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Planung von Gewerbegebieten – nachfrageorientiert!

Dirk Löhr

Zuweilen werden Gewerbegebiete von Kommunen “angebotsorientiert” geplant. Man macht eben und schaut dann, wer Interesse haben könnte. Ein solches “angebotsorientiertes” Vorgehen ist m.E. aber nicht empfehlenswert.

Nachfolgend wird aus gegebenem Anlass (Beteiligung an einem Planungsprozess) ein geradezu entgegengesetztes Vorgehen zur Diskussion gestellt:

Der Planung vorangehen sollte zunächst eine strategische Analyse, wohin es mit der Kommune überhaupt gehen soll. Welche Arten von Gewerbe sind nötig? Soll auf Clusterung, also die Zusammenballung sich ergänzender Gewerbezweigen gesetzt werden? Oder soll die Betonung eher auf Resilienz und Diversifizierung gelegt werden, für den Fall, dass es mit bestimmten Gewerbezweigen irgendwann bergab geht? Apropos Resilienz: Welche Rolle soll Redundanz bei den Infrastrukturen spielen? Im Zuge der energetischen Transformation der Wirtschaft sind dies wichtige Fragen.

Die Kommune sollte nach Beantwortung dieser Fragen ein Leitbild entwickeln – dies kann auch negativ gefasst sein in dem Sinne, welche Wirtschaftszweige auf keinen Fall gewünscht sind. Auf Basis dieses Leitbildes könnten dann durch die Kommune oder ein begleitendes Planungsbüro einschlägige Wirtschaftsverbände angesprochen und nach – so weit unverbindlichen – Interessensbekundungen gefragt werden. Aufgrund der Rückkopplung kann das Leitbild angepasst und gegebenenfalls eine weitere iterative Schleife gedreht werden. Zeigen sich potenzielle Interessenten, kann auf der Basis von dann verbindlich einzuholenden Interessensbekundungen das Gewerbegebiet konkret geplant werden. Hierbei geht es u.a. um die Art der Energieversorgung, die Verkehrsanbindung, die Ausdehnung von Kreiseln und auch um die Möglichkeit der Planung von Wohnraum in unmittelbarer Nähe (ggfs. als Mitarbeiterwohnungen), um die Wege zwischen Wohnen und Arbeit möglichst kurz und das Wohnen für die Arbeitnehmer erschwinglich zu gestalten. Im Zuge eines solchen Vorgehens nähert man sich einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan an (§ 12 BauGB), wobei jedoch die Kommune die Kontrolle über die Entwicklung nicht aus der Hand gibt.

Die Erfahrungen und Meinung der Leserschaft hierzu würden mich interessieren!

Flüchtlingspolitik: Abschiebung in Gewerbegebiete und Außenbereiche

Dirk Löhr

Die Erkenntnis ist nicht neu: International brennt es. Auch auf Deutschland rollt eine Flüchtlingswelle zu, wobei Deutschlands Beitrag zur Bewältigung der Misere im internationalen Maßstab gesehen klein ist. Diese Welle kündigte sich schon seit mindestens drei Jahren an, und sie droht zum Tsunami auszuwachsen (allein in Syrien ist die Hälfte des Landes auf der Flucht).

Hungerstreik von Flüchtlingen in Berlin (2013)
Hungerstreik von Flüchtlingen in Berlin (2013)

Nun reagieren die Bundesländer: Im Rahmen einer Bundesratsinitiative soll das Baugesetz-buch und die Baunutzungs-verordnung so geändert werden, dass künftig Flüchtlingsunter-künfte auch in Gewerbegebieten und Außenbereichen gebaut werden dürfen (Deutscher Bundesrat, BR Drs. 419/14 vom 12.09.2014).

Erfahrungsgemäß werden aber viele Flüchtlinge nicht nur vorübergehend, sondern dauerhaft bleiben. Insbesondere bei hochqualifizierten und jungen Menschen aus Bürgerkriegsregionen kann dies für das alternde Deutschland mit seiner schrumpfenden Bevölkerung  je durchaus von Vorteil sein – wenn man die Menschen frühzeitig integriert und ihnen (auch über die Erteilung einer Arbeitserlaubnis) die Chance gibt, ihrem Gastland etwas zurück zu geben.

Die Ghettoisierung von Flüchtlingen in den Außenbereichen und in Gewerbegebieten trägt gerade nicht dazu bei.  In Deutschland stehen nun fast 800.000 Wohnungen leer – und zwar ziemlich verstreut. Es stellt sich die Frage, warum nicht zuerst dieses Potenzial ausgeschöpft wird. Durch eine gleichmäßigere Verteilung der Flüchtlinge könnten auch Ängste von einheimischer  Seite genommen werden, die bei der Einrichtung von Massenunterkünften ansonsten gerne aufkommen. Die Integration der Flüchtlinge wäre bei einer Unterbringung in den vorhandenen Leerständen wesentlich einfacher möglich. Und die Eigentümer leerstehender Wohnungen könnten sich wieder über einen Einnahmenstrom freuen, eventuell würde die Bleibe sogar aufgewertet. Klar, viele hätten Bedenken. Aber Eigentum verpflichtet – zumindest steht dies so im Grundgesetz geschrieben. Unabhängig davon benötigen Länder und Kommunen auch bei der Nutzung von Leerständen wesentlich mehr finanzielle Unterstützung vom Bund als bisher – und dies in einer nachhaltigeren Weise.

So bleibt zu hoffen, dass Deutschland mit seiner Flüchtlingspolitik noch umsteuert. Die Flüchtlingswellen der Zukunft werden vielleicht sogar zum Umdenken zwingen.

Übrigens: Wo bleibt die “vierte Gewalt” – wo bleiben die Medien bei diesem Thema?

 

Mehr Informationen:

Deutscher Bundestag (Drucksache 18/2752, vom 8.10.2014): Entwurf eines Gesetzes über Maßnahmen im Bauplanungsrecht zur Erleichterung der Unterbringung von Flüchtlingen (Gesetzentwurf des Bundesrates). Online: http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/18/027/1802752.pdf

Bundesrat (Drucksache 419/14, vom 12.09.2014): Entwurf eines Gesetzes über Maßnahmen im Bauplanungsrecht zur Erleichterung der Unterbringung von Flüchtlingen (Gesetzesantrag der freien und Hansestadt Hamburg). Online: http://www.innenministerkonferenz.de/SharedDocs/drucksachen/2014/0401-0500/419-14.pdf;jsessionid=1CCD41BFEB5336F16F23B41C955BE081.2_cid365?__blob=publicationFile&v=2

Deutsches Institut für Menschenrechte (BT-Drucksache 18/2752, Änderungsantrag 18(16)121, 03.11.2014): Anhörung zum Gesetzentwurf des Bundesrates Entwurf eines Gesetzes über Maßnahmen im Bauplanungsrecht zur Erleichterung der
Unterbringung von Flüchtlingen. Online: http://www.institut-fuer-menschenrechte.de/uploads/tx_commerce/Hendrik_Cremer_Stellungnahme_Anhoerung_Umweltausschuss_Bauplanungsrecht_BT_03.11.2014.pdf