Hannover: Die Stunde der Spekulanten?

Dirk Löhr

Wie die Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 16.12.2014 (S. 11) berichtete, soll nun das letzte große Baugrundstück in der Calenberger Neustadt im Bezirk Mitte verkauft werden. 5,26 Millionen Euro wurden für das 5.700 Quadratmeter große Grundstück im Rahmen einer Auktion geboten, das sind 900 Euro pro Quadratmeter – und dies, obwohl das derzeit als Parkplatz genutzte Grundstück vor Umnutzung noch saniert werden muss. Das Bieterverfahren sei auf „großes bundesweites Interesse“ gestoßen, heißt es in einer Landesdrucksache. Mit zehn Investoren sei nachverhandelt worden, den Zuschlag erhielt der hannoversche Projektentwickler Helmut Dannenberg (62), der das Grundstück zusammen mit seinem gleichnamigen Sohn (36) erworben hat und bebauen will. Es ist bezeichnend, dass der Gutachterausschuss das Grundstück lediglich mit 2 Millionen Euro taxiert hatte. An diesem Beispiel wird deutlich, wie der Verkehrswert (als “Jedermannswert”) von dem subjektiven Wert einzelner Investoren abweichen kann.

Adolfstraße, Hannover (Google-Satellitenbild)
Grundstück in der Adolfstraße, Hannover (Google-Satellitenbild)

Die Stadt tat nämlich insoweit etwas Richtiges: Sie versteigerte das Grundstück und schöpfte damit einen erheblichen Teil der Bodenrenten ab. Prompt hagelte es Kritik, dass die öffentliche Hand zwar preiswerte Mieten fordert, zugleich aber ihre Grundstücke zu Höchstpreisen verkaufe und damit die späteren Wohnkosten zugunsten von Spekulanten nach oben treibe. Die Kritiker sind sich jedoch offenbar nicht darüber im Klaren, dass die Bodenrente – und damit auch der Bodenpreis – ein Residuum sind, das sich ergibt, wenn vom Projektwert die Kosten für das Bauwerk und dessen Unterhaltung abgezogen werden. Diese Bodenrente wird auf jeden Fall abgeschöpft: Wenn nicht vom Staat, dann von den kommerziell agierenden Investoren oder aber von den privaten Käufern, die sich im Falle einer Vermietung oder eines Wiederverkaufs freuen können (der Fall kann allenfalls dann ein wenig anders liegen, wenn ein solches Grundstück an eine Genossenschaft geht). Mit anderen Worten: Bodenrente und Bodenpreis sind Ausdruck des erzielbaren hohen Mietwertes, aber als Residuum nicht dessen Ursache. Wenn eine Stadt (in Hannover geschah dies auch wiederholt) dazu übergeht, Grundstücke nicht mehr nach Höchstgebot, sondern nach bestem Konzept (z.B. integratives und generationenübergreifendes Wohnen) zum Festpreis an Investoren zu vergeben, so ergibt dies nur Sinn, wenn ein entsprechender Schutzraum auch planerisch gezogen wird, der kommerziell agierende Investoren fernhält. Insoweit müsste der Bebauungsplan angepasst werden.

Im Übrigen: So sinnvoll die Versteigerung in der Adolfstraße auch war – wesentlich besser wäre es gewesen, man hätte das Grundstück per Erbbaurecht verpachtet (und dementsprechend eine “Pachtversteigerung” vorgenommen). Nunmehr ist das weitere Schicksal des Grundstücks nicht mehr in der Hand der Stadt, und von weiteren Erhöhungen der Bodenrente und des Bodenwertes profitieren vom Abverkauf an nur noch die privaten Investoren, nicht aber mehr die Gemeinschaft. Und das sind keine “Peanuts”: So sollen beispielsweise die ehemals von der Stadt Zürich abverkauften Grundstücke in der Bahnhofstraße mittlerweile angeblich einen Pachtwert aufweisen, aus dem allein der Haushalt der Stadt Zürich gedeckt werden könnte.

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