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Pestel-Studie: Fehlen mehr als 900.000 Sozialwohnungen?

Dirk Löhr

Derzeit geht eine Studie des Pestel-Instituts (“Bauen und Wohnen 2024 in Deutschland) viral, die von einem Verbändebündnis in Auftrag gegeben wurde, dem der Mieterbund, die Baugewerkschaft sowie andere Sozial- und Branchenverbände angehören. Demnach fehlen mehr als 900.000 Sozialwohnungen in Deutschland. Zentral für dieses Ergebnis ist Tabelle 5 der Studie. Hier wird aufgrund verschiedener Kriterien ein Bedarf ermittelt, der einem Sollbestand gegenübergestellt wird. Immobilienökonom Michael Voigtländer vom IW Köln kritisiert allerdings, dass es sich bei diesem Sollbestand (insgesamt 2 Mio. Sozialwohnungen) um eine politisch gesetzte Größe handele – und damit auch bei dem ermittelten Defizit an Sozialwohnungen. Tatsächlich muten die Ergebnisse wenigstens teilweise merkwürdig an: Hiernach gäbe es in Hamburg und Nordrhein-Westfalen kaum ein Defizit an Sozialwohnungen, wohl aber in Niedersachsen.

Ein anderes Ergebnis der Studie ist ebenfalls interessant und wohl schwerer zu erschüttern: Demnach führt die Subjektförderung (v.a. bei den Kosten der Unterkunft) v.a. in Gebieten mit hohen Wohnungsdefiziten, starker wirtschaftlicher Dynamik, hoher Eigentumsquote und geringem Marktanteil gemeinwohlorientierter Vermieter zu überhöhten Mieten . Die entsprechenden Spielräume hierfür werden durch die Knappheiten eröffnet. Dies macht die Subjektförderung hier entsprechend teuer. Daraus kann geschlossen werden, dass v.a. in angespannten Märkten auch Objektförderung nötig ist, um die Knappheiten zu beseitigen. Für die Subjektförderung wurden in 2023 ca. 20 Mrd. Euro aufgewendet, für die Objektförderung hingegen nur 2,5 Mrd. Euro. Das bemerkenswerte Ergebnis: Es kann nicht um ein Gegeneinander von Subjekt- und Objektförderung gehen; vielmehr muss die Objektförderung in angespannten Märkten überhaupt erst die Voraussetzung dafür schaffen, dass die Subjektförderung sinnvoll eingesetzt werden kann. Voigtländer kritisiert an der Objektförderung allerdings zurecht, dass sie aufgrund der hohen Anzahl von Fehlbelegungen derzeit wenig sozial treffgenau ist. Dies kann allerdings geändert werden, beispielsweise durch eine periodische Überprüfung der Wohnberechtigung. Hierfür fehlt jedoch derzeit offenbar der politische Wille.

Mietpreisexplosion: Förderung des Wohnungsbaus?

Dirk Löhr

Wohnen wird gerade in den Ballungsräumen immer mehr zu einem Luxusgut – nicht nur einkommensschwache Schichten können sich dieses Grundbedürfnis immer weniger leisten. Geht es nach dem Willen des Mieterbundes und der Immobilienbranche, soll der Staat den Wohnungsbau stärker fördern.

Mietpreise

Damit soll erreicht werden, dass die Mieten auch für Normalverdiener erschwinglich bleiben. Wie die Stuttgarter Zeitung vom 11.09. berichtet, wurden in einer Studie des Pestel-Instituts höhere steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten (3 bzw. 4 statt bisher 2 Prozent), öffentliche Finanzierungshilfen (um die Finanzierungskosten um ca. 1 Prozent zu senken) sowie um 25 Prozent verbilligtes Bauland aus öffentlicher Hand im Gespräch. Die Hoffnung: Auf diese Weise sollen die Mieten auf einem niedrigen Stand gehalten werden; gleichzeitig soll der Bau der Häuser einen Schub an Steuern und Sozialabgaben bringen.

Wir haben in diesem Blog wiederholt beschrieben, wer von diesen Subventionsmaßnahmen vor allem profitieren wird: Die Eigentümer von Grundstücken, an die die Förderungen „durchsickern“.  Hierbei verhält es sich nicht anders als bei anderen Subventionen, z.B. in Erneuerbare Energien. Die Subventionierung der Windenergie kommt v.a. beim Grundeigentümer an, die Subventionierung von Bioenergie schlägt sich in höheren Pachten und Grundstückspreisen nieder (vgl. den Blogbeitrag “Die toxische Wirkung von Subventionen“).

Anstatt zu subventionieren, sollte eine Belastung der Grundstücke in Höhe der erzielbaren Bodenrente erfolgen. Wer sein Grundstück dann nicht den planerischen Vorgaben entsprechend nutzt, zahlt drauf (s. hierzu auch die Initiative von Global Change Now: “Wohnraumsituation in den Großstädten“). Wird dieser Weg konsequent beschritten, kann man auch andere Steuern zurückführen bzw. ganz auf diese verzichten. Und man könnte sogar ein rentenbasiertes Grundeinkommen finanzieren, mit dem u.a. der Zugang zum Grundbedürfnis Wohnen gesichert werden kann.

Der Vorschlag des Pestel-Instituts kocht hingegen in phantasieloser Weise eine unbekömmliche Rezeptur erneut auf.