Soli für Aufbau West?

Dirk Löhr

Länder und Kommunen bekommen vom Bund immer mehr Aufgaben zugewiesen, natürlich ohne die dafür notwendige Finanzausstattung. Zudem verrottet die Infrastruktur – auch und gerade in den westlichen Bundesländern.

Schlagloch
Marode Infrastruktur: Schlagloch

U.a. vor diesem Hintergrund stoßen angebliche Überlegungen von Bundesfinanz-minister Schäuble, den Solidaritäts-zuschlag abzuschaffen, bei den Minister-präsidenten der rot-grün regierten Bundesländer auf wenig Gegenliebe. Geht es nach ihnen, so soll der Solidaritätszuschlag in fünf Jahren nicht – wie ursprünglich geplant – ab 2019 ersatzlos wegfallen, sondern erhalten bleiben und in die Einkommen- und Körperschaftsteuer integriert werden (o.V./Sueddeutsche.de 2014). Er dann aber – anders als heute – nicht ausschließlich in die Himmelsrichtung Ost wandern, sondern grundsätzlich bedürftigen Regionen in allen Teilen der Bundesrepublik zugutekommen. So bekämen die Länder jährlich rund acht Milliarden Euro von dem Soli-Aufkommen, das insgesamt zwischen 15 und 17 Milliarden Euro im Jahr beträgt (TAZ 2014). Mit diesem Vorschlag gehen die Ministerpräsidenten der SPD und der Grünen am Donnerstag in die Sonderkonferenz aller Ministerpräsidenten in Potsdam.

Vor dem Hintergrund der Finanzmisere von Ländern und Kommunen klingt das zunächst gut und vernünftig. Das ABER: Der größte Teil so mittelbar erhöhten Einkommensteuer entfällt auf die Lohnsteuer – diese wird vor allem von kleineren und mittleren Einkommen aufgebracht. Und die damit finanzierte Infrastruktur erhöht die Bodenrenten und Bodenwerte, wovon wiederum Grundstückseigentümer, aber v.a. auch Unternehmen profitieren (Löhr 2013). Der „Solidaritätszuschlag“ stellt daher entgegen seinem Namen ein Umverteilungsprogramm von Arm nach Reich dar.

Sinnvoller und sozial gerechter als die Finanzierung der maroden Infrastruktur über einen “integrierten” Solidaritätszuschlag wäre eine Abschöpfung der ökonomischen Renten (die zugleich den Kern der Unternehmergewinne darstellt, Löhr 2013). Ginge man konsequent vor, könnte man auf diese Weise das gesamte Staatswesen finanzieren (Henry George-Theorem) – eine wesentlich effektivere, effizientere wie auch sozial gerechtere Staatsfinanzierung als heutzutage. Ein erster kleiner Schritt könnte mittels einer Umgestaltung der Grundsteuer (s. www.grundsteuerreform.net) und einer gleichzeitigen Absenkung – und nicht Erhöhung – der Lohn- und Einkommensteuer erreicht werden (“Tax Shift”; zu den weitreichenden Konsequenzen s. Löhr 2014)).

 

Literatur und mehr Information:

Löhr, D. (2013): Die bilanziellen Schatten der ökonomischen Renten, in: Zeitschrift für Sozialökonomie, 50. Jg., 176./177. Folge, S. 2-15. Online: http://www.sozialoekonomie-online.de/ZfSO-176-177.LOHR.pdf

Löhr, D. (2014): “Pay for what you get!” – Henry George als Ergänzung zu Silvio Gesell, in: Zeitschrift für Sozialökonomie, 51. Jg., 182./183. Folge, S. 2-15. Online: https://rentgrabbing.files.wordpress.com/2013/06/zfsc3b6-182-183-lc3b6hr.pdf

o.V. / Sueddeutsche.de (2014): Soli auch für den Westen, in: Sueddeutsche.de vom 24.11.  Online: http://www.sueddeutsche.de/politik/forderung-von-spd-und-gruenen-soli-auch-fuer-den-westen-1.2234859

o.V. / TAZ (2014): Aufbau Ost für den Westen, in TAZ vom 24.11. Online: http://www.taz.de/!150050/

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