Dirk Löhr
Genauso wie der Netzmonopolist Deutsche Bahn AG die eigenen Fahrdienste gegenüber Konkurrenten bevorzugt behandelt (wenngleich eine Vielzahl von Regulierungen dem Einhalt gebieten sollen), so macht dies auch Google mit seinen eigenen Diensten (z.B. Google Shopping). Auch im Internetbereich gleichen die Strukturen und Muster der Wettbewerbsbeschränkungen denen der “Old Economy” – es gibt insoweit nichts Neues unter der Sonne. Die Marktmacht von Google wird nun allerdings langsam als Problem erkannt. Die Öffentlichkeit wurde spätestens wach gerüttelt, als sich der Vorstandsvorsitzende des Springer-Verlags, Mathias Döpfner, in einem offenen Brief an den Google-Chef Eric Schmidt über ebendiese Macht beklagte. Nun will auch die EU handeln. Während der ehemalige Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia einen Google-freundlichen Kurs fuhr, weht offenbar mit der aktuell zuständigen Kommissarin Margrethe Vestager ein neuer Wind. Im Gespräch sind Maßnahmen, die von einer Strafe (die bis zu 10 % des Jahresumsatzes betragen kann) bis hin zu einer Zerschlagung von Google reichen können. Hingegen wurden noch weitergehende Maßnahmen wie z.B. eine neutrale europäische Suchmaschine als Monopolistin in öffentlicher Hand offenbar noch nicht ernsthaft in Erwägung gezogen.
Der Vergleich mit der Bahn hinkt ja nun etwas. Denn es geht ja um die Anzeige von Suchergebnissen, die aus dem Allmend-Fundus des Internet geschöpft werden, sowie den Verkauf von Privilegierten Anzeige-Plätzen im Vorfel des Suchergebnisses.
Dabei wurde durch die besonders gute Suche inzuwischen ein Allein-Stellungs-Monopol geschaffen. Dieses gelang durch einen verbesserten Algorithmus als die bisher üblichen. (hist. Anm.: zuvor haten die Gründer von Google ihren Algorithmus auch Yahoo angeboten, waren aber abgewiesen worden). Dieser ist die aktuelle Such- und damit Geschäftsgrundlage von Google. Und Google tut gut daran ihn geheim zu halten, könnte doch die Patentierung ggf. Anlaß geben dieses zu umgehen oder zu gänzlich neuen noch besseren Algorithmen Anlass geben.
Dieses Monopol g#lte es also zu deregulieren, wobei die Suchergebnisse nach wie vor kostenlos für die Nutzer angezeigt werden msollten.
Das Einfachste wäre nun wohl diesen Anzeigenplatz zu limitieren und meistbietend zu versteigern, wobei dem Erzeuger ein entsprechender Obolus oder besser Rabatt zugebilligt würde. Am elegantestens wäre wohl die Versteigerung des Prozentsatzes, der abzuführen ist, wobei von 99% nach unten fortgeschritten würde mit einer zeitlichen Limitierung um gelgentlichen Modifikationen zu ermöglichen.
Gleichzeitig würden andere Suchmaschinen dabei indirekt gefördert, da sie mit geringeren Gebühren aufwarten können.
Allerdings sollte berücksichtigt werden, daß jeder, der eine Website betreibt, Google für sich selbst auf seiner Website suchen lassen kann. Es wäre vermessen hierfür Regulierung zu verlangen, solange die Suche auf die eigene Website beschränkt bleibt.
Gleiches sollte gelten können, wenn die Suche keine kommerziellen Interessen verfolgt und sich auf wenige fachspezifische Web-Sites beschränkt, z.B. die Seiten einer Universität.
Um den Quellen-Abgriff zu gewährleisten müsste der Suchmaschinenbetreiber
1.) Einen Zusatz-Index/Merker auf seinen privilegierten Such-Ergebnissen führen
2.) Ein Logfile zur Kontrolle über alle angezeigten Werbungs-Anzeigen bzw. -Ergebnisse.
