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Déjà vu: Lima – wenig prima für das Klima

Dirk Löhr

Nichts Neues: Wieder ein Popanz von Klimakonferenz, der am Ende eine Maus gebiert. Damit die Sache nicht vollkommen scheitert, wurde die UN-Weltklimakonferenz in Lima um einen Tag verlängert; am Ende verständigten sich die 195 teilnehmenden Länder auf Eckpunkte für einen Welt-Klimavertrag, der 2015 in Paris verabschiedet werden soll. Dieses Resultat ist schwach und wurde bereits von Umweltschutzorganisationen heftig kritisiert (ARD 2014). Um das Ziel zu erreichen, die Erderwärmung auf höchstens zwei Grad zu begrenzen, müssten die CO2-Emissionen weltweit um 40 bis 70 Prozent bis 2050 begrenzt werden, und auf nahe Null bis Ende des Jahrhunderts (o.V. / ZeitOnline 2014b).

Wer emittiert derzeit am meisten, wer nutzt die Atmosphäre als Deponie? Die Chinesen, lautet die verbreitete Antwort, seien die größten Sünder, gefolgt von den USA. Solche Rankings sind nicht sonderlich intelligent, zumal sie Wirtschaftsleistung und Bevölkerungsgröße nicht in die Betrachtung einbeziehen. Liechtenstein käme dementsprechend besser weg als manch ein größeres afrikanisches Land. Wesentlich sinniger ist die CO2-Emission pro Kopf als Orientierungsmarke. Hier sind die USA mit 16 t pro Kopf die größten Sünder, und China folgt erst mit ziemlich weitem Abstand (7,2 t pro Kopf). Und hierbei wird Eines deutlich: Der Durchschnitts-Amerikaner nutzt die Atmosphäre wesentlich intensiver als Deponie als der Durchschnitts-Chinese (o.V. / ZeitOnline 2014a).

Am Ende wird man die Klimaproblematik dann und nur dann in den Griff bekommen, wenn man endlich jedem Menschen dieselben Rechte an der Atmosphäre zusteht: Das nennt sich „Klimagerechtigkeit“. Nur über Klimagerechtigkeit lässt sich die notwendige Begrenzung des CO2-Ausstosses erreichen. Machen einzelne Unternehmen – aus welchem Staat auch immer – mit der überdurchschnittlichen Nutzung der Atmosphäre als Deponie gute Gewinne („atmosphärische Renten“), so haben andere Menschen (vornehmlich in Schwellen- und Entwicklungsländern) auf die Nutzung der Atmosphäre verzichtet. Die überdurchschnittlichen Nutzer sollen darum bitte an diejenigen bezahlen, die Verzicht geübt haben. Dies bedeutet: Die Atmosphäre und die atmosphärische Rente müssen endlich als Gemeinschaftsgut verstanden werden. Ein guter Ansatz hierfür ist das Sky Trust-Konzept (Barnes / Pomerance 2000):

Pie in the Sky – The battle for atmospheric scarcity rent
(bitte klicken)

Erst dann, wenn die Finanztransfers von Reich nach Arm fließen, wird es diesen auch finanziell möglich, einen anderen Entwicklungspfad einzuschlagen, der nicht das westliche Industrialisierungsmodell einfach kopiert. Wie im Blog-Beitrag „Der ‚Grüne Klimafonds‘: Zu kurz gesprungen“ dargestellt, sind wir hiervon aber noch meilenweit entfernt.

Auch in Lima war die Finanzierung der Hauptstreitpunkt – wie in den meisten anderen Klimakonferenzen. Die Entwicklungs- und Schwellenländer möchten nicht zugunsten des industrialisierten Westens auf die eigene Entwicklung verzichten – so schwer dies auch für die hiesigen Mainstream-Medien zu verstehen ist. So will China erst von 2030 an mit einer Minderung seiner Emissionen beginnen (ARD 2014).

Auch Ansätze wie der im letzten Monat in Berlin verhandelte „Grüne Klimafonds“ ziehen die Karre nicht aus dem Dreck. Die immanente Logik ist nämlich auch hier, dass die zu verknappenden Rechte zur Nutzung der Atmosphäre zunächst demjenigen gegeben werden sollten, der diese schon okkupiert hat: Wer da schon hat, dem soll gegeben werden (die Umweltökonomen sprechen hier von “Grandfathering”). Und die Kompensation der Anderen findet dann als milde Gabe, also auf freiwilliger Basis statt (in „Geberkonferenzen“) – anstatt als Pflichtveranstaltung, die als Automatismus auf einem Menschenrecht fußt (nämlich dem gleichen Anteil an einem Gemeinschaftsgut, das kein Mensch geschaffen hat). Woher die zugesagten 100 Mrd. Dollar für den Grünen Klimafonds bis 2020 kommen sollen, ist somit weiterhin unklar (ARD 2014).

Wird diese Logik – die die bisherigen Klimaverhandlungen wie ein roter Faden mit ihren Konfliktlinien durchzog – weitergeführt, wird auch die Pariser Konferenz an die Wand fahren.

 

Mehr Information:

ARD (2014): Doch noch ein Minimalkonsens für das Klima, in: Tagesschau.de vom 14.12. Online: http://www.tagesschau.de/ausland/klima-121.html

Barnes, P. / Pomerance, R. (2000): Pie in the Sky – The Battle for Atmospheric Rent, Washington. Online: http://community-wealth.org/sites/clone.community-wealth.org/files/downloads/paper-barnes-pomerance.pdf

Loehr, D. (2014): Der “Grüne Klimafonds”: Zu kurz gesprungen, in diesem Blog (bitte klicken).

o.V. / ZeitOnline (2014a): Die größten Klimasünder, in: ZeitOnline vom 23.09. Online: http://www.zeit.de/wirtschaft/2014-09/klimawandel-klimaschutz-china-usa

o.V. / ZeitOnline (2014b): Klimagipfel in Lima erreicht nur Minimalkonsens, in: ZeitOnline vom 14.12. Online: http://www.zeit.de/wirtschaft/2014-12/lima-klima-konferenz-einigung