung im Rahmen des Art. 72 Abs. 6 LV

  1. Darstellung:

Intendiert ist die verfassungsmäßige Verankerung eines Veräußerungsverbotes an Wohngrundstücken. In einem Durchführungsgesetz werden Ausnahmen verankert, um entsprechende Flexibilität zu gewährleisten. In der Beschlussvorlage ist zudem ein Mehrungsgebot vorgesehen (positive Flächenbilanz), allerdings ohne expliziten Verfassungsrang. Gleiches gilt für die Abgabe der Grundstücke, die an Marktteilnehmer grs. über Erbbaurechte erfolgen soll. Hier kann man allerdings implizit (verfassungsrechtliches Veräußerungsverbot) ebenfalls Verfassungsrang annehmen.

2. Beurteilung:

Diese Neuorientierung ist unbedingt sinnvoll. In der Zukunft werden sich für Hamburg weitere Zuwanderungen ergeben. Gleichzeitig werden mehr Flächen für grüne und blaue Infrastruktur etc. benötigt, wobei diese nicht mit hochproduktiven wirtschaftlichen Nutzungen auf dem Markt konkurrieren können. Die Flächenkonkurrenz wird sich erhöhen. Mit den vielfachen Herausforderungen, die sich mit Blick auf bezahlbaren Wohnraum, die Adaption an den Klimawandel, Schwammstadtkonzepte, Resilienz (auch mit bewusst eingebauten redundanten Infrastrukturen) etc. stellen, ist ein allein auf Markt und Privateigentum basierender Allokationsmechanismus aber überfordert. Die Beschlussvorlage möchte diesen Allokationsmechanismus nicht ersetzen, sondern ergänzen. Im Übrigen verweise ich hier auf meine schriftliche Stellungnahme.

In den bestehenden Regelwerken (Landes- und Gemeindeordnungen) ist typischerweise festgelegt, dass Vermögensgegenstände (darunter unterschiedslos auch Boden und Wohnungen) nur erworben werden können, soweit dies zur Erfüllung der Aufgaben der Gebietskörperschaft notwendig ist. Sie dürfen nur veräußert werden, wenn sie nicht mehr benötigt werden (FHH: noch andere Kriterien). § 63 LHO der FHH bildet hier keine Ausnahme.

Was aber „notwendig“ ist und ob die Vermögenswerte noch benötigt werden, stellt Auslegungssache dar – es handelt sich um unbestimmte Rechtsbegriffe.

Die geplante Ergänzung des Art. 72 Abs. 6 LV (Veräußerungsverbot bei Wohngrundstücken) stellt insoweit eine Leitlinie dar, die in den Rang eines Verfassungsauftrages gerückt wird. Mit dem Mehrungsgebot („positive Flächenbilanz“), öffnet der Beschluss auch das Tor für eine Bodenvorratspolitik, wenngleich auch dem Mehrungsverbot kein unmittelbarer Verfassungsrang zukommen soll.

Für eine systematische Bodenvorratspolitik, wie sie z.B. die Stadt Ulm seit 130 Jahren erfolgreich betreibt (übrigens ausgelöst durch Druck von Unternehmerseite), ist jedoch eine Grundsatzorientierung nötig. Hier muss ein Konsens existieren (wie eben in Ulm), und am besten auch eine Rechtsgrundlage. Zudem muss es möglich sein, die Grundstückskäufe antizyklisch vorzunehmen: Also gerade dann, wenn sie anscheinend – aus kurzfristiger Perspektive – eben nicht erforderlich sind, nämlich bei einem entspannten Markt. Das geben die Regelungen der LHO mit ihren Verweisen auf die „Notwendigkeit“ für sich genommen derzeit nicht ohne Weiteres her. Auf der Grundlage der Verfassungsergänzung kann eine vollständig neue Interpretation dessen erfolgen, was “notwendig” ist. Ob eine klarstellende Änderung der LHO vor diesem Hintergrund nötig ist, mögen die Juristen entscheiden.