Zur weiteren Verschärfung könnte festgelegt werden, daß die Belegung der Positionen auf den genehmigten Werbeplätzen einem standardisierten Zufallsverfahren zu unterliegen hat. Nach den Gesetzen der Statistik hätte dann jeder die gleiche Wahrscheinlichkeit auf Platz-1 wie auf Platz-5
Die Ausgestaltung des Werbeplatzes könnte bei Bedarf weiter blockweise verfeinert werden..
Er erscheint wenig sinnvoll diesen Bereich des geistigen Wettbewerbs, wie ein Suchalgorithmus zu verstaatlichen.
Dringend erforderlich wäre es allerdings die dabei erbeuteten Allmend-Renten wenn nicht individuell pro Kopf der Weltbevölkerung, so doch ZWECK-Gebunden und der unseeligen Politik entrissen zur Verwendung festzuschreiben.
Ralf Hesse
Hallo Herr Hesse, ich meine, der Vergleich mit der Bahn passt sehr wohl. Ein Schienennetz ist ein natürliches Monopol im neoklassischen Sinne, weist also sinkende Grenzkosten auf. Die Suchmaschine lebt von den Netzeffekten, die letztlich als analoge Phänomene mit umgekehrtem Vorzeichen interpretiert werden können. Auch die Bundesnetzagentur fasst diesen Ansatz zumindest ins Auge, wenngleich sie sich unsicher ist, ob er dann auch schlussendlich passt (mir geht es da im Prinzip nicht anders, aber ich meine mittlerweile, es passt ganz gut). Zwar schöpft die Suchmaschine aus von der Gemeinschaft zusammengetragenen Daten, aber die Schienennetze schöpfen aus von der Gemeinschaft erzeugten Agglomerationen. Ich bin skeptisch, ob man natürliche Monopole regulieren kann (ich habe in meiner Zeit in der DB AG diesbezüglich fleißig mit getrickst). Genauso, wie hier eine Netzgesellschaft in öffentlicher Hand zweckmäßig ist, dürfte dort die Suchmaschine in öffentlicher Hand überlegenswert sein (wenn man die Analogie überträgt). Und genauso wenig, wie z.B. Grund und Boden in öffentlicher Hand automatisch Staatssozialismus sein muss, genauso wenig ist es selbstverständlich, dass die öffentliche Hand die Suchmaschine auch betreibt. Wichtig ist m.E., dass die öffentliche Hand gleichzeitig Herrscher (nicht Verwalter!) über den Algorithmus ist und auch die Daten nicht unkontrolliert gebraucht (besser: missbraucht) werden, wie das heute der Fall ist. Warum sollte dies nicht funktionieren? Neulich hatte unser Institut ein Programm für ein Ministerium entwickelt, wir haben sämtliche Rechte abgetreten, und wir verwalten die Sache nur. Und wenn wir es eines Tages schlecht machen, kommt halt ein anderer. Der Algorithmus liegt offen und ist dokumentiert, das ist das Recht des Ministeriums.
Warum soll das nicht auch bei Suchmaschinen funktionieren? Ich möchte im Übrigen auch noch einmal auf den Beitrag von Anton Weber hinweisen, wie viel Macht wir unnötig durch die gegenwärtige Architektur den USA in die Hände spielen – Macht, die auch missbraucht wird. China hat aus diesem Grunde seine Konsequenz gezogen. Dort gibt es kein Google mehr. Auf den Seiten der Suchmaschine sollten natürlich die besten Plätze an die kommerziellen Interessenten versteigert werden – unabhängig vom eigentlichen Such-Algorithmus.
