Dirk Löhr
Die Bundesregierung hatte die Interessenverbände der Bauwirtschaft zu einem Gipfel eingeladen. Von den 400.000 Wohnungen, die pro Jahr gebaut werden sollten (darunter 100.000 Sozialwohnungen) ist man meilenweit entfernt. Vielleicht werden es im folgenden Jahr 170.000, vielleicht auch weniger. Die Bundesregierung verkündete im Rahmen des Baugipfels nun 14 Maßnahmen – teilweise waren diese schon bekannt, teilweise handelt es sich um Absichtserklärungen. So werden beispielsweise die staatlich geförderten Kredithöchstbeträge um 30.000 Euro angehoben. Die Grenze des zu versteuernden Einkommens, bis zu dem ein zinsgünstiges Darlehen beantragt werden kann, soll von 60.000 Euro auf 90.000 Euro angehoben werden. Der Energiestandard EH 40 als verbindlicher gesetzlicher Neubaustandard soll während der laufenden Legislaturperiode ausgesetzt werden. Hier musste wohl Wirtschaftsminister Habeck einen gehörigen Sprung über seinen eigenen Schatten machen. Aber immerhin. Und Bundesbauministerin Geywitz wendet sich gegen die EU-Pläne zur Gebäudesanierung. Damit wurde das Petitum im Bogbeitrag “Teilenteignung durch EU-Gebäuderichtlinie: Wenn der Wahnsinn zur Methode wird” erhört. Kompliment an die Bundesbauministerin an dieser Stelle. Weiter können Wohnungsbauten künftig mit dem erhöhten Satz von 6 % und degressiv abgeschrieben werden. Allesamt handelt es sich um Maßnahmen, die in die richtige Richtung weisen.
Allerdings drängt die Zeit: Trotz sinkender Immobilienpreise steigen v.a. in den Großstädten die Mieten – eine Wende bezüglich der Einwanderungspolitik ist zwar in der Diskussion, aber noch nicht beschlossen. Der stärkste Gegenwind besteht in Gestalt der Zinswende. Die Kapazitätsauslastung in der Bauwirtschaft beträgt gegenwärtig nur rd. 70%; müssen Unternehmen aufgeben, wandern die Fachkräfte in andere Bereiche ab. Bröckelnde Kapazitäten machen die wohnungsbaupolitischen Ziele aber in Zukunft noch schwerer erreichbar. Dennoch wäre es nicht richtig gewesen, die Zinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) mit einem “Sondervermögen” von 50 Mrd. Euro einfach wegzusubventionieren, wie die Branche forderte. Dies hätte nichts an den strukturellen Problemen (Energiewende, Bürokratie etc.) geändert, sondern statt dessen vermutlich zu einem Preisauftrieb im Bausektor geführt und die Politik der EZB konterkariert.
Bei aller Zustimmung zu den beschlossenen Maßnahmen kann man dennoch die Frage aufwerfen, ob “bauen, bauen, bauen” allein zureichend ist. Deutschland hat viel Wohnraumreserven – diese sind aber falsch alloziiert. Ein Thema für einen weiteren Beitrag.
Foto: Bundesbauministerin Geywitz – Bundesregierung