So sehr die Richtung stimmt, erlauben Sie mir auch ein wenig Kritik an der Beschlussvorlage:

  • Gerade im Zuge der Adaption an den Klimawandel kann es auch sinnvoll sein, Grundstücke zu bevorraten, ohne dass deren künftiger Verwendungszweck genau festliegt. Daher und aus anderen Gründen hätte ich mir bei Art. 72 Abs. 6 auch keine Beschränkung auf Wohngrundstücke gewünscht.
  • Die Beschlussvorlage enthält zwar das Bestreben nach einer positiven Flächenbilanz – m.E. wäre es jedoch gut, wenn auch das Mehrungsgebot explizit in der Landesverfassung verankert würde.

Schließlich sei noch der Hinweis erlaubt, dass das Ziel einer positiven Flächenbilanz auch der Bereitstellung finanzieller Mittel bedarf. Es ist zumindest kurz- und mittelfristig kaum zu erwarten, dass die Erbbauzinsen hierfür hinreichend sein.

Dennoch: Auch mit Art. 72 Abs. 6 der Beschlussvorlage schlägt die FHH einen neuen Weg ein, der auch weisend für andere Bundesländer sein kann.

III. Abgabe der Grundstücke grs. auf dem Wege des Erbbaurechts

  1. Darstellung:

Die Abgabe der städtischen Wohngrundstücke soll grundsätzlich im Wege des Erbbaurechts erfolgen.

2. Beurteilung:

Auch dies ist eine sehr sinnvolle Maßnahme. Die FHH kann so u.a. den Nutzungszyklus der Grundstücke (incl. Zwischen- und Nachnutzungen) kontrollieren. Sie kann ihre sozialen, ökologischen und städtebaulichen Ziele – im Rahmen von Konzeptvergabeverfahren – unmittelbar umsetzen. Zusätzlich profitiert sie von stetigen und sehr sicheren Zahlungsströmen und vom Bodenwertzuwachs. Die Investoren erhalten einen kapitalfreien Zugang zum Boden, der in Hamburg bekannterweise teuer ist.  

Allerdings: Die FHH kann auch über ihre eigenen Unternehmen nicht die gesamte Stadt bauen. Sie ist auf die Mitwirkung privater Investoren angewiesen – diese kann man aber nicht zum Bauen zwingen.

Daher ist es von zentraler Bedeutung, dass die Erbbaurechte im Markt akzeptiert werden. Dies erfordert eine Ausgestaltung der Erbbaurechte, die weitgehend dem Volleigentum angenähert ist und bei denen die Nachteile, die Investoren aus den Erbbaurechten erwachsen, weitestgehend kompensiert werden.

In der Vergangenheit nahm die FHH im bundesweiten Vergleich der Städte und Stadtstaaten hier schon eine Vorreiterrolle ein. Allerdings kann noch weiter optimiert werden. Das betrifft nicht nur die Erbbaurechte selbst (Entschlackung, Vorrecht auf Erneuerung etc.), sondern auch die Förderlandschaft. Anders als bei Volleigentum können beispielsweise Sozialbindungen Investoren über die gesamte Vertragsdauer des Erbbaurechts auferlegt werden. Allerdings gilt es, die Investoren für diesbezügliche Auflagen neben den allgemeinen Nachteilen des Erbbaurechts gegenüber Volleigentum zu kompensieren (Beleihungswert, Eingriff in die Verfügungsrechte).

Insbesondere muss eine Quersubventionierung von gebundenen durch freie Wohnungen möglichst vermieden werden, geförderte Wohnungen müssen für sich selbst tragfähig sein. Falls nicht, sind die Investoren darauf angewiesen, die Preissetzungsspielräume bei den Mieten zum Zwecke der Quersubventionierung auszureizen. Dann aber drohen Konsequenzen für die Leistbarkeit von Wohnen und auch den Mietspiegel.

Mittlerweile gibt es schon interessante Fördermodelle bei Erbbaurechten – in diesem Kontext sei auf Stuttgart verwiesen. Eine weitere Optimierung der Förderlandschaft ist sicherlich auch im Sinne des von der FHH gefahrenen kooperativen Ansatzes.

Danke!”

Veranstaltungshinweis: Bodenreform und Staatsfinanzierung

Dirk Löhr

Für diejenigen, welche an der Veranstaltung am 1.11.2017 in Berlin “Henry George – ökonomischer Wegweiser durch das 21. Jahrhundert” nicht teilnehmen konnten, kann Abhilfe geschaffen werden:

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Am 18. und 19. November finden in der Silvio-Gesell-Tagesstätte in Wuppertal die 60. Mündener Gespräche mit dem Thema: “Bodenreform und Staatsfinanzierung” (zum Flyer, bitte klicken) statt. Hintergrund ist der 120. Todestag des Bodenreformers Henry George.