Besten Gruß, D. Löhr
Hallo Herr Löhr,
gehen wir es doch nochmal genau durch! – Die Suchmaschine bewegt sich AUF Netzen die von der Allgemeinheit finanziert werden – zwar über Provider, aber am Anfang war es ja so. Sie greift dabei auf Datenbestände zu, die ebenfalls der Allgemeinheit gehören oder von dieser erzeugt wurden zur Nutzung FÜR ALLE. Die Ergebnisse stellt die Suchmaschine ALLEN zur Verfügung. JETZT nutzt sie die Zugriffe aller auf die zunächst kostenlos verfügbaren Suchergebnisse zur weiteren Analyse und Verfeinerung. D.h. die “privaten” Interessemsergebnisse. Hierbei tritt nun wiederum aufgrund der vielseitigen Möglichkeiten von Algorithmen ein interessanter Wettbewerbsmoment auf. Der Wettbewerb wird umso lebhafter, je leichter es möglich ist eine Suchmaschine aufzusetzen in Betrieb zu nehmen und auch zu betreiben. DAS soll jeder KÖNNEN dürfen! – Das sehe ich ganz analog wie z.B. die Idee von Hayeks mit unterschiedlichen GELD-Herausgebern….! Wie wollen Sie nun den Zugang regeln? – Wer soll wann welchen Algorithmus nutzen dürfen? Genau das ist imho eine Frage die wir nicht zentralistischer Planung überlassen dürfen und deshalb sollte hier die volle unternehmerische Freiheit herrschen.
Bei der Nutzung der angebotenen Daten durch die Nutzer, nutzt die Suchmaschine mittels ihrer Algorithmen ausserdem diverse Relationen, Zugriffe und Verhalten, die sie zum Teil auch bereits bei der Recherche festgestellt hat..
Wir sollten also nur dort regulieren, wo die Ergebnisse für den Hersteller bzw. Anbieter lukrativ wird und wo die Renten anfallen! Diese müssen abgeschöpft werden!
Aber ich lasse mich ja gerne belehren – wie wollen Sie die Herausgabe des Algorithmus erzwingen? – Wie die abstimmen, welcher Algrorithmus verwendet wird. Auch muss dieser Algorithmus ja ständig verbessert werden um gegen Manipulationen die ja ständig auflaufen gegenzusteuern? – Also wie war / ist genau IHR Konzept?
Ralf Hesse
Hallo Herr Hesse,
es ist wie bei einem Netz: Kabel und Infrastruktur kann grundsätzlich auch jeder legen. Dennoch setzt sich am Schluss nur einer durch, weil es sich um ein natürliches Monopol (Grenzkosten < Durchschnittskosten) handelt. Bei der Suchmaschine verhält es sich mit den Netzwerkeffekten spiegelbildlich. Außerdem muss die Suchmaschine finanziert werden. Google dürfte einer der größten Werbekonzerne der Welt sein. Hier prallen Interessen (neutrale Suche vs. Gewinnoptimierung) aufeinander. Wegen der kommerziellen Interessen hat die Problematik, was mit den Daten dann passiert, auch einen hohen Stellenwert. M.E. kann eine leistungsfähige Suchmaschine, die von kommerziellen Diensten getrennt ist, durchaus auch in öffentlicher Hand liegen. Allerdings nur die Verwaltung, der Betrieb müsste (im Rahmen eines Wettbewerbs um den Markt) nach den Maßgaben der öffentlichen Hand periodisch (am besten per Auktion) in private Hände gegeben werden. Die Bezahlung dieser Agenten sollte allerdings nur durch den Staat erfolgen, nicht durch Werbeanzeigen etc. Sollte man private Suchmaschinen neben der öffentlichen zulassen, so sollte deren jeweiliger Marktanteil auf jeden Fall begrenzt werden und deren "Renten" auch abgeschöpft werden, indem z.B. Marktanteils-Kontingente versteigert werden. In diese Richtung würde ich jedenfalls denken – ohne den Anspruch zu erheben, dass ich damit bereits den Stein der Weisen gefunden habe.
Beste Grüße, D. Löhr