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Umstrukturierung bei E.ON: Geburt einer “Energy-Bad Bank”?

Dirk Löhr

Deutschlands größtes Energieversorgungsunternehmen E.ON wird radikal umstrukturiert. Der schwer angeschlagene und hoch verschuldete Energiegigant E.ON reagiert vor allem damit auf den Preissturz bei Großhandelspreisen für Strom seit Anfang 2013 (o.V. / n-tv 2014). Eine wichtige Ursache hierfür sind die Überkapazitäten an Kraftwerken und der Ausbau der erneuerbaren Energien („Merit Order-Effekt“).

Die Kernmarke von E.ON wird sich künftig auf die Sparten erneuerbare Energien, Energienetze und Kundenlösungen konzentrieren. Die konventionelle Energieerzeugung, der globale Energiehandel sowie Exploration und Produktion werden in eine neue, eigenständige Gesellschaft überführt. Diese soll 2016 mehrheitlich abgespalten und danach an die Börse gebracht werden. Zunächst will E.ON an der neuen Gesellschaft noch eine Minderheitsbeteiligung halten, die mittelfristig aber gewinnbringend veräußert werden soll (E.ON 2014).

Damit werden sowohl das Upstream-Geschäft (Exploration und Förderung fossiler Energien) sowie die Grundlasttechnologien (v.a. die sieben Atommeiler sowie die Kohlekraftwerke) ausgelagert. Mit diesen Feldern sind erhebliche und längerfristig wachsende wirtschaftliche und politische Risiken verbunden. Entgegen den Äußerungen des E.ON-Vorstandsvorsitzenden Teyssen dürften die 14,5 Milliarden Rückstellungen nämlich kaum ausreichen, um die Risiken des Rückbaus der Kernkraftwerke sowie der Endlagerung des Atommülls zu bewältigen. Und auch über den noch einigermaßen einträglichen – weil abgeschriebenen – älteren Kohlemeilern schwebt das Damoklesschwert einer stringenteren Klimapolitik: Würden die CO2-Verschmutzungsrechte so beschränkt, wie dies für das Erreichen des 2-Grad-Zieles notwendig wäre, würde dies wohl den meisten Kohlekraftwerken den Hals brechen. So dürfte die Umstrukturierung v.a. risikopolitisch motiviert sein: Man schafft so etwas wie eine “Energy-Bad Bank”, über die die größten Risiken ausgelagert werden. Das Kalkül der Eigentümer und zukünftigen Anleger dürfte freilich ein wenig anders aussehen als bei den Vorbildern aus der Finanzwelt: Solange die angesprochenen Risiken noch nicht schlagend werden, kassiert E.ON noch fleissig mit. Auf lange Sicht, so das Kalkül, sind die tradierten Geschäftsfelder aber nicht mehr zu halten. Die Übergabe der Anteile erfolgt daher zeitig und zu einem akzeptablen Preis an Zocker, die darauf wetten, dass es der Lobby des neuen Unternehmens gelingt, die Folgelasten der Kernkraft auf die Allgemeinheit abzuwälzen und erfolgreich die Maßnahmen gegen den Klimawandel bis auf Weiteres zu torpedieren. Ansonsten würde ein Investment in die neue Gesellschaft wenig Sinn ergeben. Die neue Gesellschaft wird also erhebliche Kapazitäten auf ein Lobbying zu Gunsten der fossilen Technologien verwenden müssen – nach der Abtrennung kann es dies aber tun, ohne die Marke E.ON reputationsmäßig zu beschmutzen. Das Spiel heißt somit „good guy, bad guy“.

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) begrüßte die Umstrukturierung ebenso wie die Aktienmärkte – man hat von beiden eigentlich nichts anderes erwartet (o.V. / ZeitOnline 2014). Ob E.ON allerdings als Vorbild für die anderen großen „Energieversorger“ dient, bleibt abzuwarten. RWE erklärte bereits, einen anderen Weg gehen zu wollen und den Konzern fortan „weiterhin entlang der gesamten Wertschöpfungskette auf(zu)stellen”.

Mehr Informationen:

E.ON (2014): Empowering customers. Shaping markets, Stellungnahme vom 01.12. Online: http://www.eon.com/content/dam/eon-com/Investoren/2014_11_30_EON_Investor_Relations_Charts.pdf

o.V. / n-tv (2014): Eine „neue Welt“ spaltet Energieriesen Eon, n-tv vom 01.12. Online: http://www.n-tv.de/wirtschaft/Eine-neue-Welt-spaltet-Energieriesen-Eon-article14069336.html

o.V. / ZeitOnline (2014): E.on will sich „radikal“ verändern, Zeit Online vom 01.12. Online: http://www.zeit.de/wirtschaft/unternehmen/2014-12/eon-energiekonzern-umbauplaene-energiewende