Henry George: Ökonomischer Wegweiser durch das 21. Jahrhundert

Besteuerung der Nutzung von Land und Natur, anstatt von Arbeit und Kapital (ohnehin gering besteuert)! Am Mittwoch, den 1.11.2017, findet anlässlich des 120. Todestags von Henry George eine Fachtagung von 14.00 bis 18.30 Uhr im ExRotaprint-Gelände in Berlin-Wedding statt.

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Der US-amerikanische Ökonom und Bodenreformer hat zu seinen Lebzeiten die Bodenwertsteuer in den USA und in vielen anderen Ländern populär gemacht. Zum Programm.

Die Teilnahme an der Tagung ist unentgeltlich. Anmeldungen sind noch bis Ende der Woche möglich (Kontakt: s. Programm).

Prof. Wilhelm Matzat verstorben

Dirk Löhr

Am 21. 10.2016 verstarb Prof. Dr. Wilhelm Matzat im Alter von 86 Jahren nach kurzer, schwerer Krankheit.  Matzat war von 1969 bis 1995 Professor für Geographie an der Universität Bonn, studierte Geographie, Geologie und Geschichte in Erlangen, Göttingen, Frankfurt/M. und Worcester/Massachusetts, USA.

Wilhelm Matzat (2.9.2014, in Bonn - eigenes Foto)
Wilhelm Matzat (2.9.2014, in Bonn – eigenes Foto)

Bekannt wurde er einer breiteren Fachöffentlichkeit v.a. durch die Forschungen über die Bodenordnung seiner Heimatstadt Qingdao (ehemalige Transkription: Tsingtau). Einiges davon ist auf seiner Homepage http://www.tsingtau.org/ noch nachzulesen.

 

In Qingdao errichtete das deutsche Kaiserreich von 1898 bis 1919 eine Kolonie, was aus heutiger Sicht als ein aggressiver und verbrecherischer Akt zu bewerten ist. Allerdings wird bis heute in China die deutsche Besatzung wegen der Hinterlassenschaften v.a. bezüglich Infrastruktur und Architektur wesentlich weniger negativ bewertet als die japanische Okkupation. Auch das Bier aus Qingdao, das auf die deutsche Besatzung zurückgeht und noch heute hergestellt wird, ist in ganz China berühmt.

Die Forschung Matzats drehte sich aber v.a. um die Land- und Steuerordnung von Qingdao. Diese studierte auch Sun Yat-sen (chinesisch: Sun Zhongshan, 孫中山) vor Ort, der sowohl im “kommunistischen” China wie auch in Taiwan als Gründer des modernen China verehrt wird. Sun Yat-sen war von dem Land- und Steuerregime in Qingdao so begeistert, dass er das Regime auf ganz China ausdehnen wollte. Der zuständige deutsche Administrator, Wilhelm Schrameier, wurde sein persönlicher Berater. Leider starben beide zu früh (Sun Yat-sen 1925 bzw. Schrameier 1926), um die Pläne in die Tat umzusetzen.

Einen guten Überblick über  die Geschehnisse bietet das von Nike Breyer /  TAZ in 2007 geführte Interview mit Wilhelm Matzat

“Das war der Boden für Tsingtaus Erfolg” (bitte klicken)

Mit Wilhelm Matzat verlässt der profundeste Kenner der historischen Geschehnisse um Qingdao die Bühne. Verloren geht ein Wissenschaftler, der nicht nur in Deutschland, sondern auch in China hohes Ansehen genoss. Und: Ein liebenswürdiger, hilfsbereiter und wacher Mensch, dem Arroganz gänzlich fremd war.

Es wäre schön, wenn man sich im Rahmen der augenblicklich in Vorbereitung befindlichen Grundsteuerreform an den von Wilhelm Matzat aufgearbeiteten Teil der deutschen Kolonialgeschichte erinnern könnte.

 

Siehe auch: The Qingdao Land Regime – Lessons Learned
(bitte klicken)

Artikel von W. Matzat und T. Warner, Zeitschrift für Sozialökonomie (120. Folge, 1999) (bitte klicken)

 

Großgrundbesitz in Schottland – Monopoly in den Highlands

Eckhard Behrens*

Der FAZ-Artikel “Monopoly in den Highlands” von Marcus Theurer (FAZ.net vom 25.8.2015) macht auf ungesunde Boden-Eigentumsverhältnisse in Schottland und einen falschen Reformansatz aufmerksam.

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Eckhard Behrens

Die Schilderung der bestehenden Eigentumsverhältnisse und der Art und Weise, wie die Großgrundbesitzer damit umgehen, zeigt Reformbedarf. Aber die geschilderten Reformbestrebungen, landwirtschaftliche Pachtverhältnisse durch Eigentum der Bodenbewirtschafter zu ersetzen, kann man nicht gutheißen.

Die Bodenrente (Landpacht) steht natürlich nicht den Großgrundbesitzern zu, aber auch nicht den Bewirtschaftern. Diese sind in Schottland in der ordnungspolitisch grundsätzlich wünschenswerten Position von Pächtern, die die Bodenrente erwirtschaften müssen, aber nicht behalten dürfen. Das nötigt die Pächter zu einem effizienten unternehmerischen Einsatz von Arbeit und Kapital; sie können Misswirtschaft nicht mit der Bodenrente subventionieren, was wir bei bäuerlichem Bodeneigentum leider oft beobachten müssen. Ob das Landpachtrecht in Schottland dafür sachgerecht ausgestaltet ist, lässt sich auf Grund Ihres Berichtes nicht beurteilen.

Die notwendige Reform bestünde in der entschädigungspflichtigen Enteignung der Großgrundbesitzer, meistbietenden Verpachtung an fähige Landwirte und Umverteilung der Bodenrente an alle Lebenden – zunächst in Schottland und in der Zukunft in der ganzen Welt. Die Erde gehört allen Menschen (John Stuart Mill); ein gleicher Anteil an der Bodenrente sollte als ein Menschenrecht anerkannt werden.

 

* Eckhard Behrens (* 1937, wohnhaft in Heidelberg), Jurist und Volkswirt, ist u.a. Mitglied im Vorstand des Seminars für freiheitliche Ordnung in Bad Boll; er war langjähriger Vorsitzender des Landesfachausschusses für Bildung und Wissenschaft in Baden-Württemberg und stellvertretender Vorsitzender des Bundesfachausschusses in der FDP.

 

Winston Churchill zum Bodenmonopol

Dirk Löhr

„Land monopoly is not the only monopoly, but it is by far the greatest of monopolies – it is a perpetual monopoly, and it is the mother of all other forms of monopolies”.

Winston Churchill (Quelle: Wikipedia)
Winston Churchill (Quelle: Wikipedia)

So im englischsprachigen Original der einschlägig bekannte Kommunist  Winston Churchill in einer Rede, die passend zum letzten Blogbeitrag “England: Der Wahnsinn am Londoner Wohnungsmarkt (Weltspiegel, ARD)” anbei in deutscher Übersetzung zum Download verfügbar ist:

Rede von Winston Churchill (bitte klicken)

Natürlich gab es – u.a. von der englischen Aristrokatie – den zu erwartenden Shitstorm gegen Churchill, der sich damals schon auf dem argumentativen Niveau des später ausgerufenen “Geh doch nach drüben!” bewegte.

Quelle und Übersetzung: Martin Pfannschmidt, Vergessener Faktor Boden, Lütjenburg 1990, S. 104-107.

 

Großbritannien: Klassenkampf in Schottland (ARD)

Dirk Löhr

Wenig beachtet, aber umso skandalöser sind die feudalistischen Zustände mitten in Europa – in Schottland. 432 Privatleuten, darunter vielen Engländern, gehört die Hälfte des Landes.

Scotland

Doch offensichtlich haben die Schotten die Nase von diesem Ausschluss vom eigenen Land langsam voll, wie der Weltspiegel-Bericht (ARD) vom 08.03. zeigt:

Großbritannien: Klassenkampf in Schottland (bitte klicken)

Scotland: Land Reform after the Referendum

Fred Harrison

… spent the last two Wednesdays in Glasgow, helping to organise a new coalition of interests around the concept of rent as public revenue.

Fred Harrison
Fred Harrison

They decided to call themselves the Scottish Land Revenue Group. If land and tax reform is to progress in the UK, it will probably begin in Scotland. Here’s why:

Land Reform after the Referendum (click)